Kommentar zur Ämterteilung bei der CSU "Längst nicht ausgemacht, ob das Experiment funktioniert"

Der Machtwechsel ist eingeleitet. Die CSU probiert es wieder einmal mit einer Doppelspitze. Mit dem Duo Horst Seehofer/Markus Söder werden zwei Lager in der Partei befriedet - aber es ist noch längst nicht ausgemacht, ob dieses Experiment funktioniert. Ein Kommentar

Von: Christian Nitsche, Chefredakteur und Leiter des Programmbereichs Aktuelles

Stand: 04.12.2017 | Archiv

Bild: BR/Lisa Hinder

Die beiden langjährigen Kontrahenten Seehofer-Söder müssen erst einmal beweisen, dass sie dazu fähig sind, als überzeugendes Team aufzutreten. Nur wenn aus ihrer politischen Koexistenz ein gemeinsamer Weg wird, hat die CSU die Chance, sich bei der Landtagswahl zu behaupten. Die Gräben, die beide zuschütten müssen, sind tief. Außerdem ist die Grundkonstellation denkbar ungünstig: Als Ministerpräsident müsste Söder sich im Landtagswahlkampf mit seiner Politik abheben von einer Berliner Koalition, in der Seehofer vermutlich Minister wäre. Jeder eigene Politikansatz aus München könnte so als Affront gegenüber Seehofer interpretiert werden. Der einzige Weg aus diesem Dilemma ist engste Abstimmung zwischen Seehofer und Söder. Zu einem solchen politischen Duett müssten sich beide aber in ihren Rollen neu erfinden.

Der Druck, genau dies zu tun, ist immens: Die CSU-Basis erwartet von Ihnen eine Verbrüderung, die Wahlen sichern soll. Selbst wenn sie dies hinbekommen, eine Einigkeit in der Partei ist damit nicht gesichert. Denn der Machtkampf Nummer zwei um den Parteivorsitz steht noch aus. Und hier stehen  gleich mehrere Anwärter in den Startlöchern. Der Abschied Seehofers auf Raten ist auch ein Machtspiel in mehreren Etappen. Mag sein, dass sich die CSU zusammenrauft, den internen Zwist herunterschluckt und sich ganz auf den Landtagswahlkampf konzentriert. Seehofer lässt man sicher zunächst den Parteivorsitz. Nach der Wahl im Herbst steht dann aber sofort wieder die Frage im Raum, wer ihm auf dieser Position nachfolgt. Söder dürfte ohne Frage Anspruch erheben, andere werden ihre Chancen ausloten. Bis sich die CSU wieder beruhigt, wird es dauern. Und ohne ein Landtagswahlergebnis über 40 Prozent, ist Ruhe ohnehin kaum vorstellbar. Die CSU steht vor einer historischen Belastungsprobe mit offenem Ausgang.