Problemwölfe sollen künftig leichter abgeschossen werden können.
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Problemwölfe sollen künftig leichter abgeschossen werden können.

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Schnellabschüsse von Problemwölfen sollen künftig möglich sein

Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat heute Vorschläge vorgestellt, wie Wölfe schneller geschossen werden können. Der Abschuss soll zeitlich und räumlich dort möglich sein, wo ein Wolf geschützte Tiere angegriffen hat.

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Weniger bürokratisch, schnell und unkompliziert abschießen. Das verspricht Bundesumweltministerin Steffi Lemke als Reaktion auf die steigende Anzahl an Wölfen in Deutschland. Der Wolf sei aus gutem Grund ein geschütztes Tier auf europäischer Ebene, sagte Lemke bei der Vorstellung ihrer Pläne in der Bundespressekonferenz. "Nichtsdestotrotz haben die Risse ein solches Ausmaß erreicht, dass wir reagieren müssen", so Lemke.

Ihr Vorschlag sieht vor, dass 21 Tage lang auf einen Wolf geschossen werden darf, der sich im Umkreis von 1.000 Metern um die Rissstelle aufhält. Voraussetzung: Der Wolf muss einen Herdenschutz überwunden haben. Anders als es bisher möglich war, soll der Abschuss zeitnah nach dem Riss erfolgen. Deshalb soll darauf verzichtet werden, das Ergebnis einer DNA-Probe abzuwarten. Das bedeutet: Es muss kein Analyseergebnis mehr vorliegen, das zweifelsfrei belegt, dass die Risse durch einen Wolf erfolgt sind. Ausreichend ist, dass ein sogenannter Rissgutachter den Tathergang untersucht und feststellt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Wolf im Spiel gewesen sein muss.

Bayerischer Bauernverband: Wolfsverordnung wurde gestärkt

Der Bayerische Bauernverband (BBV) reagiert positiv auf diese Vorschläge. BBV-Umweltpräsident Stefan Köhler erklärte, mit den Vorschlägen aus dem Bundesumweltministerium sei die Wolfsverordnung in Bayern gestärkt worden: "Jetzt gilt es, diese auch anzuwenden. So zum Beispiel in der Rhön, im Spessart und im Landkreis Eichstätt". Dort hat der Bayerische Bauernverband zuletzt einen Antrag auf Entnahme gestellt. Eine Entscheidung der Regierung von Oberbayern liegt noch nicht vor. Auch in Unterfranken sind Anträge auf Abschüsse gestellt worden, nachdem es in kurzem zeitlichem Abstand in den letzten Wochen zu zehn Rissereignissen gekommen war.

Dem Deutschen Bauernverband (DBV) gehen die Pläne jedoch nicht weit genug. In einer Pressemitteilung bezeichnete der Verband Lemkes Vorschlag als "unzureichend und nicht geeignet, die offensichtlichen Probleme für die Weidetierhaltung zu lösen". Der DBV fordert dagegen einen vorbeugenden Herdenschutz durch eine Reduzierung des Wolfsbestandes. Das sei aus Sicht des DBV unter EU-Recht auch möglich. Ähnlich äußerte sich auch die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU): "Wir brauchen bei der permanent wachsenden Wolfspopulation endlich eine echte Bestandsregelung." Naturschutzverbände, wie etwa der Naturschutzbund Deutschland (NABU), widersprechen dem.

Bund Naturschutz hat keine Bedenken

Generell haben die Naturschutzverbände wenig Bauchschmerzen mit den Vorschlägen der Bundesumweltministerin. Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) hält die vereinfachte Abschussgenehmigungen für Wölfe nach Rissen von geschützten Weidetieren für akzeptabel. BN-Wolfsexperte Uwe Friedel hält es für sinnvoll, eine zeitlich begrenzte Abschussgenehmigung unmittelbar am Schadensort zu erteilen. "Schadwölfe zieht es oft an den Ort des Risses zurück", erklärt er. Auch der Verzicht auf einen DNA-Nachweis als Abschussgrundlage sei akzeptabel, da durch den zeitlichen und engen räumlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit, den "richtigen" Wolf zu erwischen, sehr hoch sei, so Friedel weiter. Eine generelle Jagd auf Wölfe lehne der BN aber nach wie vor ab. Die Staatsregierung müsse Herdenschutzmaßnahmen wie Zäune oder Hunde besser fördern und unterstützen.

Naturschützer gegen generellen Abschuss

Ähnlich äußert sich auch der NABU: Präsident Jörg-Andreas Krüger unterstützt die Pläne, dass es keine pauschalen Abschussquoten, stattdessen aber vereinfachte Abschüsse geben soll. "Es geht um berechtigte Einzelfälle, in denen kein milderes Mittel vorhanden ist", so Krüger. Und auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt den Vorschlag der Bundesumweltministerin. Tiere müssten aus den Ställen raus und auf die Weiden kommen, es sei wichtig eine Koexistenz zwischen Weidehaltung und Wolf hinzubekommen, ein Ausspielen des einen gegen das andere dürfe es nicht geben. Und selbst der Deutsche Tierschutzbund spricht von einem zwar aus Tierschutzsicht schmerzhaften, aber lösungsorientierten Kompromiss.

Umweltminister der Länder sollen Pläne beschließen

Die Vorschläge des Bundesumweltministeriums sollen bei der nächsten Umweltministerkonferenz im November beraten und beschlossen werden. Die praktische Umsetzung würde dann bei den Ländern liegen. Das bedeutet: Die einzelnen Bundesländer können konkret definieren, unter welchen Voraussetzungen die Regelung gelten soll. Umweltministerin Lemke betont, dass die Schnellabschüsse nur dort möglich sein sollen, wo es gehäuft zu Rissen an Weidetieren kommt, die durch einen sogenannten Grundschutz, also einen wolfsabweisenden Zaun mit ausreichender Stromspannung, gesichert waren.

Abschüsse ohne Anlass soll es nicht geben, das sei auch nicht mit dem Grund- und dem Tierschutzgesetz vereinbar, so die Ministerin weiter. Damit erteilt sie Forderungen nach wolfsfreien Zonen eindeutig eine Absage. Parallel arbeite sie mit den Ländern an begleitenden Maßnahmen wie zum Beispiel der Erstellung von Musterbescheiden, die den Genehmigungsprozess in den Länderverwaltungen erheblich vereinfachen und entbürokratisieren sollen. Zusammen mit der Schnellabschuss-Regelung sei das eine gute Grundlage für ein effektives und regionales Wolfsmanagement, "bei dem Probleme schnell angegangen werden können, ohne die Regelungen des europäischen Artenschutzes zu verletzen", so die Ministerin weiter.

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