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Interview // TTR-Präsident Reto Lamm "Musik und Mode gehören auch dazu"

Als Snowboarder der ersten Stunde ist Reto Lamm Präsident der Ticket to Ride World Snowboardtour (TTR), einem Non-Profit-Netzwerk zur Ausrichtung von Contests. Für ihn gehört mehr zum Snowboarden als die reine sportliche Leistung.

Von: Katharina Kestler

Stand: 15.12.2011 | Archiv

Reto Lamm | Bild: TTR

Euer Vorschlag lautete: Vier Qualifikationsevents für Olympische Spiele richtet der Internationale Skiverband FIS aus, vier die TTR. Warum hat der Verband abgelehnt?

Es hieß, man will dort den Sport nicht so einfach aus der Hand geben, sondern sich langsam mit uns anfreunden. Wir dachten, es wäre eine gute Lösung, wenn wir einen Teil der Qualifikation machen und der Skiverband den anderen Teil. Das wurde abgelehnt. Jetzt stehen wir wieder da, wo wir schon vor zwölf Jahren waren, als Snowboarden in der Halfpipe olympisch wurde.

Laut Internationalem Skiverband ist die Organisation der Olympia-Qualifikation sehr komplex und nicht kurzfristig zu reformieren. Wie stehst Du dazu?

Das stimmt in gewissen Punkten, zum Beispiel im Bereich Antidoping und beim Judging, also der Bewertung der Sprünge durch Punktrichter. Aber keiner dieser Punkte ist für uns unlösbar. Wir haben extra eine Task Force organisiert, ein internationales Team von 10 bis 15 Leuten. Die haben die Situation durchrecherchiert und konkrete Lösungen auf den Tisch gelegt. Aber das hat keine Früchte getragen. Die FIS hat unseren Vorschlag ohne Begründung abgelehnt.

Wie geht's euch mit der Absage der FIS?

Ich bin als Snowboarder seit Tag eins des Sports dabei und habe zwölf Jahre lang bei Contests teilgenommen. Gemeinsam haben wir das alles aufgebaut, haben an das geglaubt und um den Sport eine ganze Kultur erschaffen. Wir haben unser ganzes Leben für unseren Sport gelebt, dass wir ihn jetzt abgeben müssen an Skifahrer, das verstehen wir nicht.

Zugegeben war die FIS ursprünglich ein reiner Skifahrerverband. Für Snowboardbelange sind dort jedoch ausschließlich Snowboarder zuständig.

Klar gibt es dort Leute, die derselben DNA entstammen wie wir. Man darf da keine Grenze ziehen. Das Problem besteht vielmehr auf Organisationsebene: Die Strukturen der FIS sind vor 70, 80 Jahren entstanden und darauf ausgelegt, den Sport zu kontrollieren. Im Gegensatz dazu wollen wir die Events verbessern und den Sport weiterentwickeln. Die FIS als internationaler Verband bedient viel mehr Sportarten als nur Snowboarden. Daher ist die Organisation weniger agil und kann weniger auf die Kultur des Sports eingehen. Dabei geht das doch Hand in Hand, Kultur und Sport. Da gehören Dinge dazu wie beispielsweise Musik, oder auch die Mode.

Passen Snowboarden und Olympische Spiele einfach nicht zusammen?

Diese Frage stellen wir uns täglich. Man könnte natürlich sagen: für uns ist Olympia irrelevant. Aber Olympische Spiele sind sehr wichtig, sie sind das Bindeglied zwischen Sport und Politik. Das IOC besteht aus sehr wichtigen Leuten, die viel politische Macht haben. Für uns wäre Olympia ein wichtiger Schritt, aber wir werden da strategisch ferngehalten.

Wie geht's jetzt weiter?

Ich weiß, dass sich das IOC verjüngen will und daher sehr an jungen Sportarten und unseren Konzepten interessiert ist. Das IOC hat kein Problem mit der TTR und deren Struktur. Das Problem tauchte auf, als man uns aufgetragen hat, mit dem Skiverband zu sprechen. Da sind die Türen zu. Wir kommen nicht weiter.


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