Wer sich für die Börse interessiert, der stößt früher oder später auf den Begriff "Ad-hoc-Publizität". Kein Tag vergeht, ohne dass ein börsennotiertes Unternehmen eine "Ad-hoc-Meldung" veröffentlicht. Abrufbar sind solche Mitteilungen zum Beispiel unter www.dgap.de. Das Unternehmen selbst muss solche Pflichtmitteilungen natürlich auch auf der eigenen Seite online stellen.
Gesetzliche Grundlagen und Schritte
Geregelt waren die Vorschriften dazu ursprünglich im Wertpapierhandelsgesetz. Inzwischen gilt europaweit die Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), die Insiderhandel und Marktmanipulation verhindern soll.
Die Verbreitung solcher Börsenmitteilungen erfolgt nach genau festgelegten Schritten. Vorab informiert werden die Finanzmarktaufsicht BaFin und die Deutsche Börse. Dort wird auch entschieden, ob der Handel mit dieser Aktie vorübergehend ausgesetzt werden soll, weil mit extremen Kursreaktionen zu rechnen ist.
Was Unternehmen zu tun haben
Vereinfacht gesagt muss ein Unternehmen alle Tatsachen unverzüglich veröffentlichen, die den Börsenkurs einer Aktie erheblich beeinflussen können, sei es nach oben oder nach unten. Mitglieder des Vorstands oder auch des Aufsichtsrates werden als "Insider" betrachtet, die die Pflicht haben, ihre Informationen so schnell wie möglich mit anderen Akteuren des Kapitalmarkts zu teilen, damit sie durch die Insiderinformationen keinen Nachteil haben. Es geht also um bislang unbekannte Umstände, die so wichtig sind, dass sie Kauf- und Verkaufsentscheidungen maßgeblich beeinflussen können. Die anderen Teilnehmer des Kapitalmarkts wie Wertpapierhandelshäuser, Banken, Broker, Analysten und natürlich die Aktionäre des Unternehmens sollen die größtmögliche Transparenz über wichtige Entwicklungen innerhalb des Unternehmens bekommen.
Die Finanzmarktaufsicht BaFin soll dann aktiv werden, wenn eine Mitteilung gar nicht, zu spät, falsch oder unvollständig erfolgt. In solchen Fällen drohen Bußgelder.
Was sind "kursbeeinflussende Tatsachen" ?
Allerdings war ursprünglich, als die Ad-hoc-Publizität eingeführt wurde, gar nicht genau klar, was eigentlich als "kursbeeinflussende Tatsache" zu werten ist. Nicht zuletzt deshalb konnten solche Börsenmitteilungen zu Zeiten des Neuen Marktes missbraucht werden. Es wurden falsche Geschäftsabschlüsse gemeldet, oder kleinere geschäftliche Erfolge wurden übertrieben dargestellt, um den eigenen Aktienkurs zu pflegen. Auch der Fall Wirecard erinnert an diese Anfänge des Neuen Marktes. Das war ein eigenes Handelssegment in Frankfurt für aufstrebende Technologiefirmen, das allerdings längst dichtgemacht wurde. Auch der inzwischen insolvente Zahlungsdienstleister Wirecard meldete neue Verträge mit prominenten Geschäftspartnern gerne über solche Pflichtmitteilungen. Dies sorgte für sehr viel mehr Aufmerksamkeit, als es eine einfache Pressemitteilung gekonnt hätte.
Immer wieder Abwägungssache
Ob es also zwingend ist, eine Information ad hoc zu veröffentlichen, wird immer wieder neu abzuwägen und zu entscheiden sein. Folgendes Beispiel macht das deutlich: Ein Unternehmen verschiebt den Termin für die Hauptversammlung. Damit verschiebt sich auch der Zeitpunkt, an dem die Dividendenzahlung beschlossen wird. Dieser Umstand alleine ist wohl noch nicht ad-hoc-pflichtig. Aber plant die Chefetage außerdem, die Dividende massiv zu kürzen, dann wäre eine Börsenmitteilung sicher zwingend. Zu den meisten solcher Fragen gibt es inzwischen Leitlinien.
Sonderregeln für Vorstände und Aufsichtsräte
Eine Sonderrolle spielen eigene Aktiengeschäfte von Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrates. Solche Käufe und Verkäufe der Top-Manager heißen "Directors' Dealings". Für sie gibt es eigene Publizitätsvorschriften.
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