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Kann KI wirklich zu mehr Inklusion beitragen?

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Baut KI Barrieren ab - oder schafft sie neue?

Hilfe oder Hürde? KI-Werkzeuge können das Leben von Menschen mit Behinderungen erleichtern – etwa mit Chatbots oder Avataren. Gleichzeitig entstehen so neue Probleme. Wie kann künstliche Intelligenz zur Inklusion beitragen?

"Ich benutze KI sehr intensiv", erzählt Casey Kreer in der aktuellen Folge von "Der KI Podcast". Casey Kreer ist Mitte 20, wohnt in Dresden und ist von Geburt an sehbehindert. Die Programmiererin arbeitet als freiberufliche Beraterin für Barrierefreiheit und nutzt im Alltag KI-Tools, wie etwa generative Chatbots. "Ich kann zum Beispiel einfach fragen, wer in einer bestimmten Serie gerade eine Synchronrolle gesprochen hat", erzählt Kreer, früher hätte sie sich durch viele Wikipedia-Tabellen und Sprechkarteien arbeiten müssen. "Heute frage ein einfach ein Sprachmodell und bekomme die Information sofort", so Kreer.

Wann KI im Weg stehen kann

Bildbeschreibungen, Sprachmodelle für Web-Recherchen, aber auch das Klonen der eigenen Stimme: All diese KI-Werkzeuge können Menschen mit Behinderung den Alltag erleichtern und mehr Selbstständigkeit ermöglichen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Grenzen und potenzielle Nachteile zu bedenken: "Viele Lösungen funktionieren in vielen Situationen gar nicht oder haben für die Betroffenen oft keinen Mehrwert", kritisiert Casey Kreer.

Technische Lösungen statt grundlegender Inklusion

Ein weiterer Kritikpunkt: Der Fokus auf technische Lösungen, wie zum Beispiel Avatare für Gebärdensprache, vernachlässige grundlegendere Ansätze zur Inklusion – etwa die Ausbildung von realen Personen in Gebärdensprache und dass diese flächendeckend gefördert wird. So könne das Gefühl entstehen, dass Entscheidungen "über die Köpfe hinweg" getroffen werden.

Und dann gibt es noch ein Problem: KI kann auch bevormunden. "Zum Beispiel wollte ich eine Bildbeschreibung für einen Film, und da gab es eine blutüberströmte Szene und das Sprachmodell wollte das, aufgrund interner Restriktionen, nicht beschreiben", erzählt Casey Keer. Hier liegt laut der Programmiererin eine Gefahr: Nämlich, dass die KI den Betroffenen zu viele Möglichkeiten nimmt, sich zu informieren.

KI kann helfen – wenn sie smart eingesetzt wird

Trotz dieser Herausforderungen besteht in den Communitys die Hoffnung, dass KI Barrieren abbauen kann. Viele KI-Tools helfen – auch, wenn die Lösungen oft nicht perfekt sind.

"Klar kann es sein, dass ein per Hand erstellter Text ein bisschen besser ist", sagt beispielsweise Flora Geske, die ein Start-up leitet, das Texte in einfache Sprache übersetzt. "Aber es ist doch besser, wenn wir bei 80 Prozent Verständlichkeit herstellen können, als wenn wir bei als 0 Prozent bleiben", so Geske. Denn Texte manuell in einfache Sprache zu übersetzten, sei oftmals aufgrund der Flut von Texten gar nicht möglich.

KI ist hat also das Potenzial, um Barrieren abzubauen. Sie kann aber auch neue Barrieren schaffen oder vorhandene verstärken. Damit das nicht passiert, ist es vor allem wichtig, den Betroffenen zuzuhören. Nur dann kann Technologie wirklich smart sein – und allen dienen.

🎧 Wie schnell entwickelt sich KI weiter? Und welche Programme sind in meinem Alltag wirklich wichtig? Antworten auf diese und weitere Fragen diskutieren Gregor Schmalzried, Marie Kilg und Fritz Espenlaub jede Woche in "Der KI-Podcast" – dem neuen Podcast von BR24 und SWR.

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