Tradition im Ausverkauf Billig-Dirndl: Schnäppchen oder Schmarrn?

Kurz vor dem Start der Wiesn sind die Läden voll mit ihnen: Billig-Dirndl, häufig in Fernost produziert und samt Bluse und Schürze für unter 50 Euro zu haben. Aber hat das noch was mit Tradition zu tun? Oder ist das Fasching?

Stand: 12.09.2016

Bild: picture-alliance/dpa

"Dirndl-Schnäppchen" steht auf den Schildern oder gleich "billig": Wenige Wochen vor dem Anstich auf der Münchner Theresienwiese bringen Händler die günstig produzierten Dirndl an die Oktoberfesttouristinnen aus aller Welt. Samt Schürze und Bluse gibt es das Dirndl dann schon für einen Preis, der im Trachtenladen bereits für eine Bluse verlangt wird.

"Zu dem Preis schafft das bei uns kein Schneider."

Annamirl Raab, Beauftragte für Trachtenpflege beim Bayerischen Trachtenverband

"Bei uns hat sich der Name 'Bier-Gwand' festgesetzt", sagt Annamirl Raab, Schneidermeisterin und Beauftragte für Trachtenpflege beim Bayerischen Trachtenverband. Klar, der Schnitt, die Form, all das sei schon an das klassische Dirndl angelehnt - aber sonst? "Das ist meistens so ein glänzender Polyesterstoff und die Verarbeitung ist billig", sagt Raab. Manchmal seien die Stoffe auch mit Schadstoffen belastet.

Mit einem richtigen, handgefertigten Dirndl hat diese Art "Kostüm" nur noch wenig zu tun. Ein Dirndl bei einer Schneiderin kostet etwa 500 bis 600 Euro - darin steckt aber auch mindestens eine, eher zwei Wochen Arbeit.

Durch die Billig-Dirndl wurde der Wiesn-Trend erst möglich

Teil der bayerischen Tradition sind diese Kleider wohl kaum - ebenso wenig wie der Trend, die Wiesn in Lederhose und Dirndl zu besuchen. Der hat sich erst in den vergangenen 15 Jahren etabliert. Die Käuferinnnen sind dann auch häufig Touristinnen, denen suggeriert wird, dass ein Dirndl - welcher Art auch immer - zum Oktoberfest dazugehöre.

"Es hätte nie funktioniert, dass so viele Menschen in Dirndl und Lederhosen auf die Wiesn gehen, wenn es nicht diese Billigkleider gäbe", sagt Raab. Sie selbst sei früher nie im Dirndl auf die Wiesn gegangen - "außer halt am Sonntag im Festgwand".

"Faschingskostüm" statt Tradition

Auch Nina Munz vom Münchner Trachtenausstatter Angermaier sieht die Plastikkleidchen eher kritisch: "Was es rund um den Bahnhof gibt, kann man eher als 'Verkleidung' bezeichnen und es hat nichts mit der Tracht, die man in Bayern kennt und trägt, zu tun."

Annamirl Raab vom Trachtenverband kann dem Trend immerhin etwas Positives abgewinnen: "Manchmal kann so ein Billigdirndl ja auch der Einstieg sein, über den man den Weg zum richtigen Dirndlgwand findet." In den meisten Fällen lande das Billigdirndl aber nach zwei Wochen Wiesn im Müll.