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Mordfall Ötzi Neues vom Mann aus dem Eis

Irgendwann in der Steinzeit wird in den Bergen ein Mann ermordet - sein Körper bleibt im Eis erhalten. 5.000 Jahre später ist "Ötzi" die berühmteste Leiche der Welt: Die Gletschermumie kann uns heute noch viel über das Leben der Steinzeitmenschen erzählen.

Von: Silke Wolfrum und Veronika Baum

Stand: 06.04.2020

Ötzi | Bild: picture-alliance/dpa

Der älteste Kriminalfall der Welt?

Ein Mann wird ermordet: irgendwann in der Steinzeit, in den Bergen, in 3.200 Metern Höhe. Sein Mörder schießt ihm von hinten einen Pfeil in die Schulter. Was der Täter nicht ahnt: Sein Opfer wird 5.000 Jahre später zur berühmtesten Leiche der Welt. Am 19. September 1991 finden Wanderer einen toten Mann im Eis. Über all die Jahre steckte er in Gletschereis und war somit tiefgefroren. Weil der Fundort in den Ötztaler Alpen liegt, tauft man die Leiche "Ötzi".

Unsanfte Behandlung

Ötzi wird erstmal aus dem Eis gezerrt. Dabei gehen die Leute nicht gerade vorsichtig mit ihm um. Zunächst glauben sie, einen verunglückten Bergsteiger vor sich zu haben. Einer rammt ihm einen Pressluftmeißel in die Hüfte, ein anderer bricht sein 5.000 Jahre altes Holzgestell entzwei, um ihn damit aus dem Eis zu hebeln.

Zwei Wissenschaftler untersuchen Ötzi. Sie tragen dazu Schutzkleidung wie bei einer Operation.

Dann nehmen sich Archäologen der Gletschermumie an: Ötzi wird erst einmal mit kaltem Wasser abgewaschen und untersucht. Den Forschern öffnet sich ein Fenster in die Vergangenheit. Eine so alte und gleichzeitig so gut erhaltene Leiche hat es noch nie gegeben! Jetzt wird alles genauestens unter die Lupe genommen: seine Zähne, seine Haare, der Inhalt seines Magens, jeder Knochen und natürlich auch seine Ausrüstung.

Ötzis Kleidung und Ausrüstung

Ötzi trug eine Jacke aus Ziegenfell und eine Mütze aus Bärenfell. Die "Hose" bestand aus zwei Beinlingen: Stoffröhren, die an einen Gürtel gebunden wurden, damit sie nicht herunterrutschen konnten. Die Schuhe waren besonders kunstvoll: Der Innenschuh war aus Bast geflochten und hatte eine Polsterung aus Gras, die Sohle war aus Bärenfell, die Oberseite aus Hirschfell. Außerdem hatte Ötzi alles Mögliche zu seiner Ausrüstung dabei: ein Kupferbeil, einen Bogen aus Eibenholz, Pfeile und einen Dolch mit einer Klinge aus Feuerstein. Nur komisch, dass sein Bogen noch gar nicht fertig gestellt ist und sich in seinem Köcher zwölf unfertige Pfeilschäfte befinden.

Viele offene Fragen

Der weiße Pfeil auf dem Röntgenbild zeigt auf die Stelle, an der sich die Pfeilspitze in Ötzis Schulter befindet.

Ist Ötzi auf der Flucht verunglückt? Hatte er keine Zeit mehr, eine komplette Ausrüstung mitzunehmen? Was wollte er überhaupt da oben in den Bergen? Erst vor einigen Jahren entdecken Forscher eine Pfeilspitze in Ötzis Schulter und Blut von vier Menschen auf seiner Kleidung. Klarer Fall: Ötzi ist ermordet worden. Aber von wem? Hat er was verbrochen oder war er ein unschuldiges Opfer? Der Fall bleibt ungeklärt.

Zu Besuch bei Ötzi in Bozen

"Ötzi" die heute berühmteste Feuchtmumie der Welt und wird im Archäologischen Museum in Bozen gehütet wie ein Schatz. radioMikro-Reporterin Silke Wolfrum hat sie gemeinsam mit zwei Kindern - und zwei Flöhen - besucht!


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