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Umstrittene bayerische Wolfsverordnung nun Fall für die Justiz

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Geschützt und doch geschossen? Klage gegen Wolfsverordnung

In Bayern dürfen Wölfe unter bestimmten Bedingungen abgeschossen werden. So wurde es nach viel Hin und Her festgelegt. Nach europäischem wie deutschem Recht sind die Tiere aber streng geschützt. Der Bund Naturschutz hat nun deshalb Klage eingereicht.

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Knapp zwei Monate nach dem Inkrafttreten der umstrittenen bayerischen Wolfsverordnung hat der Bund Naturschutz (BN), wie angekündigt, Klage gegen die Regelung eingereicht.

"Wir gehen davon aus, dass der Verwaltungsgerichtshof unserer Argumentation folgen wird und die Bayerische Wolfsverordnung in vielen Punkten kassiert", sagte BN-Landeschef Richard Mergner. "Sie ist nicht vereinbar mit deutschem und europäischen Naturschutzrecht, die Anforderungen an die Tötung einer streng geschützten Art werden massiv ignoriert." Zunächst hatte die "Süddeutsche Zeitung" über die Klageeinreichung berichtet.

Bund Naturschutz: Abschüsse verhindern keine Weidetierrisse

"Die Klage gegen die Wolfsverordnung ist ein notwendiger Schritt für ein weiterhin vernünftiges und faktenbasiertes Wolfsmanagement in Bayern. Wir fordern mit unserer Klage also lediglich geltendes Recht ein", betonte Mergner. Konkret heißt es in der Klageschrift, die Verordnung sei "für unwirksam zu erklären". Die bayerische Wolfsverordnung sei zudem kontraproduktiv für den Schutz der Weidetiere, weil sie vernachlässige, dass mit Wolfsabschüssen Weidetierrisse nicht verhindert werden könnten.

Bei Gefährdung von Mensch und Weidetier ist Abschuss erlaubt

Seit dem 1. Mai gilt in Bayern die neue Wolfsverordnung, die den Abschuss von Wölfen erleichtert. Der Wolf ist aber nach europäischem und deutschem Recht eigentlich nach wie vor streng geschützt. Der umstrittenen bayerischen Regelung zufolge dürfen Wölfe abgeschossen werden, wenn sie die Gesundheit des Menschen oder die öffentliche Sicherheit gefährden - etwa wenn sie sich mehrfach Menschen auf unter 30 Meter nähern oder wenn sie über mehrere Tage in einem Umkreis von weniger als 200 Metern von geschlossenen Ortschaften, Gebäuden oder Stallungen gesehen werden.

Möglich ist der Abschuss nun auch "zur Abwendung ernster landwirtschaftlicher oder sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden" - dies zielt konkret auf die Alm- und Weidewirtschaft in den Bergen. Dort können Wölfe geschossen werden, wenn sie in "nicht schützbaren Weidegebieten" ein einziges Nutztier töten. "Ein Riss reicht", hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei der Einführung betont. "Nicht schützbare Weidegebiete" sind laut Verordnung Gebiete, "bei denen ein Herdenschutz entweder nicht möglich oder nicht zumutbar ist". Die Landratsämter können über den Abschuss selbstständig entscheiden. Bislang waren dafür die Bezirksregierungen zuständig.

Auch Gutachten hält Wolfsverordnung für nicht haltbar

Auch ein Gutachten des wissenschaftlichen Diensts des Bundestags kommt zu dem Ergebnis, dass die Wolfsverordnung nicht mit dem geltenden Bundes- und EU-Recht vereinbar ist. Es bezweifelt, dass Wölfe getötet werden können, obwohl erfolgte Schäden an Weidetieren diesen nicht eindeutig zugeordnet wurden oder werden können: Der Verzicht auf die Zuordnung dürfte dem Bundesnaturschutzgesetz "und damit höherrangigem Recht widersprechen".

Wolfsnachwuchs in der Oberpfalz

Ungeachtet des Streits um ihren Schutzstatus haben die Wölfe in der Oberpfalz Nachwuchs bekommen. Laut dem Wolfsmonitoring des Landesamtes für Umwelt wurde sowohl im Manteler Forst als auch auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr eine Wölfin mit deutlich sichtbarem Gesäuge auf Fotos einer Wildkamera festgehalten. Allerdings ist unklar, ob es sich möglicherweise um nur eine Wölfin handelt, die zwei Mal an unterschiedlichen Orten in die Fotofalle getappt ist oder tatsächlich um zwei säugende Fähen.

Im Bayerischen Wald ist bislang noch nicht bekannt, ob es auch heuer Nachwuchs gab bei den freilebenden Wölfen. Die letzten Nachweise des Landesamtes für Umwelt vom Rudel im Bayerwald stammen aus dem Jahr 2022. Und auch im oberfränkischen Veldensteiner Forst, der im Westen direkt an den Truppenübungsplatz Grafenwöhr angrenzt, ist noch unbekannt, ob sich das Rudel dort auch heuer vergrößert hat. Im Veldensteiner Forst gab es in den vergangenen Jahren jährlich Wolfswelpen.

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Die umstrittene Wolfsverordnung geht vor Gericht

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