Joachim Herrmann, bayerischer Innenminister, im Kontrovers-Interview.
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Joachim Herrmann, Bayerns Minister des Innern, für Sport und Integration (CSU) im Kontrovers Interview.

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Herrmann: Bund kommuniziert zu wenig mit den Ländern

Herrmann: Bund kommuniziert zu wenig mit den Ländern

Bayerns Innenminister kritisiert im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers den Bund scharf für internationale Zusagen zur Aufnahme von Geflüchteten. Dies geschehe im Alleingang ohne eine Abstimmung mit den Ländern.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Die Zahl der Asylbewerber in Bayern aus Staaten außerhalb der EU ist in den letzten Monaten wieder gestiegen. Viele Kommunen in Bayern sind bereits jetzt nahezu voll ausgelastet, mancherorts gibt es keinen Platz mehr für neue Geflüchtete. Herrmann kritisiert den Bund nun scharf für seinen derzeitigen Kurs: "Der Bund macht internationale Zusagen, ohne ein einziges Mal mit den Ländern zu reden. Das heißt, wir erfahren zum Teil aus der Presse oder durch ein Rundschreiben aus dem Bundesinnenministerium, dass zugesagt worden ist, soundso viele Flüchtlinge aus Afghanistan aufzunehmen. Oder, dass in Brüssel zugesagt worden ist, soundso viele Flüchtlinge aus anderen europäischen Ländern aufzunehmen", sagt Herrmann im Kontrovers-Interview. "Es wird einfach irgendetwas verkündet und dann sollen die Länder schauen, wie sie damit zurechtkommen."

Hinzu kommt, dass der Freistaat seit Jahresbeginn ca. 150.000 Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen habe. "Darauf war niemand vorbereitet. Aber wir haben das geschafft mit einer großartigen Kraftanstrengung der Städte und Landkreise und dank vieler Ehrenamtlicher. Viele Flüchtlinge sind auch privat untergekommen."

Bund-Länder-Abkommen lässt auf sich warten

Der bayerische Innenminister betont, dass es ihm darum gehe, für die Verteilung der Flüchtlinge faire, internationale Lösungen zu finden. "Es geht nicht in diesem Kommando-Ton, dass die Bundesregierung irgendwas irgendwo beschließt."

Herrmann habe beispielsweise die Zusage, mehrere tausend Ortskräfte aus Afghanistan aufzunehmen, immer hundertprozentig unterstützt. "Und dann kommt von heute auf morgen, dass die Bundesregierung jetzt beschlossen hat, darüber hinaus noch einmal mehrere tausend Afghanen aufzunehmen. So kann man miteinander nicht umgehen. Erstens, nicht ohne miteinander zu reden. Und zweitens, nicht ohne dass der Bund irgendetwas dazuzahlt, sondern nur die Länder kommandiert, was sie jetzt zu tun haben."

Ein Abkommen zwischen der alten Bundesregierung und den Bundesländern sei zum Jahreswechsel ausgelaufen. Darin sei festgelegt gewesen, dass sich der Bund erheblich an den Kosten der Länder und Kommunen beteiligen würde. "Seit dem 1. Januar werden wir nun von Monat zu Monat von der neuen Bundesregierung vertröstet“, so Herrmann. "Wir werden in Bayern allein in diesem Jahr Kosten für die Asylbewerber und für die Flüchtlinge von weit über einer Milliarde Euro haben."

Geflüchtete sind nicht gleichgestellt

Im Unterschied zu Geflüchteten aus der Ukraine dürfen Asylbewerber aus Syrien oder Afghanistan hierzulande erst nach abgeschlossenem Asylverfahren einer Arbeit nachgehen. Dazu erklärt Herrmann in Kontrovers: "Wir haben einen klaren rechtlichen Unterschied. Die Europäische Union hat einhellig entschieden, dass alle ukrainischen Flüchtling unmittelbar – allein aufgrund der Tatsache, dass sie einen ukrainischen Pass haben – seit Kriegsbeginn in die EU einreisen können und sich hier entsprechend aufhalten dürfen und dann auch sofort arbeiten dürfen", so Herrmann.

Diese Regelung gilt für Asylbewerber aus anderen Ländern nicht – sie müssen weiterhin einen Asylantrag stellen. Erst wenn der Anspruch vom Bundesamt überprüft und anerkannt worden ist, dürften sie "selbstverständlich" ab dem Tag ihrer Anerkennung hier auch arbeiten. "Andere, die aber definitiv nicht anerkannt werden, haben in der Regel unser Land wieder zu verlassen. Das gilt für ganz Europa," stellt der bayerische Innenminister im Interview mit Kontrovers klar.

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