Eine Flasche alkoholfreies Augustiner-Bier
Bildrechte: picture alliance / SZ Photo | Stephan Rumpf

Oft ausverkauft: das alkoholfreie Augustiner

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Asketischer Genuss - Alkoholfreies Bier boomt

Mit ihrem neuen Alkoholfreien hat die Augustiner-Brauerei einen Boom entfacht. Auch außerhalb Münchens wird Bier und Wein ohne Alkohol beliebter. Was verrät das über unser Verhältnis zum Genuss?

Über dieses Thema berichtet: Die Welt am Morgen am .

Mareike Hasenbeck hat es schon probiert, das neue alkoholfreie Helle der Münchner Traditionsbrauerei Augustiner mit ihrer fast 700-jährigen Geschichte. Aber als dann ihre Freunde aus Hamburg auch probieren wollten, war das neue Bier nicht lieferbar: "Ich war jetzt schon viermal oder so beim Getränkemarkt, jedes Mal war es nicht da. Gestern habe ich es tatsächlich bekommen und der Getränkemarkt-Mitarbeiter hat gesagt: Das gibt es einfach nicht, wie die Leute ihm das aus der Hand reißen."

Statistik belegt Boom bei alkoholfreien Bieren

Hasenbeck trinkt von Berufs wegen Bier. Die Ayingerin ist Biersommelière, also sozusagen sensorische Sachverständige für Gerstensaft. Zudem ist Hasenbeck Bierbuch-Autorin und Journalistin. Dass die Leute den Verkäufern ausgerechnet alkoholfreies Bier aus den Händen reißen, überrascht vielleicht doch die eine oder den anderen. Hasenbeck weiß wieso: "Ich bin der Meinung, dass Alkohol einfach nicht mehr attraktiv ist, überwiegend für die jungen Leute. Hinzu kommt, dass gerade so ein Fitness-Boom herrscht. Und da ist natürlich Alkohol nicht gerade vorteilhaft."

Das Statistische Bundesamt bestätigt den Boom: Während der Absatz alkoholhaltiger Biere rückläufig ist, stieg der Absatz von alkoholfreiem Bier deutlich an. Laut Deutschem Brauer-Bund machen alkoholfreie Biere mittlerweile rund acht Prozent des deutschen Biermarktes aus. Vor zehn Jahren waren es rund fünf Prozent.

Verzicht- gegen Dröhnkultur

Gunther Hirschfelder, Kulturwissenschaftler an der Uni Regensburg, hat ein Buch über Bier geschrieben. Er hat eine tiefere Erklärung für den Wunsch nach Fitness: "Wir haben bei einem Teil einer urbanen, jüngeren Gesellschaft, die eher optimistisch in die Zukunft blickt, eine Abkehr vom Alkohol und eine Vorbereitung auf ein schwieriges Leben. Dazu ist Fitness notwendig, und wir haben eben bei einem Teil der Bevölkerung auch eine sich verschärfende Drogen- und Alkoholproblematik, also auf der einen Seite eine Dröhnkultur kann man fast sagen, und auf der anderen Seite dieser freiwillige Verzicht."

Hirschfelder erinnert sich an seine Studienzeit in Bonn. Andere Zeiten, wie er meint: "In den 80er-Jahren war es gang und gäbe, nicht zur Uni zu kommen. Auch, wenn man ein Praktikum bei den Medien gemacht hat, konnte man morgens sagen: Leute, lasst mich in Ruhe, ich habe gestern ein bisschen über die Stränge geschlagen. Das passiert heute vor allem in der Arbeitswelt eigentlich kaum noch. Man kann es sich unter den neuen Bedingungen des neoliberalen Arbeitsmarktes gar nicht mehr leisten."

Hauptsache, der Geschmack stimmt

Der Trend zum Alkoholfreien zeigt sich nicht nur bei Bier, sondern auch bei Wein und bei hochprozentigeren Getränken. Ein gesellschaftlicher Wandel? Hasenbeck meint: "Man muss sich einfach die Spirituosenbranche anschauen. Da gibt es inzwischen auch alkoholfreie Gins und alkoholfreie Whiskeys. Es ist schon eine große Bewegung, was da so gerade passiert." Vielleicht ist es ja einfach nur der verbesserte Geschmack, der die Leute zum alkoholfreien Bier treibt. Da merken viele auf den ersten Schluck gar nicht, dass der Alkohol fehlt.

Dieser Artikel ist erstmals am 9. Mai 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!