Zahlreiche Waffen, die von der Polizei bei einer Wohnungsauflösung gefunden wurden.
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Schusswaffen: Besitzer in Bayern nur alle 23 Jahre kontrolliert

Schusswaffen: Besitzer in Bayern nur alle 23 Jahre kontrolliert

Besitzer von Schusswaffen werden nur sehr selten kontrolliert. Das ergibt eine Umfrage des BR-Politikmagazins Kontrovers unter Landkreisen und Städten. Corona hat die Situation weiter verschärft - Innenminister Herrmann sieht Handlungsbedarf.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Die Gewehre des Jägers hängen in einem Waffenraum an der Wand. Seit 25 Jahren schon. Dierk Sommermann, Waffenkontrolleur in Dachau, ist zur Kontrolle gekommen. Und er ist der Erste, der nach langer Zeit bei dem Jäger die gesetzlichen Vorgaben überprüft. Sind alle Waffen da? Keine zu viel, keine zu wenig? Hat niemand außer dem Besitzer Zugriff? Es sind wichtige Punkte, die Sommermann hier kontrollieren muss. Begleitet von Reporterinnen und Reportern für die Kontrovers-Story.

Kontrollen im Schnitt alle 23 Jahre

Zuständig für die Aufbewahrungskontrollen sind die Kommunen. Der Landkreis Dachau führte 2019 genau 104 Kontrollen durch, bei 2.425 gemeldeten Waffenbesitzkarten entspricht das einer Quote von 4,3 Prozent. Die Kontrolle des Bestands würde so Jahrzehnte dauern, wie auch im gesamten Freistaat. Die Autoren der Kontrovers-Story haben alle 96 Landkreise und Städte einzeln zu ihrer Kontrollpraxis befragt. Von 89 kam eine vollständige Rückmeldung für die Auswertung. Demnach fanden im Jahr 2019 insgesamt 9.243 Kontrollen statt. Bei der Gesamtzahl von 216.885 Waffenbesitzkarteninhabern in diesen Kreisen oder Städten heißt das, dass diese im Schnitt nur alle 23 Jahre mit einer Kontrolle rechnen müssen. Vorausgesetzt die Landratsämter kontrollieren weiter so wie im Jahr 2019.

Innenminister Herrmann sieht Änderungsbedarf

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) räumt gegenüber dem BR-Politikmagazin Kontrovers ein: Alle 23 Jahre sei "nicht zufriedenstellend". Man werde das jetzt noch mal überprüfen "und Hinweise darauf geben, dass eine entsprechende Kontrollpraxis erfolgen muss."

Die Fraktionschefin der Grünen im Landtag, Katharina Schulze, sagte mit Blick auf die Zahlen, dies sei "nicht hinnehmbar". Das Waffengesetz müsse konsequent angewendet werden und dazu gehöre auch, dass regelmäßig kontrolliert werde. Waffenbesitzkarten sind Voraussetzung für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen. Die Landkreise und kreisfreien Städte kontrollieren die sichere Aufbewahrung von Waffen und Munition.

Die Erhebung des BR zeigt weiter: Die Corona-Pandemie hat die Situation noch mal deutlich verschärft. Von 2019 auf 2020 gingen die Kontrollen um mehr als die Hälfte auf 4.162 zurück. 21 Behörden haben im Pandemie-Jahr keine Kontrollen durchgeführt. Seitdem hat sich die Lage kaum verändert: Stand Juli 2021 kontrollieren 39 Prozent der Behörden immer noch nicht.

Kommunen beklagen Personalmangel in Waffenbehörden

Die Unterschiede zwischen den Landratsämtern waren dabei auch schon vor Corona enorm: Die Unterschiede zwischen den Landratsämtern waren dabei auch schon vor Corona enorm: Während Bamberg angibt, 44 Prozent seiner Waffenbesitzkarteninhaber innerhalb des Jahres 2019 überprüft zu haben, haben die Städte Aschaffenburg und Ansbach sowie der Landkreis Oberallgäu 2019 gar nicht kontrolliert. Die entsprechenden Kommunen begründen dies mit Personalmangel, Umstrukturierungen in den Behörden und Zusatzarbeit durch Änderungen im Waffenrecht. Tatsächlich geben mehrere Landkreise und kreisfreie Städte auf BR-Anfrage an, derzeit nicht einmal eine Vollzeitstelle in ihrer Waffenbehörde zu haben.

Grünen-Fraktionschefin Schulze fordert Konsequenzen. Die Behörden bräuchten mehr Personal, denn es gebe keine effektive Kontrolle: "All das, was das Gesetz eigentlich will, vollzieht der Freistaat Bayern in diesem Fall nicht". Innenminister Herrmann betont allerdings: Es sei Sache des Landrats und des Oberbürgermeisters, wofür dieser seine Personalien einsetze. Das Ministerium werde die Kommunen darauf hinweisen, dass eine entsprechende Personalausstattung erfolgen müsse. "Ich glaube, dass jeder Landrat weiß, wie wichtig dieses Thema ist", so Herrmann.

*Anmerkung: in einer früheren Version des Artikel wurden fälschlicherweise statt der Stadt Aschaffenburg und Stadt Ansbach die entsprechenden Landkreise genannt. Wir bitten dies zu entschuldigen."

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