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#Beschwerdogan Da geht noch Mehrdogan!

Ach, Erdogan. Da wolltest du, dass doofe Witze über dich aus dem Netz verschwinden und was kriegst du? Noch mehr doofe Witze! Streisand-Effekt nennt sich das. Die Frage: Welchen Internet-Anfängerfehler macht er als nächstes?

Von: Anna Bühler

Stand: 01.04.2016 | Archiv

Anfang der Nullerjahre schreibt Barbara Streisand Internet-Geschichte. Als die Schauspielerin im Netz ein Foto ihrer Villa an der Küste Kaliforniens findet, ist sie stinksauer und verklagt die Webseite auf 50 Millionen US-Dollar. Wenn sie gewusst hätte, was dann passiert, hätte sie es wohl sein gelassen.

Das Bild ist plötzlich überall. Es wird vertrillionenfacht, verbreitet, diskutiert. Am Ende weiß auch Knut Knutsen aus Wanne-Eickel, wie Streisands Vorgarten aussieht. Streisand wollte ein Bild aus dem Netz löschen, erreicht aber genau das Gegenteil. Fertig ist der Streisand-Effekt.  Das hätte Erdogan ja auch mal einer sagen können...

Diesen Gag kennen jetzt nämlich auch alle. Der Erdogan-Song der Satiresendung extra3. Dem Präsidenten ging der zu weit, also wird nicht lang rumgeeiert: Es gibt eine formelle Vorladung für den deutschen Botschafter und das Video, ach komm, die ganze Sendung extra3 soll weg. Doch das Gegenteil passiert: Vor dem Eklat hatte das Satirevideo 52.000 Aufrufe. Mittlerweile sind es 4,4 Millionen. Ein Streisand-Effekt dieser Größenordnung hätte ein Fleiß-Sternchen verdient. Auch bei Twitter und Facebook fangen die Erdogan-Witze jetzt erst an. Auch "Snickers für Linkshänder" findet: Da geht noch Mehrdogan!

Bei aller Schadenfreude: Man darf sich die Frage stellen, tappt jemand wie Recep Erdogan wirklich blind in so ein dummes Fettnäpfchen? Oder war das vielleicht gar nicht so unbewusst? Und wenn ja - welchen Internet-Anfängerfehler begeht er als nächstes? Schickt er bald Kettenmails à la "Wenn du das nicht an alle deine Freunde weiterleitest, wirst du sieben Jahre Pech haben"? Widerspricht er bald öffentlich den neuen Facebook AGBs?

"Ich fürchte, dass er etwas schlauer ist, als wir jetzt alle denken", warnt extra3-Moderator Christian Ehring in einem Interview mit dbate. "Aber er fühlt sich wahrscheinlich doch so mächtig im Moment, dass er glaubt, er könne sich das leisten. Und das macht mir ernsthaft Sorgen."

Und so witzig ist der Kern der Debatte auch nicht, schließlich sitzen Satiriker-Kollegen in der Türkei für ihre Kritik im Gefängnis. Umso wichtiger, dass dagegen gehalten wird. So wie extra3 es tut. Das Team hat Recep Erdogan schon zum Mitarbeiter des Monats ernannt und freut sich über den neuen Zuschauer. Auch wenn der, scherzt Ehring, wohl keine Rundfunkgebühren zahlt.


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