Dieses Polarlicht wurde im Oktober 2011 über Glonntal aufgenommen, als sich der Sonnenfleckenzyklus zuletzt seinem Höhepunkt näherte.
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Polarlichter in Bayern sind meist rot, manchmal auch grün und vor allem: Ausgesprochen selten zu sehen. Doch die Sonnenfleckenaktivität nimmt zu.

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Gute Polarlicht-Chancen in 2024 auch für Bayern

Eigentlich sind Polarlichter - oder Nordlichter - in Bayern eine absolute Ausnahme. Doch schon im vergangenen Jahr wurden sie mehrmals auch hier bei uns gesichtet. Das könnte 2024 wieder passieren, denn die Sonne erreicht ihr Aktivitätsmaximum.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Rot und grün schimmert es vor der sternenklaren Nacht, ein breites Band aus Farbe bewegt sich wie ein Vorhang im Wind – ein Polarlicht ist ein beeindruckendes Phänomen. Nordlicht wird es auch genannt oder Aurora borealis. Und es macht seinem Namen Ehre, denn meist sind Polarlichter nur rings um den Nordpol oder Südpol zu sehen.

Was sind Polarlicher?

Polarlichter entstehen in der Erdatmosphäre, doch ihr Auslöser ist 150 Millionen Kilometer weiter weg: Heftige magnetische Prozesse lösen an der Sonnenoberfläche Explosionen aus. In gewaltigen Eruptionen stößt die Sonne Plasma aus, das dann durchs Weltall saust: Ein Sonnensturm ist entfesselt.

Diese elektrisch geladenen Sonnenteilchen können auf die Erde treffen, die aber durch ihre Atmosphäre und ihr Magnetfeld vor ihnen geschützt wird. Als Folge malen die Sonnenteilchen zauberhafte Lichterscheinungen an den Himmel: Wenn die winzigen, aber hochenergetischen Teilchen auf die Atome und Moleküle der Erdatmosphäre treffen, regen sie diese zum Leuchten an: Stickstoffteilchen leuchten eher in blauen und violetten Tönen, atomarer Sauerstoff rot und molekularer Sauerstoff grün.

Warum sind Polarlichter in Bayern so selten und meist rot?

Das Erdmagnetfeld lenkt die geladenen Sonnenteilchen zu den Polen, daher sind die Polarlichter vor allem in deren Nähe zu sehen, bis zu den beiden Polarkreisen am Breitengrad 66,5 Grad Nord und Süd. In Europa betrifft das nur den äußersten Norden von Norwegen, Schweden und Finnland sowie Island. Nur sehr selten sind die auslösenden Sonnenstürme so stark, dass die Nordlichter auch weiter in den Süden reichen. Deutschland erstreckt sich zwischen dem 47. und 55. Breitengrad, Bayern reicht nur bis zum 50. Breitengrad Nord.

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Polarlichter-Vorhersage für den 4. Januar 2024 der NOAA. Grün entspricht einer geringen Wahrscheinlichkeit, hohe Chancen gäbe es bei roter Farbe.

Deswegen haben Polarlichter, die in Bayern auftauchen, eine ganz andere Farbe als die im hohen Norden, erklärt Wolfgang Steinbrecht vom Deutschen Wetterdienst (DWD), der in der Wetterstation auf dem Hohen Peißenberg im oberbayerischen Alpenvorland arbeitet: "Meistens sieht man bei uns in der Gegend, weil wir doch relativ weit weg sind von der Polarregion, Licht aus ungefähr 200 bis 300 Kilometern Höhe. Das kommt dann von [atomarem] Sauerstoff und ist rot. Was es auch noch häufig gibt, ist grünes Polarlicht. Das kommt von Sauerstoffmolekülen und das passiert in tieferen Höhen." In der Nähe der Pole sind die Lichter dagegen häufiger blau-violett, weil mehr Stickstoff von den Sonnenteilchen getroffen wird.

Warum könnten 2024 Polarlichter in Bayern auftauchen?

Sonnenstürme sind nicht immer gleich wahrscheinlich, sondern davon abhängig, wie aktiv die Sonne gerade ist. Die Sonnenaktivität folgt einem elfjährigen Rhythmus und ist an der Zahl der Sonnenflecken auf der Oberfläche der Sonne erkennbar: Je aktiver die magnetischen Prozesse im Sonneninneren sind, desto mehr und größere Sonnenflecken gibt es und desto häufiger brechen Sonnenstürme los.

Das letzte Maximum des Sonnenfleckenzyklus war 2012 und 2013, vor rund elf Jahren. Und schon 2023 zählten Forschende eine sehr hohe Zahl an Sonnenflecken. Das Maximum wird der Zyklus voraussichtlich in diesem Jahr erreichen, so die Vermutung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wie Steinbrecht: "Wir erwarten, dass die Sonne 2024 ziemlich aktiv ist. Und da haben wir gute Chancen, dass wir Polarlichter sehen."

Wie erfahre ich, wann genau Polarlichter zu sehen sind?

Polarlichter werden aber trotzdem so selten sein, dass Sie nicht einfach mal so drauf los zum Polarlichter-Gucken gehen können. Sie brauchen eine konkrete Vorhersage, dass ein starker Sonnensturm im Anmarsch ist. Doch die Weltall-Wettervorhersage ist schwierig. Der koronalen Massenauswurf, das Losbrechen des Sonnensturms, kann mit Sonnensonden wie SOHO beobachtet werden. Meist brauchen die Sonnenteilchen dann zwei, drei Tage von der Sonne bis zur Erde. Doch ob sie die Erde überhaupt treffen und in welcher Stärke, das lasse sich erst sehr kurzfristig sagen, bedauert Jens Berdermann vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR): "Das Problem ist, dass man zu Beginn des Ereignisses an der Sonne noch nicht weiß, ob die Erde getroffen wird. Es gibt einen Punkt zwischen Erde und Sonne, wo wir einen Satelliten mit Sonnenwindbeobachtungsinstrumenten haben. Aber leider 1,5 Millionen Kilometer entfernt, also nur noch der letzte kleine Teil. Und wir haben nur noch eine Vorhersagezeit, bis die Störung die Erdatmosphäre erreicht, von einer halben bis Dreiviertelstunde."

Es gibt einige Webseiten, die die Polarlicht-Wahrscheinlichkeit für verschiedene Regionen abschätzen [externe Links]:

Unter welchen Bedingungen kann ich Polarlichter am besten sehen?

Um das farbige, schimmernde Licht am Himmel gut sehen zu können, brauchen Sie vor allem eins: Dunkelheit. "Also wenn man Polarlichter sehen will, muss es Nacht sein, der Himmel muss dunkel sein. Und klar muss es auch sein, sonst sieht man nicht in die Höhen, in denen Polarlichter erscheinen," erklärt Steinbrecht vom DWD. Das ist auch der Grund, warum wir Polarlichter eher im Winterhalbjahr sehen: Die Nächte sind länger. Das hängt aber nicht mit der Sonnenaktivität zusammen: Häufiger sind Polarlichter im Winter nicht, nur besser zu sehen. Auch alle künstlichen Lichtquellen sollten Sie meiden, wenn Sie Polarlichter entdecken wollen.

Und stecken Sie Ihre Erwartungen nicht zu hoch: An Bayerns Nachthimmel werden Sie keine wirbelnden, wild tanzenden hellen Lichter sehen. Vielleicht müssen Sie sogar erst überlegen, ob das wirklich ein Polarlicht ist, was da über Ihnen schimmert. Denn meist sind Polarlichter bei uns eher zart.

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Diese Aufnahme eines Polarlichts über dem Walchensee am 5. November 2023 zeigt, wie zart das Phänomen in Bayern ausfallen kann.

Wohin muss ich schauen und was brauche ich, um Polarlichter zu sehen?

In erster Linie brauchen Sie eine gute Vorhersage, dass es überhaupt Chancen für ein Polarlicht in unseren Breiten gibt. Wählen Sie rechtzeitig einen guten Beobachtungsplatz, weitab von jedem Kunstlicht und mit Blickrichtung nach Norden. Erkundigen Sie sich, zu welcher Uhrzeit der Himmel wirklich nachtschwarz wird und ob auch der Mond an dem Abend nicht stört. Packen Sie sich warm ein, nehmen Sie sich heißen Tee und eine warme Decke mit.

Wenn Sie Fotos von den Polarlichtern machen wollen, brauchen Sie eine Kamera mit Stativ und einem Fernauslöser, bei der Sie lange Belichtungszeiten um die 20 Sekunden einstellen können. Das Equipment sollten Sie dann aber besser noch im Hellen aufbauen und testen.

Und sonst brauchen Sie nur noch Geduld - und sehr viel Glück, um Polarlichter zu sehen.

Während Polarlichter im hohen Norden alle Farben annehmen können, überwiegt bei uns in der Regel die Farbe Rot.
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In seltenen Fällen reichen Polarlichter bis nach Deutschland

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