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Ruhmeshalle The Rolling Stones - Exile on Main Street

Hätten die Rolling Stones 1972 ihre Karriere beendet, würde sich heute keiner das Maul zerreißen über Altherrenrock und lächerliche Rentnerposen. Ihr letztes großes Meisterwerk "Exile on Main Street" war der unübertroffene Höhepunkt des Rock'n'Roll.

Von: Michael Wopperer

Stand: 12.05.2010 | Archiv

The Rolling Stones | Bild: DOMINIQUE TARLE

Sind wir mal ehrlich: Wenn man heute an die Rolling Stones denkt, denkt man an zwei alte Säcke. Was Mick Jagger und Keith Richards seit Jahrzehnten vorführen, beweist doch nur eins: Dass man sich lächerlich macht, wenn man krampfhaft versucht, im Rentenalter als juveniler Rockadonis zu posieren. Dabei gab es eine Zeit, in der diese Band der Inbegriff von allem war, was großartig ist an Rockmusik und lebenswichtig.

Gehen wir zurück ins Jahr 1972. Die Ideale der 60er sind zerfranst, Jimi Hendrix ist tot, Janis Joplin ist tot, Brian Jones ist tot. Die Beatles sind weg vom Fenster. Die Rolling Stones sind die größte Rockband des Planeten. Und was machen sie? Sie gehen nicht auf Tour durch die großen Fußballstadien, sie ziehen sich in einen modrigen Keller in Südfrankreich zurück, um das beste Album ihrer Karriere aufzunehmen: "Exile On Main Street" - ein wildes, fiebriges, ausuferndes Meisterwerk, das die ganze Geschichte von Soul, Blues, Folk, Country und Rock'n'Roll in sich vereint.

"Exile On Main Street" ist das Opus magnum der Rolling Stones, nie zuvor und nie danach hat alles so zusammen gepasst wie 1972: Mick Taylor und Keith Richards spielen sich als Gitarristen lässig die Bälle zu, Mick Jagger sieht gar nicht die Notwendigkeit, sich als Sänger machomäßig in den Vordergrund zu drängen. Das ganze ist eine himmlische Jamsession, die einfach so passiert - und doch so präzise, dass es einem den Atem nimmt.

Vielleicht hätten die Rolling Stones nach "Exile On Main Street" einfach abtreten sollen. Dann wären sie für immer die größte Rockband der Welt geblieben. Dann würden wir ihr letztes großes Meisterwerk heute einfach als das hören, was es ist: Als anarchischen Rundumschlag, als Album, das alles auf einmal will und in seinem Größenwahn auch Jahrzehnte später noch für Überraschungen gut ist.


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