Besuch von de Maizière Facebook soll mehr strafbare Inhalte löschen

Intelligente Software soll nach dem Willen von Bundesinnenminister de Maizière strafbare Inhalte bei Facebook aufspüren helfen. Kritiker sehen einen "Ausbau von Überwachungs- und Zensurinfrastrukturen".

Von: Florian Regensburger

Stand: 29.08.2016

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Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat am Vormittag das Berliner Facebook-Büro besucht. Neben Datenschutzfragen, bei denen de Maizière auf die Einhaltung der europäischen Regeln im Rahmen der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung pochte, ging es vor allem um die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden mit dem weltgrößten sozialen Netzwerk.

Filtern per Software

Thomas De Maizière (l.) mit Facebook-Zentraleuropa-Chef Martin Ott und Chef-Lobbyistin Eva-Maria Kirschsieper beim Rundgang. Bild: picture-alliance/dpa

Die Kooperation zwischen Facebook und dem Bundeskriminalamt bei der Aufklärung bereits begangener Straftaten klappe schon sehr gut, sagte der Minister in einer gemeinsamen Erklärung vor der Presse mit der Facebook-Chef-Lobbyistin für den deutschsprachigen Raum, Eva-Maria Kirschsieper.

Beim "Kampf gegen Terrorismus und gegen Hass und Gewalt im Internet" wolle er Facebook aber "ermuntern", noch mehr als bisher strafbare Inhalte wie islamistische Propaganda oder rechtsextreme Volksverhetzung auch ohne vorangegangene Beschwerden aus dem Netz zu nehmen. Er denke dabei an "innovative Softwarelösungen", die derartige Texte, Bilder oder Videos automatisch aufspüren und erkennen können - wie sie etwa im Kampf gegen Kinderpornografie erfolgreich eingesetzt werden.

Warnung vor automatisierter Zensur in privater Hand

Im Vorfeld des heutigen Treffens bei Facebook hatte das Blog netzpolitik.org vor derartigen "Upload-Filtern" gewarnt: De Maizière fördere mit seinen Ideen den "Ausbau der Überwachung und die Schaffung von unkontrollierbaren Zensurinfrastrukturen". Dies geschehe durch eine "privatisierte Rechtsdurchsetzung" im Rahmen von Kooperationen mit Plattformanbietern wie Facebook, welche damit selbsttätig rechtlich fragwürdige Inhalte löschen oder blockieren könnten.

Solche Programme, die zum Beispiel mit automatisch erzeugten Prüfsummen aus der digitalen Datengrundlage von Video- oder Bild-Dateien sowie mit automatisierter semantischer Textauswertung arbeiten, seien in ihren Beurteilungen bei Weitem nicht unfehlbar, schreibt Internet-Aktivist und netzpolitik.org-Blogger Markus Beckedahl.

Kampf gegen Extremismus soll Sache des Staates bleiben

Man kann davon ausgehen, dass "Upload-Filter" mit einer gewissen Regelmäßigkeit auch unbedenkliche und juristisch einwandfreie Inhalte als problematisch einstufen würden. Betroffen könnte zum Beispiel Satire sein, die sich in ihrer Wortwahl der Sprache der Auf-die-Schippe-Genommenen bedient, etwa aus dem rechtsradikalen Milieu, und dann von einem Upload-Filter fälschlicherweise als volksverhetzender Inhalt klassifiziert wird.

Der Kampf gegen Extremismus und Volksverhetzung in sozialen Medien müsse daher eine Sache des Staates bleiben und vielmehr etwa über eine personelle Aufstockung der Staatsanwaltschaften gesehen, so Beckedahl.

Facebook will seine Verantwortung wahrnehmen

Dass ein Upload-Filter, also ein Computerprogramm, selbsttätig und ohne menschliches Zutun vermeintlich strafbare Inhalte löscht, hat de Maizière zwar nun gar nicht gefordert: Zusammen mit "Juristen-Teams" sollten fragwürdige Texte, Fotos oder Videos nach einer Prüfung gegebenenfalls entfernt werden, erklärte der Innenminister - so dass die Veröffentlichung von problematischen Symbolen etwa zu Zwecken der Berichterstattung weiterhin möglich bleibe.

Nur: Juristen-Teams sind teuer - und noch hat Facebook nicht erklärt, für die genannten Zwecke eigens juristisches Personal ab- oder gar neu einzustellen. Immerhin sagte Facebook-Lobbyistin Kirschsieper, man sei sich der großen Verantwortung in diesen Fragen bewusst. Und man wolle "diese Verantwortung auch wahrnehmen".