Werner Bumeder, der Landrat des Landkreises Dingolfing-Landau
Bildrechte: Landratsamt Dingolfing-Landau/Manuel Birgmann

Werner Bumeder, der Landrat des Landkreises Dingolfing-Landau

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Protest in Kommunen: Demokratie in Gefahr?

Landkreise, Städte und Gemeinden stoßen bei der Unterbringung von Flüchtlingen immer öfter auf Widerstand. Das politische Klima scheint teilweise vergiftet, Politiker vor Ort erhalten Drohmails. Betroffen auch: Der Landrat von Dingolfing-Landau.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Lautstarker Protest vor Sitzungen, Anfeindungen, Drohmails. Werner Bumeder (CSU), der Landrat des niederbayerischen Landkreises Dingolfing-Landau, erlebt das fast täglich beim Versuch, Unterkünfte für Geflüchtete zu schaffen. Und das in einer der - dank der Autoindustrie - wohlhabendsten Gegenden Niederbayerns.

Landrat sorgt sich um die Demokratie

Das politische Klima, so Bumeder, der Jahrzehnte in der Kommunalpolitik tätig war und seit fast drei Jahren Landrat ist, hat sich verändert.

"Muss man sich um die Demokratie Sorgen machen? Ich muss ehrlich sagen: Ja, ich mache mir Sorgen um die Demokratie. Weil es immer mehr Menschen gibt, die das Gemeinwohl hintenanstellen. Nur ihre eigene Betroffenheit, die eigenen Interessen zählen." Werner Bumeder (CSU), Landrat des Landkreises Dingolfing-Landau

Der Landrat glaubt, dass ein kleiner Teil der Bevölkerung auch bereit ist, Gewalt anzuwenden. Dazu gehörten auch Hass in sozialen Netzwerken, Drohungen und der Aufbau von Druck. All das ist aus seiner Sicht "schon gefährlich für die Demokratie."

Brandanschläge auf Flüchtlingszelt

Der Tiefpunkt im Landkreis Dingolfing-Landau: Zwei nächtliche Brandanschläge im Februar auf ein Festzelt in Steinberg, das als Notunterkunft für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine vorgesehen war. Das Zelt stand jedoch zu diesem Zeitpunkt noch leer. Für Bumeder eine "klare Überschreitung aller Grenzen". Man wolle als Landkreis Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf bieten und zum Beispiel Frauen, die mit Kindern kommen, versorgen – und dazu alle Möglichkeiten nutzen.

Weil ein extremistischer Anschlag nicht ausgeschlossen werden kann, wurde die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terror eingeschaltet. Ein Verdächtiger konnte gefasst werden und sitzt in Untersuchungshaft.

Seit Mitte März sind rund 40 Flüchtlinge in dem Zelt untergebracht. Es handelt sich ausschließlich um Menschen aus der Ukraine. Zwei Security-Mitarbeiter sorgen rund um die Uhr für Sicherheit.

Grenzüberschreitungen nehmen zu

Doch es gab nicht nur die Attacke auf das Zelt. Immer öfter erreichen den Landrat und auch andere Kommunalpolitiker anonyme Drohungen. Ihn, so Bumeder mache das traurig: "Ich denke ich mir oft: Gut, dass nicht viele Leute diese E-Mails lesen müssen, wie die Grenzen hier überschritten werden, wo man offenbar keine Hemmschwelle hat, Straftaten anzudrohen. Ich gebe das auch alles an die Polizei und an die Ermittlungsbehörden weiter."

Der zweite Bürgermeister von Simbach am Inn, Bernhard Großwieser, wurde Anfang 2022 Opfer von Schmierereien an seinem Haus. Auch Großwieser sprach damals schon von einer "noch nie dagewesenen Qualität" im Hinblick auf die Verrohung der Sitten.

Hat auch Corona Schuld am Demokratie-Verdruss?

Landrat Bumeder sorgt sich, dass sich ein Teil der Gesellschaft aus der Demokratie verabschiedet und nicht mehr konsensfähig ist. Auch Corona habe vielleicht einen Teil dazu beigetragen, dass man den Blick auf das Gemeinwohl verliere und oft nicht mehr bereit sei, auch sachliche Argumente einer Gegenseite zu akzeptieren.

"Man hat seine eigene Meinung, man hat seine eigene Position oft auch aus eigener Betroffenheit als Antrieb und verschließt sich anderen Argumenten. Und das ist schon eine gefährliche Entwicklung." Landrat Werner Bumeder

Die Demokratie lebe auch von Kompromissen von Mehrheitsentscheidungen. Wenn man das nicht mehr akzeptieren könne, dann sei es ein Angriff auf die Demokratie, so der Landrat des Landkreises Dingolfing-Landau.

Ursula Münch über Gefahren für die Demokratie

Professorin Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, spricht im BR24 Thema des Tages über die Gefahren für die Demokratie:

Archivbild: Professorin Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing,
Bildrechte: BR/Ralf Wilschewski
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Professorin Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!