CSU-Chef im ARD-Interview Seehofers "Jein" zur Obergrenze

Im CSU-Bayernplan heißt es: Eine Obergrenze für Flüchtlinge ist unabdingbar. Parteichef Seehofer lässt nun erkennen, dass er das nicht so streng sieht. Seehofer verwies im ARD-Sommerinterview auf die gesunkene Zuwanderung – das müsse man jetzt sichern.

Von: Birgit Schmeitzner und Joseph Röhmel

Stand: 20.08.2017 | Archiv

Bild: pa/dpa/Gregor Fischer

Horst Seehofer vermied ein klares Ja oder ein klares Nein zu der von ihm einst formulierten Bedingung, dass in einem Koalitionsvertrag das Wort "Obergrenze" vorkommen muss. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef sagte im ARD-Sommerinterview, er sei inzwischen zufrieden mit der Zuwanderungspolitik der Bundesregierung:

"Wir haben jetzt deutlich weniger Zuwanderung als zu dem Zeitpunkt, wo ich dieses Zitat gebraucht habe. Wir haben im ersten Halbjahr 2017 unter 100.000 Zuwanderer. Ein Jahr vorher hatten wir über 500.000."

Horst Seehofer, CSU-Parteichef

Zunächst gab es Verwirrung um die Interviewäußerungen. Denn sie ließen darauf schließen, dass Seehofer von seiner Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge abrückt. Dies dementierte der CSU-Chef aber später ausdrücklich.

Das Erreichte sichern

Seehofer betonte, man liege jetzt ohnehin unter der von der CSU in ihrem Bayernplan geforderten Obergrenze von 200.000 Geflüchteten. Und er lege Wert darauf, dass das so bleibt.

Nach dem Interview schob Seehofer dann noch einmal nach: Mit Blick auf mögliche Koalitionsverhandlungen sagte er, dabei müsse vor allem der Inhalt stimmen: "Wenn anstelle der 'Obergrenze' 'Kontingent' steht, das ist nicht mein Problem."

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist gegen eine Obergrenze. Die Grünen sagen: Mit uns in einer Regierungskoalition wird es keine Obergrenze geben.

Flüchtlinge aus Afrika

Damit weniger Flüchtlinge nach Europa kommen, planen die europäischen Mitgliedsstaaten eine stärkere Zusammenarbeit mit dem politisch instabilen Libyen. Das ist umstritten, Seehofer sagte, man müsse dafür sorgen, dass die Flüchtlinge dort menschenwürdig, human behandelt werden. Und, ganz grundsätzlich:

"Wir wollen, dass wir nach dem Vorbild des Türkei-Abkommens dafür sorgen, dass Menschen in ihrer Heimat bleiben künftig und nicht nach Europa kommen. Und sie bleiben nur in ihrer Heimat, wenn wir ihren Herkunftsländern helfen mit Arbeitsplätzen, mit der Medizinversorgung, mit der Ausbildung."

Horst Seehofer

Das sei besser, als junge Leute von dort nach Europa zu locken und damit das Elend in ihren Herkunftsländern noch zu vergrößern.

"Wir können totale Sicherheit nicht versprechen"

Neben der Flüchtlingspolitik äußerte sich Seehofer auch zu einer Reihe anderer Themen. Bei der Sicherheitspolitik sagte er, wenn es um den Schutz der Bürger geht, sei er für einen harten, für einen starken Staat. Mit Blick auf islamistische Anschläge müsse der Austausch von Daten über Gefährder europaweit besser werden. Niemand könne die „totale Sicherheit“ versprechen – aber man müsse alles Menschenmögliche tun.

Kritik an Erdogan

Auch der Fall des Autors Dogan Akhanli, der auf türkisches Betreiben in Spanien vorübergehend festgenommen worden war, kam im ARD-Sommerinterview zur Sprache. Seehofer kommentierte den Fall mit deutlicher Kritik am türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

"Das, was sich Erdogan auch in diesem Fall wieder geleistet hat, ist eine Frechheit."

Horst Seehofer

Die Türkei-Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete Seehofer als klug. Er sei der Ansicht, dass Deutschland an vernünftigen Beziehungen zur Türkei interessiert ist, aber eine Vollmitgliedschaft in der EU ausschließe.

Aus für den Verbrennungsmotor?

Ein wichtiges innenpolitisches Thema des Interviews war die Zukunft der Auto-Industrie. Dass sich Bundeskanzlerin Merkel grundsätzlich einen Ausstieg für Autos mit Verbrennungsmotoren vorstellen kann, kommentierte Seehofer mit den Worten: „Im Prinzip ist dagegen überhaupt nichts einzuwenden“. Aber er wolle keine Hetzjagd, man brauche die Autoindustrie für die Sicherheit der Arbeitsplätze und am Ende sollten die Kunden entscheiden, „ob sie ein Hybrid-Auto, einen Euro-6-Diesel oder eine Elektroauto kaufen“.