Eine Aufnahme nach dem ersten Anschlag  - die Zeltwand ist angekokelt
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Eine Aufnahme nach dem ersten Anschlag - die Zeltwand ist angekokelt

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Trotz Security: Zweiter Brandanschlag auf Flüchtlingszelt

Das leerstehende Bierzelt im Landkreis Dingolfing-Landau, das für Ukraine-Flüchtlinge bestimmt ist, ist ein zweites Mal durch Unbekannte attackiert worden. Das Landratsamt spricht von einem zweiten Brandanschlag. Der Staatsschutz ermittelt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

In der Nacht auf Donnerstag ist ein zweiter Brandanschlag auf das für Geflüchtete vorgesehene Zelt bei Marklkofen (Ortsteil Steinberg) im Landkreis Dingolfing-Landau verübt worden. Das bestätigte das Landratsamt Dingolfing-Landau auf Nachfrage des Bayerischen Rundfunks. Die polizeilichen Ermittlungen laufen noch an, weitere Details sind noch nicht bekannt.

Nach erstem Anschlag wurde Security eingesetzt

Unklar ist auch, wie der Brandanschlag trotz der Überwachung durch einen Security-Mitarbeiter verübt werden konnte. Dieser wurde eingesetzt, nachdem bereits in der Nacht auf Mittwoch ein oder mehrere Unbekannte versucht hatten, das für rund 150 Personen vorgesehene Zelt anzuzünden. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen. Der Sicherheitsdienstmitarbeiter bemerkte den Brand und konnte das Feuer löschen. Der Schaden des zweiten Anschlags betrage etwa 7.000 Euro, heißt es.

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Eine zerstörte Zeltplane

Brandbeschleuniger gefunden

Laut Polizeipräsidium Niederbayern wurden beim ersten Anschlag der Holzboden und die Zeltwand angekokelt und beschädigt. Es sei aber kein größeres Feuer ausgebrochen. Entdeckt wurde der Schaden erst am Mittwoch Vormittag. Er belaufe sich auf mehrere Tausend Euro, heißt es. Der Brandbeschleuniger sei innen im Zelt - entlang der Zeltwände - auf einer Länge von etwa 60 Metern ausgelegt worden. Ersten Einschätzungen zufolge handelte es sich dabei um Benzin.

In dem beheizbaren und bislang unbewohnten Bierzelt sollen bis zu 150 Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht werden.

Polizei bewacht das Zelt nun rund um die Uhr

Mittlerweile hat sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zu den beiden Anschlägen geäußert. Er sagte dem BR in München: Die Polizei ermittle derzeit die Hintergründe - es liege natürlich der Verdacht nahe, dass es sich um ausländerfeindliche Anschläge handele. Allerdings gebe es dafür noch keine konkreten Belege und bislang auch keine Ermittlungsergebnisse.

Ob und wie gut der private Sicherheitsdienst arbeite, der seit vergangener Nacht das Zelt bewachen sollte und den zweiten Anschlag dennoch nicht verhindern konnte, könne er nicht beurteilen, so der Innenminister. Ab sofort werde das Zelt aber bis auf Weiteres rund um die Uhr von der Polizei bewacht. Man sei mit den Städten und Landkreisen ständig in Kontakt, um neue Kapazitäten für Geflüchtete zu schaffen und habe in vielen staatlichen Unterkünften auch private Sicherheitsdienste. Es sei aber dringend nötig, so Herrmann, dass die Bundesregierung versuche, den Flüchtlingszugang stärker zu begrenzen.

War es eine extremistische Tat?

Da eine extremistische Tat nicht ausgeschlossen werden kann, hat jetzt die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) der Generalstaatsanwaltschaft Bayern die Ermittlungen übernommen. Gemeinsam mit der Kripo Landshut wurde eine Ermittlungsgruppe eingerichtet, Spuren wurden am Vormittag gesichert. Wie Günter Tomaschko, Sprecher des Polizeipräsidiums Niederbayern, dem BR sagte, wird angesichts der Brandanschläge nicht nur die Polizeipräsenz rund um das Bierzelt erhöht, sondern im gesamten Landkreis – zudem werde es verstärkt Kontrollen geben.

Zum zweiten Mal innerhalb von 2 Tagen hat es einen Brandanschlag auf ein Zelt für Geflüchtete gegeben.
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Zum zweiten Mal innerhalb von 2 Tagen hat es einen Brandanschlag auf ein Zelt für Geflüchtete gegeben.

Flüchtlingsunterbringung "notwendige humanitäre Hilfe"

Der Landrat von Dingolfing-Landau, Werner Bumeder (CSU), verurteilt die Vorfälle, wie er in einem Video-Statement deutlich machte: "Die Dimension, die der Hass – aus meiner Sicht einiger weniger – auf Flüchtlinge und Asylbewerber nun erreicht hat, erschüttert mich." Die Taten seien für Bumeder ein Angriff auf die Menschlichkeit. Weiter appelliert der Landrat an die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis, menschlich zu bleiben und Verständnis für diese außergewöhnliche Situation aufzubringen: "Bei allen Sorgen, die Sie im Zusammenhang mit der Flüchtlingswelle haben, sehen Sie die Unterbringung von Kriegsflüchtlingen bitte als notwendige humanitäre Hilfe."

Auch die lokale Bundestagsabgeordnete Marlene Schönberger (Die Grünen), zeigte sich von ihrem Besuch des Zelts nach der Brandlegung bestürzt, wie es in einer Mitteilung heißt: "Die Brandanschläge sind zutiefst verachtenswerte Taten, getrieben von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus."

Unverständnis und Angst bei den Anwohnern nach dem Anschlag

Die erneute Brandlegung sorgt bei Anwohnern, wie Daniela Schwaiger, ebenfalls für Unverständnis: "Das ist nur schlimm." Doch sie empfindet auch Unsicherheit, wie sie im BR-Interview sagte: "Man hat richtig Angst, ich wohne ein paar Meter entfernt. Abends fragt man sich: Kommt jemand, brennt wieder etwas, ist wieder irgendwas? Es ist ein ungutes Gefühl, man fragt sich: Kommen sie auch zu uns, legen sie wieder Feuer?"

Generell sorgt das Bierzelt als Notunterkunft in der Gemeinde auch für Unverständnis: Vom BR befragte Anwohner äußerten sich skeptisch zu dieser Lösung, vor allem bei den derzeit kalten Temperaturen und Schneefall. Wie es von der Regierung von Niederbayern auf BR-Anfrage heißt, seien die Gemeinschaftsunterkünfte sowie die dezentralen Unterkünfte in Niederbayern "nahezu vollständig ausgelastet". Derweil laufen die Aufbauarbeiten für die Notunterbringung im Bierzelt in Marklkofen weiter, aktuell wird der Boden im Zelt verlegt. Der Landkreis hält an der Unterkunft fest.

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Das Zelt von außen

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