Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen Alle Seiten sind zufrieden

Jahrelang haben Vertreter von Bund und Ländern darum gerungen, ihre Finanzbeziehungen neu zu ordnen. Nun haben sie sich auf einen Kompromiss geeinigt, der im Wesentlichen auf dem Ländermodell basiert - aber mit Gegenleistungen für den Bund. Und alle können gut damit leben.

Von: Janina Lückoff und Charlie Grüneberg

Stand: 14.10.2016

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Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sprach von den härtesten Verhandlungen, die er in Bonn und Berlin erlebt habe. Mehrmals standen die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern in der vergangenen Nacht vor dem Scheitern, erst in den frühen Morgenstunden gelang der Durchbruch, an den Details wurde bis zum Mittag gefeilt.

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Doch der Aufwand, so sieht es der bayerische Ministerpräsident, hat sich gelohnt. Denn in den Verhandlungen, die seit gestern Abend in wechselnden Gruppen liefen, haben sich die Länder sehr weit durchgesetzt. Der derzeitige Länder-Finanzausgleich, bei dem reiche Länder die finanzschwächeren unterstützen, wird abgeschafft. Künftig wird das Geld über die Umsatzsteuer verteilt, der Bund stellt etwa 9,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Bundeskanzlerin Angela Merkel wertete das Ergebnis dennoch auch als Erfolg für den Bund.

"Für uns von der Bundesseite war sehr wichtig, dass wir nicht nur Finanzbeziehungen verändern, sondern dass wir vor allen Dingen auch die Frage, wie funktionieren Bund und Länder gemeinsam, diskutieren."

Angela Merkel, Bundeskanzlerin

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Denn der Bund hat den Ländern Kompetenzen abgerungen. Er soll bei der Digitalisierung stärker mitmischen können, die Steuerverwaltung soll verbessert werden und es kommt die Infrastrukturgesellschaft des Bundes. Bislang sind die Länder fürs Planen, Bauen und den Erhalt der Bundesfernstraßen zuständig, der Bund gibt das Geld. Die neue Gesellschaft soll die Investitionen in einer Hand bündeln und Reibungsverluste vermeiden.

Entlastung für Bayern

Horst Seehofer wertet die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen als echten Durchbruch, um Bayern spürbar zu entlasten und zugleich die Finanzbeziehungen der Länder untereinander und mit dem Bund auf eine neue, tragfähige und für alle Beteiligten akzeptable Grundlage zu stellen. "Die Einigung ist ein großer Erfolg. Das intransparente und unsolidarische Ausgleichssystem wird reformiert und die Zahlerländer werden erheblich entlastet."

Die Ausgleichszahlungen Bayerns werden in Zukunft gedeckelt. "Damit wird Bayern ab dem Jahr 2020 dauerhaft jährlich um ca. 1,3 Milliarden Euro im Vergleich zum bisherigen Länderfinanzausgleich entlastet", so Seehofer.

Transparenteres System

Der Länderfinanzausgleich in seiner jetzigen Form wird ab 2020 abgeschafft. Die reichen Länder sollen die finanzschwächeren nicht mehr direkt unterstützen, sondern über die Neuverteilung der Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Finanzkraft der Länder. Seehofer: "Mit der Zusammenlegung der zwei Stufen wird das Ausgleichsystem einfacher, transparenter und gerechter. Es gibt künftig nur noch ein System."

Akzeptable Grundlage für alle

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Der Bund muss den Ländern außerdem jedes Jahr 9,5 Milliarden Euro zahlen. Das liegt deutlich näher an den 9,7 Milliarden, die die Länder gefordert hatten, als an den 8,5 Milliarden, die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble geboten hatte. Der will von einer Niederlage aber nichts wissen:

"Das war im Interesse von Geber- und Nehmerländern, wenn ich das so richtig verstanden habe. Und wenn sich alle einig sind, dann muss man da sich ja auch nicht allzu sehr einmischen. Ob 9,5 oder 9,0 oder 10,0 Milliarden, ist am Ende nicht so zentral wie die Frage, wie stark werden sich die Belastungen in den kommenden Jahren dynamisieren. Darüber haben wir lange gerungen."

Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister

Doch auch hier konnte Schäuble nur einen Teilerfolg verbuchen. Er wollte die Summe, die der Bund den Ländern jährlich überweist, konstant halten. Jetzt werden 1,4 Milliarden an das steigende Aufkommen aus der Umsatzsteuer angepasst, also doch dynamisiert. Wer der Vater dieses Erfolges ist, daran lässt Horst Seehofer wenig Zweifel:

"Das war meine Strategie: Ein Interessensbündnis und einen Interessensausgleich innerhalb der 16 Bundesländer herbeizuführen. Weshalb die 16 Bundesländer von Anfang an, nachdem sie sich selbst auf ein Konzept verständigt hatten, im engen Schulterschluss blieben, auch gestern und heute. Das war eine starke Verhandlungsmacht."

Horst Seehofer, Ministerpräsident Bayern

Zahlungen werden gedeckelt

Für die Umsatzsteuerverteilung gelten neue Parameter. Mit dem niedrigen linearen Tarif von 63 Prozent wird zugunsten der Zahlerländer eine wirksame Deckelung installiert. Die bisherige Dynamik im Länderfinanzausgleich wird dadurch erheblich gebremst. "Mir war es ein besonderes persönliches Anliegen, dass neben der massiven Entlastung Bayerns die neuen Länder sowie die finanzschwachen Länder Bremen und Saarland angemessen berücksichtigt werden. Dies ist gelungen!" betonte der Ministerpräsident.

Mehr Teamwork in Wirtschaft und Verwaltung

Bund und Länder haben sich zudem auf weitere Eckpunkte verständigt, nämlich die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern zu verbessern, den Wirtschaftsstandort Deutschland durch Investitionen zu stärken und die öffentliche Verwaltung noch effizienter zu machen, vor allem im Bereich Straßenverkehr und Digitalisierung. Diese Eckpunkte müssen im Gesetzgebungsverfahren noch konkretisiert werden.

Sowohl für die Neuregelung der Finanzbeziehungen als auch für die Kompetenzverlagerung von den Ländern an den Bund sind eine Reihe von Grundgesetzänderungen nötig, ganz abgeschlossen sind die Diskussionen also noch nicht. Der neue Finanzpakt soll ab 2020 und dann zunächst bis 2030 gelten.