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Snowboardfilm "The Fourth Phase" Drei Dinge, die ich von Travis Rice NICHT gelernt habe

Mit "The Fourth Phase" will Travis Rice den Snowboardfilm auf's Neue revolutionieren – und zwar mit nerdy Story inklusive obligatorischer Hochglanz-Snowboardaction. Ob’s klappt? Unsere Autorin findet den Film eher unbefriedigend.

Von: Claudia Gerauer

Stand: 25.09.2016 | Archiv

Fotos aus dem Snowboardfilm "The Fourth Phase" von Travis Rice | Bild: Tim McKenna / Red Bull Content Pool

Nach "That’s it, That’s all", und "The Art of Flight" kommt mit "The Fourth Phase" der dritte Film von Snowboard-Legend Travis Rice in die Kinos. Damit will er natürlich alle bisherigen Movies toppen und das Actionsport-Kino revolutionieren, mal wieder.

"This process we follow, this circle we ride" – das ist das Motto für "The Fourth Phase", in dem Travis dem nordpazifischen Wasserstrom folgt. Von der Westküste der USA im Uhrzeigersinn nach Japan, dann nach Russland und über Alaska wieder zurück an die Westküste der USA. Den Weg des Wasserstroms will er mit Snowboard und Segelboot zurücklegen und bei jedem Stopp der Reise weltbestes Snowboarding zeigen. Ach ja, und ganz nebenbei  möchte Travis der Theorie des Wissenschaftler Gerald Pollack nachgehen: Er soll neben fest, gasförmig und flüssig einen angeblich vierten Aggregatzustand von Wasser – The Fourth Phase eben – nachgewiesen haben. Das alles in 92 Minuten Snowboard-Movie. Eigentlich genug Zeit – trotzdem zeigt und erzählt der Film am Ende ziemlich viel nicht.

1. Wie ist das denn nun mit dem vierten Aggregatzustand von Wasser?

Travis Rice will also dem nordpazifischen Wasserstrom folgen, auf dieser Reise die spektakulärsten Hänge der USA, Japans, Russlands und Alaskas abfahren und obendrauf noch dem angeblichen vierten Aggregatzustand von Wasser auf den Grund gehen. Der soll gelartig sein und auch Schneeflocken sollen daraus entstehen. Nicht unbedingt das, was man sonst von klassischen Snowboardfilme gewohnt ist, also eben nicht nur geile Bilder. "The Fourth Phase" erklärt den Wasserkreislauf und wie verschiedene Strömungen in den Weltmeeren für das Wetter und den Schnee verantwortlich sind. Das alles zu monumentalen Landschafts- und Naturaufnahmen. Echt spannend. Nur ob es diesen vierten Aggregatzustand von Wasser jetzt wirklich gibt und wie genau der entstehen könnte, das erfahr ich am Ende nicht. Letztlich verfällt "The Fourth Phase" doch den geilen Bildern und vor lauter Snowboardaction und neuen Herausforderungen, hat Travis irgendwie vergessen seine Suche nach dem vierten Aggregatzustand fortzusetzen.

2. Muss man sich nicht 2016 ein bisschen mehr Gedanken über die Umwelt machen?

Egal ob in Alaska, Wyoming oder Russland – ohne Heli oder zumindest Skidoo geht bei in "The Fourth Phase" fast nichts. Travis Rice und seine Crew fliegen oder fahren easy überall rauf. Mal mit, mal ohne den Bullen drauf, aber meistens ohne eigene Aufstiegskraft. Und offensichtlich ohne einen Gedanken an die Umwelt zu verschwenden. Dabei könnte gerade einer wie Travis ein Vorbild sein in puncto nachhaltig und umweltbewusst Freeriden. Doch soweit kommt‘s in "The Fourth Phase" nicht und das ist schade – denn der Klimawandel wird im Film sogar deutlich spürbar. Zum Beispiel in Alaska, wo es so wenig geschneit hat, wie seit 100 Jahren nicht mehr und Travis und seine Crew wochenlang auf bessere Bedingungen und Schnee warten. Dabei sind gerade sie sicher nicht ganz unschuldig daran. Nicht nur weil sie sich im Stundentakt mit dem Heli auf jeden x-beliebigen Gipfel shutteln lassen, sondern auch happy durch die Welt zu jetten: von den USA nach Japan, Russland, Alaska und wieder zurück und gleich nochmal.

3. Soll ich den Film jetzt weiterempfehlen oder nicht?

"Und? Wie war 'The Fourth Phase'?", haben sie alle gefragt. "Muss ich mir den auch anschauen?" Mir kommt auf die Frage nur ein zögerliches "naja" über die Lippen. Irgendwie schon, irgendwie nicht – denn der Film löst in mir kein euphorisches "Boah geil!" inklusive Gänsehaut aus. Ganz nett halt. Deswegen: Lasst es bleiben, wenn euch jeder Heliflug im Klimagewissen schmerzt, ihr die roten Bullen einfach nicht mehr sehen und episches Actionsportler-Gelaber nicht mehr hören könnt. Aber zieht ihn euch rein, wenn ihr auf anspruchsvolle Snowboardaction steht, auch den 892.461 Film NUR wegen der geilen Bilder anschauen wollt, nicht so viel auf Chemie gebt und Travis euer Gott ist – oder direkt danach kommt.

"The Fourth Phase" von Travis Rice läuft ab 3. Oktober 2016 im Kino.


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