Annalena Baerbock, Christian Lindner und Robert Habeck (von rechts) beim Pressestatement nach Sondierungsgesprächen zwischen Grünen und FDP
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Annalena Baerbock, Christian Lindner und Robert Habeck (von rechts) beim Pressestatement nach Sondierungsgesprächen zwischen Grünen und FDP

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Treffen zwischen Grünen und FDP: Viele Fragen, keine Antworten

Gute Atmosphäre, Harmonie, ein Erneuerungsversprechen, aber keine inhaltlichen Details. Grüne und FDP haben in Berlin ihre Gespräche fortgesetzt. Was deutlich zu spüren ist: der gemeinsame Wunsch, es besser zu machen als 2017.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

"Wir bitten um Geduld, können nicht den zweiten Schritt vorm ersten machen und wünschen ein schönes Wochenende." Mit diesen Worten beendet Grünen-Chef Robert Habeck die nicht einmal fünfminütige Fragerunde der Journalisten. Er, seine Co-Parteivorsitzende Annalena Baerbock und FDP-Chef Christian Lindner haben sich am frühen Nachmittag der Hauptstadtpresse gestellt.

SPD oder Union: Wohin tendieren Baerbock, Habeck und Lindner?

Viel Neues haben die zahlreichen Berichterstatter nicht erfahren. Die drei Parteichefs zeigen sich sehr diszipliniert. Alle Fragen, worüber in den Teams gesprochen werde, welche inhaltlichen Knackpunkte es gebe, zu welchem Regierungspartner, SPD und Union, sie tendieren – zu all diesen Fragen gab es keine Antworten.

Keine Wasserstandsmeldungen, keine Details

Stattdessen betonten alle drei Parteichefs die Vertraulichkeit der Gespräche. Im Gegensatz zu 2017 wolle man keine Wasserstandmeldungen verkünden. Keine inhaltlichen Details sollen nach außen durchgestochen werden. Genau dies führte nach der Bundestagswahl 2017 in den Jamaika-Verhandlungen zu öffentlichen Debatten und vergiftete das Klima zwischen den Verhandlungspartnern. Diese Fehler sollen sich dieses Mal nicht wiederholen.

Gute Atmosphäre und gemeinsamer Wille

Baerbock, Habeck und Lindner betonten die gute Atmosphäre und den gemeinsamen Willen, ein neues Bündnis auf die Beine zu stellen. Bei den großen Zukunftsaufgaben für dieses Land, wo es über Jahre Stillstand gegeben habe, gelte es jetzt, gemeinsam einen Aufbruch zu schaffen, sagte Grünen-Chefin Baerbock. "Dafür sind vertrauensvolle Gespräche notwendig."

Grüne und FDP wollen Aufbruch organisieren

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner ergänzte: "Wir treten jetzt gemeinsam in eine offene Situation, in der vieles in unserem Land neu begründet und neu gegründet werden kann." Lindner spricht in diesem Zusammenhang von neuen Quellen für unseren Wohlstand, technologischem Fortschritt, sozialer Sensibilität und Sicherheit. Man fühle sich gemeinsam beauftragt, in Deutschland einen neuen Aufbruch zu organisieren. Und man fühle sich in einer großen, gemeinsamen Verantwortung, so Lindner.

Die Dynamik der nächsten Tage wird entscheiden

Grünen-Chef Robert Habeck bezeichnete es als "enorm", was in den vergangenen Tagen schon aufgebaut wurde. Es gebe bereits eine Gesprächskultur, die eine sachorientierte Diskussion möglich mache. "Wir werden sehen, welche Dynamik die nächsten Tage, vielleicht Wochen entfalten", sagte Habeck mit Blick auf die Entscheidung, welches Bündnis man favorisiere und mit wem man in Sondierungen gehe.

Was trotz der knappen Antworten von Baerbock, Habeck und Lindner deutlich wurde: Grüne und FDP wollen zusammenkommen. Bei allem Trennenden versuche man jetzt Brücken zu bauen, vor allem in den wichtigen Themenfeldern Klimaschutz und Finanzen, so Lindner, bei denen es große Unterschiede in den Programmen der beiden Parteien gibt.

Unter den Teilnehmern waren Grüne aus Bayern

An dem heutigen Treffen nahmen jeweils zehn Spitzenpolitiker der Grünen und der FDP teil. Darunter auch zwei aus Bayern, der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anton Hofreiter, und die Bundestagsvizepräsidentin und Grünen-Politikerin Claudia Roth.

Kampf um Grüne und FDP geht weiter

Aus München warb die CSU am Vormittag erneut für eine Jamaika-Koalition. "Wir sind bereit zu Jamaika. Wir sind bereit zu schnellen Gesprächen", sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume. Der Fokus müsse darauf liegen, dass man sehr schnell zu Ergebnissen kommen könne. Die Grundlage für Sondierungsgespräche müsse das gemeinsame Programm von CDU und CSU sein. Die CSU sei zu Kompromissen bereit, so Blume. Er sagte aber auch: Was nicht passieren darf, "wäre eine Grundverschiebung von Koordinatensystemen". Die Union will sich in einer neuen Regierung wohl deutlich mit ihren inhaltlichen Schwerpunkten wiederfinden.

Irritationen über Terminabstimmung

Am Freitag kam es zwischen Union und FDP zu Irritationen. Der Grund war die Terminabstimmung für das Treffen zwischen CDU, CSU und FDP. Die CSU hatte einen Terminvorschlag der FDP für Samstag abgelehnt und dies mit einer Feier für den früheren Ministerpräsidenten Edmund Stoiber zu dessen 80. Geburtstag und mehreren CSU-Gremiensitzungen in den Bezirksverbänden begründet. Mehrere FDP-Politiker witzelten darüber, dass die Christsozialen eine Geburtstagsfeier und CSU-Meetings einer Regierungsbildung offenbar vorziehen würden.

Spannungen zwischen CDU und CSU

Darüber hinaus soll es zwischen CDU und CSU zu neuen Spannungen gekommen sein. In der CSU herrsche laut Medienberichten Kopfschütteln über schwierige Absprachen mit der CDU und über das "riesige" zehnköpfige Verhandlungsteam. Denn rechnet man zu den zehn Vertretern der CDU noch die fünf der CSU dazu, kommt die Union insgesamt auf 15 Personen, mit denen sie in die Gespräche mit FDP und Grüne geht. Psychologisch keine gute Idee, in "Mannschaftsstärke" den kleineren Teams von Grünen und FDP gegenüberzutreten. Und je größer das Team, desto schwieriger ist die Vertraulichkeit der Gespräche zu wahren.

Umfrage: Laschet soll Amt niederlegen

Die Union geht mehrfach geschwächt in die ersten Gespräche mit der FDP am Sonntagabend und mit den Grünen am Dienstag. Neben der parteiinternen Kritik an CDU-Chef Armin Laschet, muss sich die Union erneut schlechten Umfragewerten stellen. 66 Prozent der Befragten im "DeutschlandTrend" für das ARD-Morgenmagazin meinen, Laschet solle nach dem Debakel bei der Bundestagswahl sein Amt niederlegen. Sogar 60 Prozent der eigenen Parteianhänger vertreten diese Meinung. Nur 26 Prozent sagen, Laschet solle sein Amt als CDU-Parteivorsitzender weiterführen.

Mehrheit will Ampel-Koalition

Die Mehrheit der Bevölkerung ist nach der Umfrage für eine Ampel-Koalition. Fast 60 Prozent sprechen sich für ein Bündnis von SPD, Grünen und FDP aus. Die Sozialdemokraten kommen am Sonntagnachmittag mit der FDP und am Sonntagabend mit den Grünen zu Gesprächen zusammen, um eine Ampel-Koalition auszuloten.

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