Bundestagswahl 2017 Wackelkandidaten bangen um Sitz im Bundestag

Unter den Kandidaten, die sich für den Bundestag bewerben, gibt es solche, die sicher in Berlin bleiben oder dorthin gehen werden. Andere werden den Sprung in den Bundestag wohl nicht schaffen, und dann gibt es die Wackelkandidaten, die bis zuletzt bangen. Eva Lell

Von: Eva Lell

Stand: 16.09.2017 | Archiv

Bild: BR/Eva Lell

Sebastian Roloff, 34, steht auf dem Marienplatz in München. Gleich kommt SPD-Kanzler-Kandidat Martin Schulz zur Wahlkampfkundgebung. Roloff bewirbt sich als SPD-Direktkandidat im Münchner Süden. Es ist seine einzige Chance, das Direktmandat zu holen, über die Liste wird er nicht in den Bundestag einziehen. Da hat er den Platz 35: 

"Ich glaub, dass die Konstellation in meinem Fall ganz günstig ist, weil der CSU Kandidat nicht bekannt ist, eben kein Gauweiler mehr. Der Grünen Kandidat ist relativ unbekannt, die FDP ist relativ stark meine ich und die AfD ist leider sehr präsent. Das sind Faktoren, die es etwas unübersichtlich machen."

Sebastian Roloff (SPD)

Die Wahrscheinlichkeit, dass er das Direktmandat tatsächlich holt, liegt nach seiner Einschätzung bei 20 bis 30 Prozent. Dennoch, Roloff führt einen engagierten Wahlkampf mit Infoständen, Podiumsdiskussionen, Ortsterminen. Das alles neben seinem Vollzeitjob als Jurist bei der IG Metall. Er plant von Tag zu Tag. Der Wahltag, der 24.September, das ist sein Fixpunkt:

"Natürlich hat man den Wahltermin im Hinterkopf, auch, weil diese Doppelbelastung dann aufhört. Das Leben ist so ein bisschen auf Halt gestellt, auch weil man nicht weiß, wie es nach dem 24. dann weitergeht."

Sebastian Roloff (SPD)

Das weiß auch Thomas Hacker, 49 Jahre alt, FDP-Kandidat aus Bayreuth nicht.  

"Es quält einen, es beschäftigt einen, es ist doch immer so im Hinterkopf, was wäre denn wenn. Insofern ist es gut, wenn Sonntag nächster Woche dann Klarheit herrscht."

Thomas Hacker (FDP)

Thomas Hacker war FDP-Fraktionsvorsitzender im Landtag, 2013 ist die FDP rausgeflogen. Seitdem arbeitet er wieder als Steuerberater:

"Da ich auch während der Abgeordnetenzeit nie ganz aus dem Beruf draußen war, ging das relativ moderat. Aber es muss sich schon alles neu rütteln und das dauert einige Monate."

Thomas Hacker (FDP)

Er kennt also den Wechsel zwischen dem Leben als Berufspolitiker und Selbstständigem und sieht diese Veränderung gelassen.

"Das war doch auch vor 9 Jahren so, als ich in den Landtag gewählt wurde, das war auch nicht abzusehen, dass man dann in einer Übergangsphase Mandate weiter betreut und dann eine teilweise Überführung an andere Kollegen mit vornimmt."

Thomas Hacker (FDP)

Platz 10 auf der Landesliste der FDP, als Hacker auf dem Parteitag gewählt wurde, sah es nicht so aus, als würde er in den Bundestag einziehen. Seither sind die Umfragewerte für die FDP aber gestiegen. Dass Hacker bald wieder Abgeordneter ist, diesmal im Bundestag ist zumindest möglich.

Zurück auf dem Münchner Marienplatz. Vor der Rede von Martin Schulz werden die Münchner SPD Kandidaten auf der Bühne interviewt.

"Wirklich alles, von Leuten, die schon immer mal marxistische Theorien diskutieren wollten bis hin zu Familien, die keinen Kita-Platz finden."

Roloff auf die Frage des Moderators, was er in seinem Wahlkreis gerade alles erlebt

Sebastian Roloff plant zur Zeit von Tag zu Tag, eigentlich:

"Man ertappt sich bei dem Gedanken was kommt jetzt raus, was wünscht man sich, wie geht das Leben dann weiter, weil man nur bis 24.9. plant und dann auf alles weitere reagieren muss."

Sebastian Roloff (SPD)

Immerhin kommt ihm sein Arbeitgeber, die IG Metall, entgegen. Er kann flexibel arbeiten im Wahlkampf und hätte ein Rückkehrrecht für den Fall, der es in den Bundestags schaffen und dann in einigen Jahren wieder rausfliegen sollte:

"Der Arbeitsvertrag würde ruhen und würde dann gegebenenfalls nach einem Ausscheiden aus dem Bundestag wieder aufleben."

 Sebastian Roloff (SPD)

Roloff muss es erstmal in den Bundestag schaffen. Ganz aussichtslos ist es nicht, aber ziemlich für Wahlkämpfer Roloff. Umsonst war das Ganze nicht, meint er selbstbewusst und ergeizig, auch wenn sich in acht Tagen herausstellt, dass er erst einmal in München bleibt:

"Wenn ich jetzt nicht gewählt werde ist meine Vorstellung schon in vier Jahren nochmal anzugreifen."

Sebastian Roloff (SPD)

Bei Thomas Hacker in Bayreuth ist das anders.

"Wenn es nicht klappt, haben wir nächstes Jahr  ja noch ne Landtagswahl. Aber irgendwann überlässt man das Feld dann mal den Jüngeren."

Thomas Hacker (FDP)

Ob es klappt? Für ihn und die anderen Wackelkandidaten gilt: ab morgen in einer Woche haben sie  Klarheit. Zumindest bis zur nächsten Wahl.