Die Kurzvideo-App TikTok steht im Verdacht, ein Einfallstor für Datenüberwachung durch chinesische Stellen zu sein. Deshalb fordern Politiker wegen erheblicher Sicherheitsbedenken und wegen mangelnden Datenschutzes bei TikTok parteiübergreifend eine härtere Gangart gegen die chinesische Kurzvideo-App. "Sofern eine schärfere Regulierung nicht effizient umsetzbar ist, halte ich die Überlegung für ein grundsätzliches Verbot von TikTok für nötig", sagte der Vize-Vorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestags, Roderich Kiesewetter (CDU), dem "Handelsblatt" (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt).
Die App sei "eine Gefahr für unsere Demokratie" und ein wichtiges Instrument der hybriden Kriegsführung Chinas und Russlands. Sie werde nicht nur zur Verbreitung von Desinformation genutzt, sondern auch "gezielt zur Spionage und zum Datenabgriff". Für Beschäftigte staatlicher Einrichtungen und Behörden auf allen Ebenen – von der Bundesregierung bis zur Kommunalverwaltung "sollte die App auf dienstlichen Geräten verboten werden", meinte Kiesewetter.
TikTok-Verbot: Durchsetzbar oder nicht?
Der Vorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums sowie Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz plädierte gegenüber der Zeitung für die "Ausschöpfung aller regulatorischen Möglichkeiten". Ein Verbot hält er aber für schwer durchsetzbar. Besser sei eine klare Regulierung, sagte er mit Blick auf das EU-Gesetz für digitale Dienste (DSA). Es sieht vor, dass Onlineplattformen etwa Falschinformationen und "illegale Inhalte" wie Darstellungen von sexueller Gewalt schneller löschen müssen. Unter dem DSA hat die EU-Kommission bereits ein Verfahren gegen TikTok eröffnet.
Auch die SPD sieht Handlungsbedarf. Nach Meinung des Digitalexperten der Bundestagsfraktion, Jens Zimmermann, wäre es sinnvoll, wenn das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), "allgemeinverbindliche Verbote für die Nutzung in der Bundesverwaltung aussprechen könnte". Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner hält dem Blatt zufolge für Beschäftigte von Sicherheitsbehörden auch private Nutzungsbeschränkungen für nötig.
Sammeln chinesische Behörden mit TikTok Infos zu Benutzern?
Weltweit hat TikTok mehr als eine Milliarde Nutzerinnen und Nutzer, steht jedoch in der EU und in den USA unter verstärktem politischen Druck. Aus der Reihe international erfolgreicher Online-Plattformen sticht TikTok hervor, weil die App nicht aus den USA stammt.
Betreiber ist das Unternehmen Bytedance, das von Kritikern als chinesische Firma gesehen wird, selbst aber betont, zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren zu sein und den Firmensitz auf den Cayman-Inseln in der Karibik zu haben. Es gibt die Sorge, die App könne von chinesischen Behörden zum Sammeln von Informationen über Nutzer missbraucht werden. Regierungen mehrerer Länder sowie die EU-Kommission haben die Nutzung von TikTok auf Diensthandys untersagt.
Auch deutsche Parteien sind präsent auf TikTok
Andererseits bietet die Plattform Zugang zu einem riesigen Publikum, was auf bundespolitischer Ebene bisher vorwiegend von der AfD genutzt wird. Erst zu Beginn der Woche eröffnete Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen Account. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte kürzlich, dass die Regierung künftig auf TikTok präsent sein wolle.
TikTok drosselt Account von AfD-Politiker
Die Kurzvideo-Plattform TikTok hat vor kurzem die Reichweite des AfD-Spitzenpolitikers Maximilian Krah gedrosselt. Aufgrund wiederholter Verstöße gegen die Richtlinien der Plattform seien die Nutzer informiert worden, dass zukünftige Videos, die Krah poste, nicht für den "Für dich-Feed" empfohlen werden können, sagte eine Sprecherin des chinesischen Konzerns am Dienstag auf Anfrage von dpa. Dies bedeutet, dass seine Videos nicht mehr an die Nutzer ausgespielt werden, die seinem Konto nicht folgen.
Krah, der auch AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl im Juni ist, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass seine Reichweite auf der Plattform gedrosselt wurde. Außerdem habe TikTok fünf Videos von ihm gesperrt – mit der Begründung sie enthielten "Hatespeech" (deutsch: Hassrede) und "hateful behaviour" (deutsch: hasserfülltes Verhalten).
Mit Informationen von dpa und AFP
Im Audio: TikTok drosselt Reichweite von AfD-Politiker Krah
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