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TV & Serie // Zarah – Wilde Jahre Feminismus getarnt als Frauenroman

Eine Frauenrechtlerin will in den 70er-Jahren eine testosterongeflutete Redaktion umkrempeln – und geht dabei manchmal ein paar Schritte zu weit.

Von: Vanessa Schneider

Stand: 06.09.2017 | Archiv

Zarah Wolf (Claudia Eisinger) | Bild: ZDF und Georges Pauly

Es ist 2017 und das ZDF macht eine Serie über die Frauenbewegung der 70er-Jahre. Hui, ganz heißes Eisen! Wie soll man das nur den Zuschauern verklickern? Dieses Dilrmma muss die Basis für den dann gefundenen Seriennamen gewesen sein. Raus kam nämlich: "Zarah – Wilde Jahre". Ein Titel, wie aus dem nachmittäglichen Bügel-Fernsehen. Abschaltreflex vorprogrammiert. Dabei hat die Serie viel zu erzählen.

Zarah Wolf ist Mitte/Ende Zwanzig und hat sich als feministische Autorin einen Namen gemacht. Ihre Bücher "Die ungehorsame Frau" und "Die dominante Frau" sind Kassenschlager, sie ist einigermaßen berüchtigt. Ein Hamburger Verleger holt sie deshalb aus London als stellvertretende Chefredakteurin zum Wochenmagazin "Relevant" - eine Redaktion, die so testosterongeschwängert ist, dass permanent das Wort "Brüste" in der Luft hängt. Außer barbusig auf dem Titel sind Frauen bei "Relevant" aber nicht sehr gefragt. Sie sind Sekretärinnen oder schreiben Raststätten-Bewertungen. Zarah, das ist sofort klar, will den ganzen Laden umkrempeln. Sie ist eine überlebensgroße "Superemanze", gestaltet nach allen Regeln der Klischeebibel: mit feuerroten Haaren, sexy Samtoverall und einer Vorliebe für das weibliche Geschlecht. Aber so laut sie auch auftritt: Es hört ihr niemand zu. Die Kollegen fahren ihr über den Mund, würgen sie ab, ignorieren sie – kein Wunder, dass sie pampig wird, als sie sich in der Redaktionskonferenz vorstellen will.

Eine Antiheldin, die für die richtige Seite kämpft

So ist Zarah zunächst eine Antiheldin: Sie zeigt kein Verständnis für ihre Mutter, die gefangen ist in der Rolle der anständigen Familienmutter. Sie ist im Job vollkommen undiplomatisch und dehnt die journalistische Ethik ungerührt so weit, wie es ihr gerade nutzt.

Es ist schwer, sie zu mögen, wenn sie nicht gerade mit ihren Freundinnen zusammen ist: Sie klären sich gegenseitig auf, demonstrieren für Frauenrechte und sie organisieren Abtreibungsfahrten nach Holland. Immer wieder eingeblendete Archivbilder sollen diese fiktionale Serienhandlung mit der Realität in den 1970ern verknüpfen.

Viel zu viel auf einmal

 "Zarah – Wilde Jahre" basiert aber nicht auf einer wahren Geschichte, sondern auf vielen. Die Journalistin Zarah ist die Personalunion von wegweisenden Journalistinnen und Frauenrechtlerinnen in Deutschland, wie Ingrid Kolb und Alice Schwarzer, deren bewegte Biografien allein ganze Staffeln füllen könnten. Aber diese Serie versucht in sechs Folgen auch noch alle gesellschaftlichen Themen der 70er einzufangen - RAF, Kriegslasten, Gleichberechtigung und Rock'n Roll. Und so spannend all das ist, es ist vor allem: Einfach zu viel für eine Mini-Serie.

Die Amazon-Serie "Good Girls Revolt" zeigt, dass es auch anders geht und "Zarah" ist eindeutig von ihr inspiriert. "Zarah" versucht die 70er in all ihrer Tristheit und Spießigkeit realistisch darzustellen, doch leider wirken die verrauschten Archivbilder dadurch im Gegensatz zur aufwändigen Kulisse viel echter - gerade für Leute, die die 70er nicht miterlebt haben und nur von Bildern kennen. "Good Girls Revolt" gelingt es dagegen mit einer eigenen Ästhetik die 70er zum Leben zu erwecken, als Spiegelbild der Gegenwart – und nicht als längst überwundene Vergangenheit. Denn überwunden haben wir Sexismus weder am Arbeitsplatz noch in der Gesellschaft.

Warum, liebes ZDF, warum nicht mal einem so spannenden Serienstoff eine echte Chance geben? Mit ein paar mehr Folgen, mehr Raum für die Charaktere und einem furchtlosen Titel, der dem Zuschauer klar macht, was Sache ist?

"Zarah – Wilde Jahre" läuft ab dem 07.09.2017 im ZDF, die erste Folge ist schon in der Mediathek abrufbar.