Die Figurengruppe vor dem Dom zeigt Bischof Ulrich zu Pferd auf dem Lechfeld, umrahmt von den beiden Bistumsheiligen Simpert und Afra.
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Zwei Missbrauchsbeauftragte des Bistums Augsburg haben ihren Rücktritt angekündigt.

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Missbrauchsbeauftragten-Kritik – Bistum verweist auf Datenschutz

Zwei Missbrauchsbeauftragte des Bistums Augsburg legen zum Ende des Monats ihre Arbeit nieder. Dem katholischen Bischof Meier werfen sie mangelnden Aufklärungswillen vor. Das Bistum reagiert mit einem Verweis auf bindende Datenschutzvorgaben.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Scharfe Kritik am Aufklärungswillen von Augsburgs Bischof Bertram Meier kommt von zwei der drei Missbrauchsbeauftragten des Bistums. Sie werfen Meier mangelndes Interesse an der Aufklärung von Fällen vor. Die Psychologin Angelika Hauser und der Psychologe Rupert Membarth wollen deshalb zum Ende des Monats ihre Arbeit niederlegen.

Psychologin attackiert Bischof

Das Rücktrittsschreiben von Angelika Hauser liegt dem BR vor. "Leider habe ich bis heute nicht erkennen können, dass die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Bistum Augsburg, die Sie, Herr Bischof einmal als eine 'Herzensangelegenheit' bezeichneten, mit der notwendigen Ernsthaftigkeit und echtem Aufklärungswillen betrieben wird", schreibt die Psychologin.

Streit um Akteneinsicht durch die Missbrauchsbeauftragten

Ein zentraler Kritikpunkt: Das Bistum habe die Akteneinsicht zu Beschuldigten vor etwa einem halben Jahr beschränkt: "Wir erhielten vom Ordinariatskanzler per Mail die Information, die uns den Einblick in die Personalakten von beschuldigten Klerikern untersagte. Fortan sollte dies nur noch mittelbar über den Interventionsbeauftragten geschehen", schreibt Hauser. Dem Bistum sei daraufhin mitgeteilt worden, dass dieses Vorgehen "aufgrund der besonderen Bedeutung der persönlichen Akteneinsicht" nicht hinnehmbar sei. Das Bistum habe jedoch nicht darauf reagiert.

Bistum Augsburg verweist auf Datenschutzvorgaben

Das Bistum teilte als Reaktion auf die Vorwürfe mit, Ansprechpersonen sei umfassende Aktenauskunft erteilt worden. In einer öffentlichen Stellungnahme betont das Bistum allerdings: Seit dem 1. Januar 2022 müsse man streng zwischen Aktenauskunft und Akteneinsicht trennen. Neue datenschutzrechtliche Hürden beträfen dabei nicht allein das Bistum Augsburg, sondern alle deutschen Bistümer. Grundsätzlich sei man auf die Erteilung von Auskünften beschränkt. Ob und wie diese Trennung zwischen Einsicht und Auskunft auch von den anderen Bistümern praktiziert werde, entziehe sich dabei der Kenntnis des Bistums Augsburg. Zunächst hatte die "Augsburger Allgemeine" über die Vorwürfe berichtet (Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt).

Hauser vermisst Austausch mit Augsburger Generalvikar

Hauser beklagt in ihrem Schreiben außerdem, dass die Zusammenarbeit mit dem Augsburger Generalvikar ausgebremst worden sei: "Ich hatte bereits in meinem letzten Schreiben darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig es für eine zielführende Arbeit wäre, einen engen und regelmäßigen Austausch mit dem Generalvikar (und in besonderen Fällen auch dem Bischof) zu haben bezüglich der aktuell zu bearbeitenden Fälle und dem Umgang des Bistums mit den Beschuldigten", schreibt die Psychologin. Dies sei in vielen Bistümern selbstverständlich, etwa im Bistum München-Freising.

Missbrauchsbeauftragte beklagt Zurückhaltung des Bistums Augsburg

Auch wenn es in einer Gemeinde mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Betroffene sexueller Übergriffe gab, war das Bistum Augsburg aus Sicht Hausers weitaus zurückhaltender als andere Bistümer. In anderen Bistümern seien in solchen Fällen öffentliche Aufrufe üblich – sprich, dass Betroffene öffentlich ermuntert werden, sich zu melden. Im Bistum Augsburg sei dies jedoch "nicht gewollt". "Das Argument auch hier: Datenschutz."

Der letzte Kritikpunkt: Missbrauch durch schon verstorbene Kleriker werde nicht klar und vor allem nicht öffentlich benannt, kritisiert die bisherige Missbrauchsbeauftragte – mit dem Tenor: Man darf jetzt nicht noch posthum den Ruf der Person beschädigen. Das, kritisiert Hauser, würde die Opfer ein zweites Mal traumatisieren.

Bistum Augsburg weist Kritik zurück

Das Bistum Augsburg sieht sich unterdessen zu Unrecht in der Kritik. Die Kommunikationskanäle zum Beauftragten des Generalvikars für besondere Aufgaben hätten jederzeit offen gestanden. Zudem habe die Unabhängige Aufarbeitungskommission eine Missbrauchsstudie für das Bistum Augsburg in Auftrag gegeben, mit "konkretem Zuschnitt" auf die Opfer. Dies gehe auf die Wünsche des Unabhängigen Betroffenenbeirats in Augsburg zurück. "Der Bischof von Augsburg hat diesbezüglich keinerlei Vorgaben gemacht, da er die Unabhängigkeit der Aufarbeitungskommission und des Betroffenenbeirates respektiert", teilte das Bistum schriftlich mit.

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