dpatopbilder - 03.05.2024, Berlin: Menschen protestieren auf dem Gelände der Humboldt-Universität Berlin gegen den Krieg im Gazastreifen.
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Nahostkonflikt - Protest Humboldt-Universität Berlin

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Antisemitismus-Beauftragter warnt mit Blick auf deutsche Unis

An den US-Hochschulen wird seit Wochen teils massiv protestiert: Immer wieder gibt es bei pro-palästinensischen Kundgebungen Zusammenstöße mit der Polizei. Nun befürchtet der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung auch hier eine Eskalation.

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Angesichts der Proteste gegen Israels Militäreinsatz im Gazastreifen an vielen US-Universitäten befürchtet der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung eine Eskalation antiisraelischer Aktionen auch in Deutschland. Felix Klein sagte der "Rheinischen Post", er beobachte an deutschen Hochschulen eine aggressive antiisraelische Stimmung, die auch antisemitisch motiviert sei.

Pro-Palästinensische Kundgebung vor der Humboldt-Uni in Berlin

Am Freitag hatten an der Humboldt-Universität in Berlin rund 150 Menschen gegen den Krieg protestiert. Dabei kam es nach Polizeiangaben auch zu "volksverhetzenden Aufrufen". Unter anderem war die israelfeindliche Parole "From the river to the Sea" skandiert worden. Sie ist in Berlin verboten, weil damit zur Vernichtung Israels aufgerufen werde. Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, äußerte sich auf der Plattform X empört [externer Link] über den Protest an der Humboldt-Universität. Die Demonstranten hätten "Hass und Gewalt gegen Juden verherrlicht", schrieb er.

Nach Angaben der Universität fand außerdem eine Protestaktion auf dem Unigelände statt [externer Link]. Demnach suchte Hochschulpräsidentin Julia von Blumenthal das Gespräch mit den 25 bis 30 Demonstrierenden im sogenannten Ehrenhof. Sie habe dabei klargemacht, dass der Austausch kontroverser Meinungen zum Wesen einer Universität gehöre, aber nicht brüllend und mit Megaphonen geführt werde. Von Blumenthal bot den Demonstrierenden für den Fall einer friedlichen Beendigung ihres Protestes die Organisation einer Podiumsdiskussion an – basierend auf den Grundwerten der Uni, die Antisemitismus, Rassismus und jede Art von Diskriminierung ausschließe.

Bildungsministerin fordert klares Vorgehen gegen Antisemitismus

Bildungsministerin Stark-Watzinger nannte das Ausmaß an Israel- und Judenhass an zahlreichen westlichen Universitäten unerträglich. Die FDP-Politikerin sagte der "Rheinischen Post": "Die massiven Ausschreitungen der vergangenen Tage müssen uns eine Mahnung und Warnung sein". Auch an Hochschulen in Deutschland sei es seit dem 7. Oktober zu israel- und judenfeindlichen Aktionen gekommen. Hier seien der Rechtsstaat, aber auch die Hochschulleitungen gefordert. Laut Stark-Watzinger müssen sie konsequent von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und Studierende in besonders schweren Fällen exmatrikulieren.

Entsetzen bei jüdischen Vertretern in Deutschland

Auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, zeigte sich besorgt. Er sagte der "Rheinischen Post", in Deutschland seien zwar nicht die Dimensionen erreicht, die in den USA zu beklagen seien. Dennoch sei eine antisemitische Grundhaltung leider weit verbreitet und könne sehr schnell zu einer Eskalation führen.

Außerdem kritisierte Klein den Umgang mit jüdischen Studierenden. Er höre immer wieder von völlig inakzeptablen Fällen, bei denen sie dafür verantwortlich gemacht würden, was die israelische Armee tue. Jüdische Studierende würden etwa nur dann in Hörsäle oder Seminarräume gelassen, wenn sie das militärische Vorgehen verurteilen. Viele trauen sich laut Klein dadurch nicht mehr an die Uni oder zeigten ihre jüdische Identität nicht mehr offen. Klein zufolge sollten Universitäten zentral zum Ausdruck bringen, dass politisches Handeln von Nicht-Universitäts-Angehörigen nicht geduldet werde.

Im Video: Kritik an Israel - Wo beginnt Antisemitismus?

Interview: Der Antisemitismus-Beauftragter Felix Klein zum Thema Antisemitismus
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Interview: Der Antisemitismus-Beauftragter Felix Klein zum Thema Antisemitismus

Auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, warnte davor, dass sich Proteste wie in den USA auch auf deutsche Hochschulen ausweiten könnten. Viele Gruppen seien international vernetzt, so Schuster. Er sagte der "Rheinischen Post", jüdische Studenten seien in Deutschland bereits seit vielen Monaten in hohem Maße von Antisemitismus betroffen. Das habe bei ihnen ein extremes Unsicherheitsgefühl hervorgerufen.

Proteste begannen in den USA und weiten sich weltweit aus

Die Proteste in den USA hatten Mitte April an der renommierten Columbia University in New York begonnen und sich seitdem auf mindestens 30 weitere Universitäten im Land ausgeweitet. Die Demonstranten forderten die Universitäten unter anderem dazu auf, Verbindungen zu Unternehmen zu beenden, die Verbindungen nach Israel haben. Immer wieder kam es auch zu antisemitischen Zwischenfällen. In den vergangenen Tagen griff die Polizei an verschiedenen US-Universitäten ein. Am Donnerstag räumte die Polizei ein Protestcamp auf dem Campus der Universität of California und nahm mehr als 200 Demonstranten fest.

Auch in Paris schritt die Polizei am Freitag an der Elite-Hochschule Sciences Po ein. Dort kam es seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas immer wieder zu pro-palästinensischen Kundgebungen und Spannungen. Am Donnerstag wurde ein Protestlager mit rund 300 Studierenden aufgelöst. Proteste gab es auch in Mexiko und Australien. Trotz einiger angespannter Wortgefechte blieben beide Versammlungen jedoch friedlich.

Mit Informationen von dpa und AFP

Zum Video: Pro-Palästina-Proteste - Hartes Durchgreifen an Unis gefordert

Wegen Pro-Palästina-Protesten: Experten fordern hartes Durchgreifen gegen Antisemitismus an den Unis.
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Wegen Pro-Palästina-Protesten: Experten fordern hartes Durchgreifen gegen Antisemitismus an den Unis.

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