Gehaltsunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland (Symbolbild).
Bildrechte: BR/Julia Müller

Zwischen Ost- und Westdeutschland klafft weiter eine große Lohnlücke.

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Fast 600 Euro weniger: Ost-West-Lohnlücke immer noch groß

Mehr als 30 Jahre nach der deutschen Einheit sind die Unterschiede beim Gehalt noch spürbar. So verdienen Arbeitnehmer im Osten im Schnitt fast 600 Euro weniger als im Westen. Die Linke im Bundestag sieht den Kanzler in der Pflicht, das zu ändern.

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Wer im Osten Deutschlands arbeitet, der verdient weniger - und das auch noch mehr als drei Jahrzehnte nach der deutschen Wiedervereinigung. Zwischen Ost und West kann die Lücke dabei durchschnittlich sogar mehrere hundert Euro betragen. Die Linke im Bundestag sieht Handlungsbedarf und hat nun den Kanzler aufgefordert, sich der Sache persönlich anzunehmen.

Im Schnitt 600 Euro mehr pro Monat im Westen

Sozialversicherungspflichtige Vollzeit-Arbeitnehmer in den neuen Ländern verdienen im Durchschnitt 3.157 Euro brutto pro Monat und damit fast 600 Euro weniger als ihre westdeutschen Kollegen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion hervor, aus der die Zeitungen der Funke-Mediengruppe zitieren. Damit liegt das durchschnittliche Lohnniveau im Westen rund ein Fünftel über dem im Osten.

In einzelnen Branchen ist die Lücke zum Teil noch deutlich massiver - besonders groß ist sie demnach in der Bekleidungsherstellung. Dort verdienen Ost-Beschäftigte im Schnitt 2.282 Euro brutto pro Monat. Der durchschnittliche Monatslohn im Westen liegt um mehr als 65 Prozent darüber. In der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen kommen Arbeitnehmer im Osten durchschnittlich auf ein Monatsentgelt von 3.757 Euro. Die Einkommen im Westen liegen um 42 Prozent höher.

Gründe liegen vor allem in Betriebsgrößen und Tarifbindung

In der Schifffahrt und im Maschinenbau beträgt das sogenannte Medianentgelt in den neuen Ländern 3.385 beziehungsweise 3.332 Euro. In den alten Ländern bekommen Beschäftigte dieser Branchen jeweils fast 40 Prozent mehr Geld. Die Bundesregierung beruft sich den Angaben zufolge in ihrer Antwort auf die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) mit dem Stichtag 31. Dezember 2022.

Ursächlich für die teils erheblichen Unterschiede dürften aus Sicht der BA unter anderem die Faktoren Betriebsgröße und Branchenstruktur sowie die Tarifbindung sein. Der Anteil der Beschäftigten in Betrieben mit 250 und mehr Mitarbeitern an allen Beschäftigten habe in Ostdeutschland mit 30,5 Prozent unter dem Anteil im Westen (37,3) gelegen. Auch die Tarifbindung im Osten sei deutlich niedriger.

Ingolstadt mit dem bundesweit höchsten Medianentgelt

Auf Länderebene reichte nach der BA-Statistik die Spanne in Westdeutschland von 4.127 Euro in Hamburg bis 3.385 Euro in Schleswig-Holstein und in Ostdeutschland von 3.806 Euro in Berlin bis 2.935 Euro in Mecklenburg-Vorpommern. Noch deutlicher zeigten sich Unterschiede in Kreisen und kreisfreien Städten: Das höchste Medianentgelt wurde im bayerischen Ingolstadt (5.282 Euro) erzielt, das Niedrigste im sächsischen Kreis Görlitz (2.650).

Linke im Bundestag will "Ostgipfel" mit dem Bundeskanzler

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, zeigte sich brüskiert. Die anhaltenden Lohnunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland seien eine "himmelschreiende Ungerechtigkeit", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Ostdeutsche Beschäftigte seien in vielen Bereichen immer noch "Arbeitnehmer zweiter Klasse".

Bartsch forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, sich der Sache anzunehmen: "Das Thema Lohnangleichung muss dringend Chefsache werden, wenn der Frust im Osten nicht überkochen soll." Scholz müsse einen "Ostgipfel" im Kanzleramt einberufen.

Hinweis zur Berechnung der BA-Statistik:

Der "Median" teilt die untersuchten Werte in zwei gleich große Gruppen und ist weniger anfällig für einzelne besonders hohe Werte als der Durchschnitt. Das Entgelt von 50 Prozent der Beschäftigten liegt also unterhalb des Medians, das der anderen Hälfte oberhalb. Mit diesem Mittelwert werden Ausreißer wie Gehälter von Großverdienern nicht berücksichtigt. Beim arithmetischen Mittel hingegen wird das Gesamteinkommen durch die Zahl der Vollzeitbeschäftigten geteilt, wodurch ein Millionengehalt statistisch gesehen viele geringere Gehälter ausgleichen kann.

Mit Material von AFP und dpa.

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