E-Scooter liegen auf einem Gehweg und versperren den Weg (Archivbild)
Bildrechte: picture alliance/dpa | Rolf Vennenbernd

E-Scooter liegen auf einem Gehweg und versperren den Weg (Archivbild)

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Wie ökologisch sinnvoll sind E-Scooter in der Stadt?

Sie liegen als "Stolperfallen" auf Fußwegen, landen in Flüssen und verbrauchen Energie: E-Scooter haben bei vielen ein schlechtes Image. Und dass sie ökologisch nutzen, wird bezweifelt. Doch Untersuchungen zeigen: So schwarz-weiß ist das Bild nicht.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Sind elektrisch angetriebene Scooter ökologisch sinnvoll? Die Beantwortung dieser Frage beginnt mit einer recht banalen Erkenntnis: Wenn der Miet-Roller die Fahrt mit einem Diesel oder Benziner ersetzt, nützt es der Umwelt. Und wenn man den E-Scooter mietet, anstatt zu Fuß zu laufen oder Rad zu fahren, dann schadet er der Umwelt. Soweit sind sich Mobilitätsforscher einig. Doch dazwischen liegt ein großer Graubereich, in dem der E-Scooter in Konkurrenz zu Elektroautos oder dem ÖPNV steht.

  • Zum Artikel: Strengere Regeln? Wie Bayerns Städte mit E-Scootern umgehen

Wer warum welches Verkehrsmittel nutzt - darüber gibt es einige Untersuchungen, etwa aus der Unfallforschung der Versicherer. Der Tenor der Studien: Zwischen 50 und 60 Prozent aller E-Scooter-Fahrten ersetzen einen Fußweg oder eine Radfahrt. Etwa 30 Prozent hätten statt dem Scooter den ÖPNV genutzt. Und nur fünf bis acht Prozent nutzen den Scooter statt des Autos oder Taxis.

Wie schneiden E-Scooter im Vergleich ab?

Wie schneiden die Scooter also ökologisch ab, wenn man sich diese Nutzung vor Augen hält? Die ETH Zürich hat im vergangenen Jahr eine viel beachtete Studie veröffentlicht, in der E-Scooter mit Auto, ÖPNV, Fahrrad und Fußweg verglichen wurden. Mit einbezogen wurden dabei auch Aspekte wie die Herstellung, die Antriebsart (also Verbrenner oder elektrisch) bis hin zur Verteilung der E-Scooter in der Nacht mittels Kleintransportern.

Das Ergebnis: Gemietete E-Scooter stoßen im Schnitt mehr CO2 aus, als die Transportmittel, die sie ersetzen. Am stärksten ist dieser Effekt natürlich auf Kurzstrecken, wo viele ansonsten zu Fuß unterwegs wären. Doch auch auf einer Wegstrecke von drei Kilometern würden die E-Scooter mehr CO2 ausstoßen, als die Konkurrenz aus ÖPNV und Pkw.

Es kommt auf die Stadt an

Ist der E-Scooter also das schwarze Schaf der Mobilität? Es lohnt ein genauerer Blick. Die Studie wurde in Zürich durchgeführt, einer Region, in der viele den ÖPNV nutzen. Der Anteil privater Pkw-Fahrten ist dagegen in den vergangenen Jahren stetig gesunken, so die Autoren der Studie. Viele sind zu Fuß unterwegs. Auch darauf weisen die Autoren hin.

Anders gesagt: Ob E-Scooter ökologisch sinnvoll sind oder nicht, kann von Stadt zu Stadt unterschiedlich sein. Das zeigt zum Beispiel eine zuletzt veröffentlichte Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung, für die in Berlin, Düsseldorf, Stockholm, Paris, Melbourne und Seattle Nutzer des E-Scooter-Anbieters "Lime" befragt wurden. Apropos Paris: Dort haben die Bürger im April mit großer Mehrheit, aber bei schwacher Beteiligung, für ein Verbot des E-Scooter-Verleihs gestimmt. Bis zum 1. September sollen die E-Roller nun aus dem Stadtbild verschwinden.

Experten: E-Scooter können Netto-CO2-Ausstoß in Städten verringern

Am größten war der ökologische Nutzen der E-Scooter in Melbourne und Seattle. Das liegt vor allem daran, dass in diesen beiden Städten die E-Scooter viele Fahrten mit dem Taxi oder Uber ersetzten, gleichzeitig aber wenige Fahrten mit dem ÖPNV. Doch auch in Berlin und Düsseldorf hätten die Miet-Roller einen positiven Effekt. Es zeige sich, "dass die neueste Generation geteilter E-Scooter und E-Bikes dazu in der Lage ist, den Netto-Treibhausgasausstoß in den untersuchten Städten zu verringern", so die Autoren der Studie.

Zusammengefasst: Je besser der ÖPNV ist (idealerweise betrieben mit Ökostrom), je mehr Fußgänger und Radfahrer es gibt, desto weniger Sinn machen E-Scooter. Ist der ÖPNV dagegen schlecht, fahren viele mit Auto oder Taxi, bringen E-Scooter vergleichsweise viel.

Wie lange ein E-Scooter gefahren wird

Dass die Forscher in diesem Zusammenhang auch die "neueste Generation" der Scooter thematisieren, kommt nicht von ungefähr. Waren die Miet-Roller zur Markteinführung 2019 im Schnitt oft nur einige Monate im Einsatz, sind es heute bis zu fünf Jahre.

Die Angaben stammen in der Regel von den Herstellern selbst. Doch auch Forscher gehen inzwischen davon aus, dass E-Scooter heute drei bis vier Jahren auf den Straßen unterwegs sind. Das ist wichtig, da die Herstellung einen wesentlichen Anteil an der CO2-Bilanz eines Rollers hat.

Zudem könnten durch den Austausch von Akkus und Komponenten "die Sammel- und Reparaturfahrten reduziert werden", so das Umweltbundesamt. Deshalb ist es auch schwierig, den ökologischen Nutzen der Scooter mit älteren Studien zu beantworten, da diese oft auf den alten Scooter-Modellen fußen.

Wo E-Scooter den größten Nutzen haben

"Wenn man auf den CO2-Ausstoß blickt, sind die E-Scooter eigentlich unbedenklich. Sie schaden nicht, nützen in diesem Bereich aber auch recht wenig", so das Fazit von Professor Semih Severengiz von der Hochschule Bochum. Er befasst sich schon seit mehreren Jahren mit der Ökobilanz der E-Scooter.

Für Severengiz haben die Scooter in den Stadtrandgebieten den größten Nutzen, wenn sie es den Menschen ermöglichen, schnell und vor allem ohne das Auto zur U-Bahn oder Tramstation zu kommen. In diesem Bereich könnten die Elektro-Roller einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende leisten. Severengiz kann daher auch nicht verstehen, warum die E-Scooter nicht auch ins 49-Euro-Ticket mit einbezogen wurden: "Alle Verleih-Fahrradkonzepte werden auch von Kommunen finanziert."

Welche Vorteile ein Mobilitätsforscher bei E-Scootern sieht

Den größten Nutzen hätten die Scooter aber hinsichtlich ihres geringen Platzverbrauchs in den Innenstädten meint der Mobilitätsforscher. "Der öffentliche Raum ist unendlich kostbar", sagt Severengiz. Beispielsweise, wenn es um mehr Grün in den Städten geht. Deshalb seien die kompakten E-Scooter ein Gewinn, da sie kaum Platz beanspruchten.

Dass immer mehr Städte wie zuletzt etwa Augsburg eigene Parkzonen für die Roller ausweisen, sieht er deshalb positiv: "Die Akzeptanz wird durch die Parkflächen eher steigen. Die Abstellflächen sollten aber Auto-Parkflächen ersetzen und keine Fläche für Fußgänger und Radfahrer wegnehmen." Und: Lärm würden die E-Scooter auch keinen machen.

  • Zum Artikel: Abstellchaos bei E-Scootern: Was Bayerns Städte dagegen tun

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!