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Mehrere Youtuber, die sich vordergründig mit Finanzthemen befassen, knüpfen auf ihren Kanälen an Verschwörungstheorien an und schüren Ängste.

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Wie einige Finanz-Youtuber Verschwörungstheorien bedienen

Wie einige Finanz-Youtuber Verschwörungstheorien bedienen

Great Reset und Geldanlage: Mehrere Youtuber, die sich vordergründig mit Finanzthemen befassen, knüpfen auf ihren Kanälen an Verschwörungstheorien an und schüren Ängste. Dahinter steckt laut Experten ein Geschäftsmodell. Eine #Faktenfuchs-Recherche.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Es sind wirtschaftlich turbulente Zeiten. Die Lebenshaltungskosten steigen so stark wie lange nicht mehr, Lieferketten sind gestört, Energie droht knapp zu werden. Bei vielen Menschen ist die Unsicherheit groß, wie das Nötigste noch bezahlt werden soll - oder wie sie das Ersparte nun möglichst sicher anlegen können.

Diese Unsicherheit machen sich einige YouTuber zunutze, die sich auf den ersten Blick mit Anlagemöglichkeiten, dem Wirtschaftsgeschehen oder Börsenentwicklungen beschäftigen, beim genaueren Hinsehen aber nicht nur Investitions- und Finanztipps geben, sondern auch an gängige Verschwörungstheorien anknüpfen.

Diese #Faktenfuchs-Recherche zeigt: Mit diesen Inhalten sind einige YouTuber sehr erfolgreich, die Videos werden hunderttausendfach aufgerufen.

Bei einigen Kanälen handele es sich dabei um ein “eindeutiges Geschäftsmodell”, sagt Josef Holnburger im Gespräch mit dem #Faktenfuchs. Holnburger ist Geschäftsführer des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS), einer gemeinnützigen Organisation, die sich unter anderem mit der Analyse von Desinformation und der Aufklärung zu Verschwörungstheorien befasst. Er sagt: “Es werden Ängste und Befürchtungen von Menschen ausgenutzt, um selbst davon zu profitieren.”

Verschwörungserzählungen zum “Great Reset” und angeblicher Enteignung

Ein Beispiel ist der Kanal “Kettner Edelmetalle”. Wer auf Youtube nach Schlagworten zur Anlage in Gold oder Münzen sucht, landet schnell auf dem Kanal mit rund 260.000 Abonnenten (Stand: März 2023). Auch mehrere BR24-User haben sich mit Fragen zu den Inhalten dieses Kanals an den #Faktenfuchs gewandt.

Edelmetalle gelten gerade in Krisenzeiten als sichere Wertanlage. Auf den ersten Blick wirkt “Kettner Edelmetalle” wie ein Informations- bzw. Werbekanal des gleichnamigen Online-Handels: Tipps für den Goldkauf, Hinweise auf limitierte Münzauflagen, Werbung für eigene Angebote.

Ein Großteil der in den vergangenen Monaten veröffentlichten Videos dreht sich aber um andere Themen. Sie haben Überschriften wie “SIE lenken die deutsche Regierung” oder “WARNUNG AN ALLE: Die Enteignung kommt!”

Auf den Thumbnails zu sehen sind etwa ein bearbeitetes Bild von Olaf Scholz in diabolischer Pose vor rot-schwarzem Hintergrund, eine Fotomontage von Wirtschaftsminister Robert Habeck mit verschmitzten Lächeln, der brennende Geldscheine in der Hand hält - oder Klaus Schwab, Gründer des Weltwirtschaftsforums (WEF).

Schwab veröffentlichte 2020 gemeinsam mit Thierry Malleret das Buch “Covid-19: The Great Reset”, in dem sie skizzieren, wie Wirtschaft und Gesellschaft nach der Pandemie neu gestaltet werden könnten. Darauf aufbauend wird behauptet, eine politische und wirtschaftliche Elite rund um Klaus Schwab arbeite an einer totalitären Neuordnung der Gesellschaft. Es wird eine Verschwörungserzählung konstruiert, an die viele der Videos anknüpfen.

Videos zu “Great Reset” werden besonders gut geklickt

Ein entsprechendes Video von “Kettner-Edelmetalle” mit dem Titel “Du wirst 2030 nichts mehr besitzen! (The Great Reset)” ist mit knapp einer halben Million Aufrufe eines der meist geschauten Videos des Kanals.

Die Themen der anderen Top-Videos des Edelmetall-Kanals: Die angeblich drohende Enteignung von Immobilienbesitzern, der angeblich drohende Untergang des Euros sowie eine angeblich bereits festgelegte Abschaffung des Bargelds, angeblich drohende Blackouts wegen der Energiekrise und angebliche Vorbereitungen Deutschlands, aktiv in den Ukraine-Krieg einzusteigen.

Zum Teil sind die Videos durch reine Meinungsäußerungen geprägt, in vielen Formulierungen oder Andeutungen docken sie dabei direkt an gängige Verschwörungstheorien an. Stichhaltige Belege für die vermeintlich drohenden Szenarien liefern die Videos nicht.

Inhalte vieler Kanäle haben sich über die Jahre verändert

Dabei haben sich viele Kanäle, auf die der #Faktenfuchs im Zuge der Recherche gestoßen ist, erst über einen längeren Zeitraum hinweg zu Kanälen entwickelt, die regelmäßig in ihren Videos an verschwörungstheoretische Inhalte anknüpfen. “Kettner Edelmetalle” war vor ein paar Jahren ein Kanal, in dem es fast ausschließlich um Edelmetallanlagen und limitierte Münzeditionen ging. Ein thematischer Schwenk ist auf diesem Kanal vor allem ab Ende 2020 zu beobachten.

Das zeigt auch ein Vergleich der Videos von Ende 2018 und Anfang 2023. In diesen gut vier Jahren hat sich neben den Themen auch die Gestaltung der Thumbnails, also der Vorschaubilder auf YouTube, deutlich verändert.

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Die Gestaltung der Thumbnails und die gewählten Themen der Videos von "Kettner Edelmetalle" im Vergleich, Ende 2018 (l.) und Anfang 2023 (r.).

Vor den Videos läuft Werbung

Der Edelmetall-Kanal ist dabei bei weitem nicht der einzige dieser Art. Zahlreiche Kanäle mit sechsstelliger Abonnentenzahl, die sich mit Themen rund um Finanzen und Wirtschaft beschäftigen, vermischen dies mit Äußerungen und Andeutungen, die Verschwörungstheorien bedienen.

“Ich sehe in diesen Videos eine große Gefahr, da sich Menschen erst in solchen Weltbildern ideologisieren und dass sie dann aus solchen Bildern kaum mehr rauskommen. Das ist ein großes Problem für unsere Gesellschaft.” Josef Holnburger, CeMAS

Neben den sich ähnelnden, an Verschwörungstheorien angelehnten Inhalten ihrer Videos haben viele Kanäle noch etwas gemeinsam: Die Finanz-YouTuber monetarisieren ihre Videos, wie viele andere Youtuber auch. Das bedeutet: Vor oder auch während der Videos läuft Werbung. Je häufiger ein Video geklickt und je mehr Menschen die Werbung angezeigt wird, desto mehr Geld bekommt der Urheber des Videos. Auch Youtube selbst verdient an der geschalteten Werbung.

Gerade die Videos, die Verschwörungstheorien aufgreifen oder derartige Narrative bedienen, erreichen regelmäßig sechsstellige Abrufzahlen. Für Sondereditionen von Münzen interessieren sich meist nur wenige tausend User.

Wie viel Geld die Kanäle mit ihren monetarisierten Videos genau verdienen, ist unklar. Branchenplattformen zufolge kann ein YouTuber an einem Video mit 100.000 Aufrufen zwischen 100 und 500 Euro verdienen. Laut einer Befragung des “Business-Insider” von US-amerikanischen YouTubern bringt ein Video mit 100.000 Klicks einen Verdienst zwischen 500 und 2.500 US-Dollar ein.

Kooperationen mit Unternehmen

Neben der direkt über Youtube geschalteten Werbung haben YouTuber noch eine weitere mögliche Einnahmequelle: Affiliate-Links. Ein Affiliate-Link ist eine Weiterleitung zu einem Unternehmen. Kauft ein Kunde über diesen Link ein oder registriert er sich bei einem Anbieter, bekommt der YouTuber eine Provision dafür.

In der verschwörungsideologischen Szene ist dies mit Produkten etwa aus dem Esoterik-Bereich bereits länger üblich. Unter den Videos der YouTuber, die sich der #Faktenfuchs angeschaut hat, finden sich auch Links zu prominenten Unternehmen, meist aus dem Finanzbereich. Zu den namhaftesten gehört die Direktbank Consorsbank sowie das deutsche Bank-Startup N26. Hinzu kommen zahlreiche Neo-Broker wie Etoro oder das Münchner Unternehmen Scalable Capital, deren Kooperationen zum Teil nicht mehr andauern - dazu später mehr.

Bekannte Figuren der verschwörungsideologischen Szene als Gesprächspartner

Zum Erfolg verhelfen den Youtubern laut Holnburger auch die Gesprächspartner, die als “Pseudo-Experten” auftreten. “Sie geben den Videos einen vermeintlichen Anstrich von Seriosität, den sie nicht haben”.

Regelmäßige Gäste auf einigen Kanälen sind Personen wie der Ökonom Max Otte, der Autor Ernst Wolff oder Daniele Ganser. Der Verschwörungstheorie-Experte Michael Butter bezeichnete Ganser in seinem 2018 erschienenen Buch “Nichts ist wie es scheint. Über Verschwörungstheorien” als "bekanntesten Verschwörungstheoretiker des deutschsprachigen Raums".

Der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle sagte dem BR Ende Dezember 2022: "Herr Ganser nennt sich Publizist und Historiker, aber er ist ein Agitator, der im Dunstfeld der gängigen Verschwörungstheorien agiert, im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg eine einseitige Russland-blinde Form der Argumentation findet und sich in rechtslastigen bis rechtsextremen Kreisen bewegt".

Otte war Bundesvorsitzender des Vereins “Werteunion” und ist in den vergangenen Jahren durch verschwörungsideologische Thesen in den sozialen Netzwerken aufgefallen. Michael Blume, Antisemitismusbeuftragter von Baden-Württemberg, schrieb 2021 in einem Gastbeitrag auf “Zeit Online”, Otte behaupte “die Existenz weltweiter Verschwörungen” etwa im Hinblick auf die Corona-Pandemie und einer angeblich geplanten Abschaffung des Bargelds.

Antisemitische Codes und Verschwörungsmythen

Wolff veröffentlicht Bücher und publiziert auf sogenannten Alternativmedien bereits seit Jahren immer wieder Verschwörungserzählungen zu ökonomischen und finanzpolitischen Themen. In einem Video von “Kettner Edelmetalle” spricht Wolff von “alten Bankiersfamilien”, die ihren Reichtum vor der Öffentlichkeit versteckten und im Hintergrund die Fäden zögen.

“Solche Begriffe, wie auch ‘Globalisten’ oder ‘Hochfinanz’, lassen sich als strukturell antisemitisch oder antisemitische Chiffren identifizieren”, sagt Verschwörungsideologie-Experte Holnburger. Da man auch in der Szene nicht mehr offen von ‘jüdischer Weltverschwörung’ spreche, würden solche Codes oder Chiffren verwendet, gemeint sei aber dasselbe. Am Ende würden antisemitische Verschwörungserzählungen bedient.

“Wir sehen, dass der Antisemitismus zunimmt. Hintergrund ist auch die größere Verbreitung solcher Verschwörungserzählungen.” Er verweist auf die Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, laut der rund 20 Prozent der Deutschen offen für Verschwörungserzählungen sind.

Dass die Behauptungen und Verschwörungstheorien nicht konkret erzählt werden, sondern lediglich stichwortartig erwähnt, umschrieben oder angedeutet werden, sei typisch, sagt der Amerikanist und Verschwörungstheorie-Forscher Michael Butter von der Universität Tübingen im Gespräch mit dem #Faktenfuchs.

“Es geht darum, die Leute, bei denen so etwas Anschluss findet, anzulocken. Jeder denkt sich dann halt das da rein, was er oder sie möchte.” Es handele sich um eine “strategische Offenheit in der Kommunikation”.

Holnburger bezeichnet das als “dog whistle”, also als Hundepfeife. Gemeint sind Begriffe, die nur bestimmte Menschen als Code für etwas verstehen und dementsprechend einordnen. Man wolle damit Verbundenheit schaffen und die Menschen in eine bestimmte Richtung lotsen. “Bei jemandem, der nicht aus dem Milieu kommt, geht so etwas hingegen unter."

Finanz-YouTuberin macht Andeutungen zu #plötzlichundunerwartet

Strategische Offenheit, verschwörungstheoretische Andeutungen, Pseudo-Experten. Diese Bausteine finden sich auch in den Videos der YouTuberin Krissy Rieger, die rund 140.000 Abonnenten hat (Stand März 2023). Laut der Kanalbeschreibung geht es um “Themenbereiche rund um den Wirtschafts- und Finanzbereich.”

Tatsächlich knüpft auch Rieger in ihren Videos an zahlreiche gängige Verschwörungstheorien an, allen voran die zum “Great Reset”. Auch Rieger hat sich dazu bereits mindestens ein Tutzend Mal Ernst Wolff als Gesprächspartner eingeladen. In ihren 20 meist geschauten Videos ist Wolff siebenmal alleiniger Interviewgast (Stand März 2023).

Riegers populärste Videos drehen sich jedoch um ein anderes Thema. Zu ihren meistgeklickten Videos gehören mehrere, in denen sie plötzliche Tode von Prominenten und Profisportlern während der Corona-Pandemie thematisiert. Diese sechs Videos wurden insgesamt rund 1,5 Millionen Mal angeschaut (Stand: März 2023).

In den Videos bedient Rieger Behauptungen, die schon seit längerem unter dem Hashtag #plötzlichundunerwartet in den Sozialen Medien und auf Telegram geteilt werden: dass die Betroffenen letztlich wegen der Covid-19-Impfung gestorben seien.

Rieger selbst spricht dies in ihren Youtube-Videos nicht direkt aus, erwähnt aber mehrfach die Schlagworte “plötzlich und unerwartet” und verweist für Quellen und weitere Informationen auf ihren Telegram-Kanal. Dort teilt sie auch Inhalte von Seiten wie “Wochenblick.at” und “Report24”.

Die Organisation NewsGuard, die die Glaubwürdigkeit von Internetseiten untersucht, bewertet Wochenblick.at als “rechtspopulistische bis rechtsextreme” Wochenzeitung, die “falsche und irreführende Informationen veröffentlicht hat (...), auch zum Thema Covid-19.” Report24 habe “wiederholt falsche Behauptungen veröffentlicht, insbesondere im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie”.

Für die Behauptungen hinter #plötzlichundunerwartet gibt es keine Belege. Welche Strategie Impfgegner mit dieser Kampagne verfolgen, können Sie in diesem #Faktenfuchs nachlesen.

Dass es auch keine Belege für einen angeblichen Zusammenhang zur Impfung bei verstorbenen Sportlern gibt, zeigt dieser Faktencheck von “factcheck.org”, in dem Daten analysiert werden und Sportmediziner zu Wort kommen.

Auch vor diesen Videos von Rieger läuft Werbung.

Münchner Unternehmen Scalable Capital führt Zusammenarbeit nicht fort

Auch "Aktien mit Kopf" gehört zu den reichweitenstärkeren Kanälen, die sich mit Finanzthemen befassen. Ihm folgen auf YouTube rund 340.000 User (Stand März 2023). Der Kanal greift seit einigen Monaten Themen wie den “Great Reset” oder die “15-Minuten-Städte” auf.

Zu den beliebtesten Videos des Kanals zählen auf der einen Seite Titel wie “Aktien kaufen für Anfänger” oder “Aktienhandel lernen”. Inhalte, die zur eigentlichen Aufmachung des Kanals passen.

Auf der anderen Seite: Drei der reichweitenstärksten Videos stammen von Anfang 2023, sie heißen “KLAUS SCHWAB & das WEF - Der KULT der Populationskontrolle” (260.000 Aufrufe), “KLAUS SCHWAB und die DAVOS ELITEN! Lasst euch nicht blenden!” (300.000 Aufrufe) und “Die ZERSTÖRUNG von KLAUS SCHWAB und dem GREAT RESET DOGMA” (520.000-mal angeschaut, Stand März 2023).

Das Münchner Unternehmen Scalable Capital warb bis vor kurzem mit einem Statement des Kanalbetreibers von “Aktien mit Kopf” auf seiner Internetseite. Scalable Capital hat bereits vor der Anfrage des #Faktenfuchs die Kooperation mit dem Kanalbetreiber nicht verlängert, schreibt das Unternehmen auf Anfrage. “Zum Startzeitpunkt der Kooperation drehte sich der Kanal um Anlage- und Finanzthemen. Da zuletzt vermehrt Äußerungen und Inhalte auf dem YouTube-Kanal veröffentlicht wurden, die nicht mit den Werten von Scalable Capital im Einklang stehen, ist eine Zusammenarbeit von unserer Seite nicht weitergeführt worden."

Consorsbank zieht Konsequenzen und prüft Affiliate-Programm

Der #Faktenfuchs hat auch andere Unternehmen, deren Links sich in den Videobeschreibungen der Finanz-YouTuber befanden, gefragt, warum sie mit diesen Kanälen kooperieren.

Eine Sprecherin des Bank-Startups N26 schreibt in ihrer Antwort, man prüfe die Bewerber für das Affiliate-Programm genau, Diskriminierung in jeglicher Form und Desinformation lehne man “grundsätzlich ab”.

Die Consorsbank antwortet, es habe keine “dezidierte Kooperation” mit den YouTube-Kanälen, die Links des Unternehmens verwendeten, gegeben. Die Bank betreibe ein Affiliate-Programm über eine Agentur “ohne dass ein persönlicher Kontakt entsteht”.

Das Unternehmen, schreibt der Sprecher dem #Faktenfuchs, habe die betroffenen YouTuber aus dem Affiliate-Programm ausschließen lassen. “Die Links werden damit unwirksam. Zudem weisen wir die YouTuber nachdrücklich darauf hin, dass sie die deaktivierten Links entfernen.” Darüber hinaus wolle man die Qualitätskriterien in Zusammenarbeit mit der Agentur “erneut prüfen und anpassen, um künftig solchen Situationen vorzubeugen."

Ähnlich antwortet ein Sprecher des Neo-Brokers Etoro auf die #Faktenfuchs-Anfrage. Was Werbepartner betrifft, gebe es “strenge Richtlinien”, und man beobachte die Inhalte aktiv, “aber es ist manchmal schwierig für uns, alle Inhalte in Echtzeit zu überwachen”. Im Hinblick auf die betreffenden Finanz-YouTuber schreibt das Unternehmen: “Sollten wir feststellen, dass sie gegen unsere Richtlinien verstoßen haben, werden wir entsprechende Maßnahmen ergreifen”.

  • Zum Artikel: Finanzhilfe für Frauen: Wie seriös sind Finfluencerinnen?

Google äußert sich nur allgemein

Verschwörungsmythen und Panikmache; Gesprächspartner, die antisemitische Codes verwenden: Alles Bestandteile eines Geschäftsmodells, mit dem einige Kanalbetreiber regelmäßig fünf- bis sechsstellige Aufrufzahlen erzielen.

In den “Richtlinien für werbefreundliche Inhalte” des YouTuber-Mutterkonzerns Google ist festgelegt, welche Videos auf YouTube monetarisiert werden dürfen - und welche nicht. Google definiert “hasserfüllte oder abwertende Inhalte”, “kontroverse Themen” oder “aufhetzende und erniedrigende Inhalte” als “nicht werbefreundlich”.

Der #Faktenfuchs hat beim YouTube-Mutterkonzern Google nachgefragt, inwiefern die Videos der Finanz-YouTuber den Richtlinien entsprechen.

Google äußert sich auf die konkrete Anfrage nur allgemein: "Wir haben umfangreiche Maßnahmen entwickelt, um gegen Fehlinformationen auf unserer Plattform vorzugehen, darunter Richtlinien zu Wahlen, COVID-19 und zum Klimawandel, und arbeiten daran, unsere Richtlinien in über 50 Sprachen durchzusetzen. 2021 haben wir Anzeigen von mehr als 1,7 Milliarden Publisher-Seiten und 63.000 Websites weltweit entfernt. Wir wissen, dass unsere Arbeit noch nicht getan ist, und wir werden weiter in unsere Durchsetzungssysteme investieren, um unzuverlässige Behauptungen besser zu erkennen und Nutzer:innen auf der ganzen Welt zu schützen."

Youtuber nehmen in Videos Stellung

Der #Faktenfuchs hat alle Betreiber der in diesem Artikel namentlich erwähnten Kanäle kontaktiert und gefragt, warum sie derartige Videos verbreiten, wen sie damit erreichen möchten und sie um eine Stellungnahme gebeten.

Statt die E-mail-Anfrage schriftlich zu beantworten, haben die Kanalbetreiber von “Kettner Edelmetalle”, “Aktien mit Kopf” und “Krissy Rieger” die Anfrage auf ihren Kanälen veröffentlicht und sich dort dazu geäußert.

Darin wehren sich die Youtuber gegen eine “Vorverurteilung” und kritisieren die Anfrage des #Faktenfuchs scharf. Der Betreiber von “Kettner Edelmetalle” sagt, “in der heutigen Zeit” könne “fast alles als verschwörungstheoretischer oder verschwörungsideologischer Inhalt” bezeichnet werden und sieht einen “Angriff gegen unsere Meinungsäußerung” sowie auf sein Geschäftsmodell.

Der Kanalbetreiber von “Aktien mit Kopf” sagt, er verbreite keine Verschwörungstheorien, mache seine Videos, weil er “ein freiheitsliebender Mensch” sei, der von “freier Meinungsäußerung begeistert ist” und neben Börsenthemen “andere freiheitliche Themen unter die Leute bringen” wolle. Mit seinen Videos spreche er Menschen an, die sich “auf Eigeninitiative für solche freiheitlichen Themen interessieren” und den Eindruck hätten, sie dürften ihre Ansichten nicht mehr frei äußern.

Krissy Rieger zeigt sich in ihrem Video verärgert über die Anfrage und verweist inhaltlich auf ihre Videos, man solle “gründlich nachrecherchieren”.

Verunsicherte werden “emotional angesprochen”

Viele der Zuschauer fühlten sich mit ihrer Unsicherheit in Krisenzeiten bei derartigen YouTubern gut aufgehoben, sagt Dominik Enste, Leiter des Kompetenzfelds Verhaltensökonomik am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. “Wenn Menschen, die auf den ersten Blick glaubwürdig rüberkommen, dann auch noch diese Themen in der vermeintlichen Logik mit einfachen Strukturen und sehr einfachen Erklärungen verbinden, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man lieber diesen Menschen glaubt als tatsächlichen Experten.”

Eine Studie habe gezeigt, dass Schauspielern, die bestimmte Texte vortragen, mehr Glauben geschenkt wird, als einem ausdrücklich als solchem benannten Bank- und Finanzexperten, der sich jedoch nicht so gut schauspielerisch darstellen konnte.

“Das zeigt, dass die Menschen gerade in solchen Situationen der Verunsicherung teilweise stärker auf ihr Bauchgefühl hören. Gerade wenn sie sich nicht gut auskennen und sich dann eher emotional angesprochen fühlen.”

Insofern sei es, so Enste, durchaus Teil eines Geschäftsmodells, “genau die Menschen zu adressieren, die sich dem Schicksal ausgeliefert fühlen und die dann natürlich auch sehr empfänglich sind, dass ihnen von außen entsprechende Lösungen angeboten werden”.

Verschwörungstheorie-Experte Butter sieht das ähnlich. “Viele Leute haben sich schon vor ein paar Jahren Sorgen darüber gemacht, dass sich die Dinge wirtschaftlich verändern und sie dann auf der Verliererseite stehen.” Gerade die hohe Inflation schaffe beste Voraussetzungen, um Unsicherheiten auszunutzen. Das gelte gerade für Menschen, die denken, ihr Leben sei vor allem von Zufällen und dem Schicksal abhängig. “Und an diese Zielgruppe richten sich dann diese Angebote”.

Josef Holnburger sagt: “Dieses Geschäftsmodell gibt vor, den Anspruch zu erfüllen, die Kontrolle wieder zurückzuerlangen.”

Fazit

Auf mehreren YouTube-Kanälen, die sich vordergründig mit Finanz- und Wirtschaftsthemen auseinandersetzen, wird seit einiger Zeit auch an gängige Verschwörungstheorien angeknüpft. Dass diese Formate sehr anschlussfähig sind, zeigen die Aufruf- und Abonnentenzahlen der Videos und Kanäle. Im deutschsprachigen Raum gibt es zahlreiche solcher Kanäle mit Hunderttausenden Followern.

Vor den Videos, die an gängigen Verschwörungstheorien ansetzen, wird Werbung geschaltet, außerdem kooperieren die YouTuber mit Unternehmen. Experten sehen im Verbreiten dieser Videos ein Geschäftsmodell. Vor allem bei verunsicherten und schicksalsgläubigen Menschen könnten diese Videos verfangen.

Hinweis, 11.04.2023: In der ursprünglichen Version dieses Artikels hieß es fälschlicherweise, das Buch "Nichts ist wie es scheint. Über Verschwörungstheorien" von Michael Butter sei 2015 erschienen. Korrekt ist, dass das Buch 2018 erschienen ist. Wir haben die entsprechende Stelle korrigiert.

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