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Psychologie-Studie Fotografieren macht Erlebtes schöner

Wer alles fotografiert, genießt nicht den Moment, heißt es gefühlt schon seit immer. Aber jetzt kommt die Gegenstimme. US-Wissenschaftler wollen herausgefunden haben: Fotografieren macht Erlebnisse eben doch viel schöner.

Stand: 16.08.2016 | Archiv

Fotografieren verschönert Momente | Bild: BR

Slipknot-Sänger Corey Taylor hasst sie, die Yeah Yeah Yeahs hassen sie und Pulp-Sänger Jarvis Cocker hasst sie auch: Smartphoneknipser auf Konzerten. Auch Adele hat sich auf einem Konzert beschwert: "Das ist keine DVD, das ist ein echtes Konzert. Und ich möchte wirklich, dass du mein Konzert genießt."

Sorry Adele, aber das tun die Knipser. Denn Menschen, die ein Ereignis fotografieren, genießen es mehr. Das wollen jedenfalls drei amerikanische Wissenschaftler herausgefunden haben. Für ihre pychologische Studie an den Universitäten von Südkalifornien, Pennsylvania und Yale haben sie neun Experimente durchgeführt. Die rund 2.000 Teilnehmer sollten zum Beispiel eine Ausstellung in einem Museum besuchen, eine Stadtrundfahrt machen oder in einem Fresstempel schlemmen. Je nach Gruppe sollten sie ihre Erlebnisse fotografieren oder eben nicht.

Fotografieren macht Busfahrten und Konzerte schöner

Die bahnbrechende Erkenntnis: Wer seine Erlebnisse mit der Kamera festhält, genießt den Moment mehr als Leute, die nicht durch eine Linse schauen. Das liegt daran, dass man sich mit dem Erlebten mehr beschäftigt, wenn man es festzuhalten versucht. Voraussetzung ist allerdings, dass man selber eher in der Rolle eines Zuschauers ist - also genau die Situation, in der man sich bei einer Stadtrundfahrt oder eben auf einem Konzert befindet. Der Grund: Weil man sich durch das Fotografieren aktiver in die Situation einbringt, steigt die eigene Freude am Erlebnis.

Natürlich gibt's auch die passende Gegenstudie

Und machen wir uns nichts vor: An die Dauerfotografie haben wir uns sowieso schon gewöhnt - oder müssen das schleunigst tun. Die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass im Jahr 2000 insgesamt 80 Milliarden Fotos gemacht worden seien. 2015 waren es laut SZ 2,7 Milliarden - pro Tag!

Aber keine Angst: Nervknipser, die jetzt wissenschaftlich fundiert argumentieren wollen, kann man ganz schnell mit der passenden Gegenstudie zum Schweigen bringen. Forscher aus Connecticut haben für ihr Experiment eine Gruppe in einem Museum herumgeführt. Die Besucher mit Kamera konnten sich am nächsten Tag deutlich schlechter an das Gesehene erinnern als die Besucher ohne Kamera. Und sowieso spricht die aktuelle Studie nicht von Dauerfilmern - und das sind ja die, die bei Konzerten so richtig nerven.

Was bleibt dann also als Erkenntnis? Macht doch was ihr wollt - aber übertreibt's nicht.


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