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Tsunamis Riesenwellen nach Erdbeben

Im Dezember 2004 forderte ein Tsunami in Südostasien rund 228.000 Menschenleben, im März 2011 überrollte eine Riesenwelle Japan und löste die Nuklear-Katastrophe von Fukushima aus. Was steckt hinter den zerstörerischen Erdbeben-Wellen?

Stand: 09.03.2023

Ab einer Magnitude über 7,5 kann ein Tsunami losrollen und noch viele hundert Kilometer weiter Schäden anrichten.

Tsunamis entstehen, wenn sich der Meeresboden plötzlich hebt oder senkt oder wenn große Erdmassen ins Wasser stürzen. Laut dem Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam werden die mächtigen Wellen zu rund 90 Prozent von starken Erdbeben unter dem Ozeanboden ausgelöst. Manchmal werden Tsunamis auch von Vulkanausbrüchen und untermeerischen Erdrutschen in Bewegung gesetzt. Oder, extrem selten: wenn große Gesteinsbrocken aus dem All ins Meer stürzen.

Überlebende: Monika Keck hat den Tsunami in Thailand 2004 überlebt

Tsunami: Die heimtückische Hafenwelle

Das Wort Tsunami stammt aus dem Japanischen: "tsu" bedeutet Hafen und "nami" Welle. Japanische Fischer bezeichneten damit ein unheimliches Phänomen: Manchmal kamen sie vom Fischfang zurück und fanden den Heimathafen verwüstet vor. Unterwegs hatten sie aber nichts Ungewöhnliches bemerkt. Denn auf hoher See ist ein Tsunami oft kaum einen halben Meter hoch und wird aufgrund seiner großen Wellenlänge von bis zu 200 Kilometern meist gar nicht bemerkt. In flachen Küstengewässern, engen Buchten und Hafenbecken kann er sich jedoch zu enormen Höhen von 40 Metern und mehr auftürmen.

Wie ein Erdbeben einen Tsunami auslöst

So entstand der Tsunami im indischen Ozean, 2004.

Die meisten starken Erdbeben finden in sogenannten Subduktionszonen statt. In diesen Regionen der Erde treffen ozeanische und kontinentale Erdkrustenplatten aufeinander. Die meist dichtere und deshalb schwerere ozeanische Erdkruste schiebt sich unter die leichtere kontinentale. Das läuft jedoch nicht reibungslos ab: Im Kontaktbereich verhaken sich die beiden Gesteinsplatten. Wird eine Platte stark verbogen, schnellt sie irgendwann aufgrund der hohen Spannung zurück. Dabei wird der umliegende Meeresboden um mehrere Meter emporgehoben. Ein gigantischer "Wasserberg" entsteht, der sich in mehreren Wellen nach allen Seiten hin ausbreitet: Der Tsunami setzt sich in Bewegung.

Nur wenige Erdbeben verursachen Tsunamis. Genau genommen sind es nur etwa 10 bis 20 Prozent derjenigen Beben, die sich im Bereich der Meere ereignen und eine Richtermagnitude von über 6,5 haben. Richtig gefährlich wird es ab einer Magnitude über 7,5: Dann kann ein Tsunami losrollen, der noch viele hundert Kilometer weiter Schäden anrichtet.

Riesenwelle mit Wogen bis in die Tiefe

Das Beben in Japan am 11. März 2011 hat den Meeresboden um bis zu sieben Meter angehoben.

Während normale Wellen nur an der Meeresoberfläche tanzen, wogen Tsunamis auch in der Tiefe: Aufgrund der mächtigen Erschütterung sind die tiefen Wasserschichten in Bewegung geraten. Deshalb ist jetzt auch die Wassertiefe entscheidend: Je flacher das Wasser ist, umso enger und höher werden die Wassermassen auf immer kleinerem Raum zusammengedrängt. Die Abstände zwischen einzelnen Wellen werden kürzer, die Amplituden größer, ihre Geschwindigkeit dabei langsamer. Tsunamis können Tausende von Kilometern über die Tiefsee zurücklegen. Bei einer Tiefe von 7.000 Metern sind sie mehr als 900 Stundenkilometer schnell - so schnell wie ein Düsenflieger. Im flachen Wasser, bei einer Tiefe von zehn Metern, schaffen sie noch rund 35 Stundenkilometer.

Wo können Tsunamis entstehen?

So bewegt sich ein Tsunami über das Meer

Besonders gefährdet ist der Randbereich des Pazifiks, denn er besteht überwiegend aus Subduktionszonen. Laut GeoForschungsZentrum Potsdam werden hier etwa 80 Prozent der Energie freigesetzt, die weltweit durch Beben ausgelöst wird. Verheerende Tsunamis können aber auch in allen anderen Ozeanen und Meeren, sogar im Mittelmeer, entstehen.

Gewaltige Tsunamis in der Geschichte

Olympia

Das griechische Heiligtum Olympia auf der Halbinsel Peloponnes wurde offenbar durch Tsunamis und nicht nur durch Erdbeben zerstört. Forscher haben im Boden der Region Muschelkappen und Schneckengehäuse gefunden, die darauf hinweisen, dass mehrfach Erdmassen mit großer Geschwindigkeit von der Meeresküste an Land geschwemmt wurden. Tsunamis sind im östlichen Mittelmeer häufig - hier gibt es viele Erdbeben.

Nordatlantik

Vor etwa 8.000 Jahren hat ein bis zu dreißig Meter hoher Tsunami Teile Großbritanniens, Norwegens und Islands überflutet. Wahrscheinlich wurde er von einer großen Rutschung vor der Küste Norwegens ausgelöst: Gesteinsmengen von der Fläche Islands stürzten rund 2.000 Meter tief in den Nordatlantik.

Krakatau

1883 ereignete sich auf der Insel Krakatau ein gewaltiger Vulkanausbruch. Die 900 Meter hohe Insel explodierte und stürzte dann in sich zusammen. Dabei entstand ein Tsunami, der sich bis zu 35 Meter hoch auftürmte.

Alaska

Einer der größten Tsunamis des 20. Jahrhunderts entstand beim Alaska-Erdbeben vom 28. März 1964: In einem Gebiet von rund 500.000 km² hob sich die Erdoberfläche an der Küste bis zu zwölf Meter und senkte sich landeinwärts mehr als zwei Meter ab. Das brachte einen bis zu 70 Meter hohen Tsunami ins Rollen.

Tsunamis und ihre verheerenden Folgen an Land

Zerstörungskraft eines Tsunamis

Die meisten Tsunamis dringen nicht mehr als einige hundert Meter ins Küstenhinterland vor. Starke Tsunamis schaffen aber schon mal mehrere Kilometer. Wo die Wassermassen auf Land treffen, richten sie schwere Schäden an: Sie fordern Todesopfer, verwüsten Städte und Siedlungen, zerstören Infrastrukturen und machen landwirtschaftliche Nutzflächen und Brunnen durch Versalzung und Versandung unbrauchbar. Dadurch, dass die Wassermassen mehrmals vor- und zurückströmen, überziehen sie das betroffene Gebiet mit Schlamm, Sand, Trümmern und Müll. Hinzu kommen Folgeschäden: Wenn aufgrund der Zerstörung giftige Stoffe austreten, Trinkwasser verschmutzt wird, Seuchen ausbrechen oder aufgrund von lecken Gasleitungen und Kurzschlüssen Feuer entfacht werden.

Erst der Tsunami, dann der Super-GAU: Die Nuklearkatastrophe Fukushima 2011

Ein besonders drastisches Beispiel dafür, welche verheerenden Folgeschäden ein Tsunami anrichten kann, ereignete sich 2011 im japanischen Fukushima. Die Katastrophe begann am 11. März mit einem Seebeben vor der japanischen Küste, das mehrere Flutwellen auslöste. 22.000 Menschen starben, Hunderttausende mussten evakuiert werden. Was erst nach und nach an die Öffentlichkeit kam: auch das küstennah gelegene Atomkraftwerk Fukushima wurde durch die Flutwellen beschädigt. In mehreren Reaktoren kam es zu Kernschmelzen, außerdem wurden große Mengen an radioaktivem Material freigesetzt.

Die Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean 2004

Am 26. Dezember 2004 bebte die Erde im Indischen Ozean. Der nachfolgende Tsunami kostete vermutlich rund 230.000 Menschen das Leben. Die schrecklichen Bilder der zerstörerischen Naturgewalt gingen um die Welt. Auch, weil unter den Opfern tausende Touristen waren, die an den Stränden Südostasiens ihre Weihnachtsferien verbrachten. Das schuf eine nie dagewesene Öffentlichkeit für derartige Naturkatastrophen in westlichen Industrieländern.

Vorkehrungen zum Schutz vor Tsunamis

Abschwächen lässt sich die Zerstörungskraft eines Tsunamis nur bedingt: Vorgelagerte Riffe und Sandbänke können helfen, ebenso spezielle Wellenbrecher-Bauwerke. Solche Bauten können aber umgekehrt die Geschwindigkeit und Höhe eines Tsunamis im lokalen Bereich gefährlich erhöhen. Auch vorgelagerte Inseln könnten Engstellen erzeugen, durch die sich Wellen wie durch eine Schleuse an der Landmasse vorbei bewegen und dahinter auftürmen könnten. Dieser "Lupen"-Effekt könnte die Höhe des Tsunamis und die Kraft seines Aufpralls an der Küste noch wesentlich erhöhen, wie ein internationales Forscherteam 2014 ausrechnete.

Weltweite Frühwarnsysteme gegen Tsunamis

Umso wichtiger ist es, die heranrollende Gefahr möglichst früh zu erkennen. Dafür müssen seismologische Daten und andere Indikatoren großflächig überwacht werden. Für den Pazifischen Ozean gibt es seit 1965 ein Warnsystem namens PTWC (Pacific Tsunami Warning Center) mit Sitz in Honolulu, Hawaii. Das unter deutscher Leitung aufgebaute indonesische Frühwarnsystem GITEWS (German Indonesian Tsunami Early Warning System) ist seit 2008 in Betrieb. Auch für Europa gibt es Frühwarnsysteme - eines befindet sich sogar auf der Zugspitze. Weitere regionale Warnzentren und Frühwarndienste, die mit Sensorbojen, Computern und Satelliten arbeiten, sind in Risikogebieten vorhanden und werden laufend auf- und ausgebaut. Auch die langfristige Risikoermittlung wird angesichts des Klimawandels immer wichtiger: Mit steigenden Meeresspiegeln wächst die Zahl der Menschen in Küstengebieten, die im Fall eines Tsunamis gefährdet wären.

Wie sich ein Tsunami ankündigt - und was man dann tun kann

Ein untrügliches Zeichen sieht man vom Strand aus: Das Wasser steigt binnen weniger Minuten schnell an oder zieht sich zurück. Das wirkt wie Ebbe oder Flut im Zeitraffer. Binnen kurzer Zeit kann dann eine Flutwelle folgen. Dann hilft nur noch laufen - und zwar so schnell und weit wie möglich weg von der Küste, auf Anhöhen, in ausgewiesene Notunterkünfte und unter Umständen auch in die oberen Etagen stabiler Hochhäuser aus Stahlbeton. Hat man einen Zufluchtsort gefunden, sollte man diesen auf keinen Fall nach Rückzug der ersten Welle verlassen! Tsunamis bestehen aus mehreren Wellenbergen, die im Abstand einiger Stunden aufeinanderfolgen können. Das Deutsche GeoForschungsZentrum weist darauf hin, dass man unter Umständen mehr als fünf Stunden ausharren muss - am besten bis zur offiziellen Entwarnung.

Sicher vor Tsunamis auf dem offenen Meer

So lange soll man auch warten, wenn man sich während einem Tsunami weit draußen auf dem offenen Meer befindet. Wer vorher versucht, den Hafen oder Land anzufahren, kann sonst von der Welle mitgerissen werden. Auf See ist ein Tsunami in der Regel ungefährlich.

Mehr Infos über Tsunamis, und wie ihr euch im Risikofall verhaltet, findet ihr hier.

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