Jetzt Doing Good Milky Chance

Info Milky Chance aus Kassel wagen den Seiltanz zwischen Singer/Songwritertum und Elektronik. Ihr Markenzeichen: Struwwelige Igelhaare und Gitarre im Anschlag. So wurden sie zum deutschen Exportschlager und touren um die ganze Welt.


22

Oldschool-Tonträger Comeback der Kassette

Wir kennen sie fast nur noch als Handy-Hüllen und Aufdruck auf Umhängetaschen: Die gute alte Kassette. Aber: Bands und Labels setzen wieder auf die kleinen schwarzen Dinger. Denn Kassetten haben ein paar wichtige Vorteile.

Von: Hardy Funk

Stand: 19.02.2015 | Archiv

Die Neunziger: In den Kassettendecks läuft Lucilectric, Kids hören Hörspielkassetten von TKKG und Drei Fragezeichen, ihre älteren Geschwister schneiden im Radio Songs auf Kassette mit und hören HipHop-Mixtapes auf dem Walkman: Die Kassette ist überall.

Heute - 20 Jahre später - ist die Kassette zur nerdigen Handy-Hülle oder zum Retro-Aufdruck auf Umhängetaschen verkommen. Musik-Kassetten sind so gut wie tot. Und eigentlich haben sie auch kein anderes Schicksal verdient: Die Soundqualität war katastrophal, Kassetten haben gerauscht ohne Ende, dann hat sich noch ständig das Tonband verheddert und irgendwann haben sie schließlich zu leiern angefangen.

Könnte man meinen. Aber: Die Kassette ist zurück! Im Windschatten des Schallplatten-Revivals feiert das kleine schwarze Ding ein Comeback. Immer mehr Bands bringen Live-Mitschnitte und erste Alben auf Kassette heraus. Jeans Team zum Beispiel, Choclip aus Neuwied oder Die Nerven aus Stuttgart.

Praktisches Gimmick mit Retro-Bonus

Für Die Nerven-Sänger Julian Knoth ist die Kassette noch etwas ganz besonderes: "Die Kassette ist ein analoges Medium und hat für uns alle glaube ich auch noch etwas mit unserer Kindheit zu tun - mit den ganzen Hörspielkassetten von früher. Und man hat auch gleich etwas in der Hand, etwas Schönes. Eine Kassette hat schon noch einen gewissen Charme."

Aber Kassetten sind nicht nur schön - sie sind auch ziemlich billig: Die Herstellung kostet kaum etwas. Und genauso günstig kann man sie dann unter die Leute bringen. Das sagt auch Julian: "Wenn wir mit den Nerven unterwegs sind, dann haben wir am Merchandise T-Shirts und LPs und CDs - die kosten alle über zehn Euro, auch wenn wir sie nicht wirklich teuer verkaufen bei uns. Aber eine Kassette kann man dann für fünf Euro anbieten und das ist wirklich etwas, was sich Leute noch schnell mit nach Hause nehmen können, als Erinnerung ans Konzert."

Die Musik wieder wertschätzen

Die Nerven bestellen ihre Kassetten noch direkt beim Kassetten-Hersteller. Aber es gibt auch längst wieder Labels, die Kassetten herausbringen - in den USA, in Kanada, in England und auch in Deutschland: Sichtexot in Mainz zum Beispiel, Twisted Chords in Karlsruhe, Camp Magnetics in Köln, Econore, Yehonala Recordings und Greatberry Tapes in Berlin, Wilhelm Show Me The Major Label in Wien oder das In Gute Hände-Label in Augsburg.


David Jahnke hat das In Gute Hände-Label mitgegründet und findet, dass die Musik auf Kassette mehr Wert hat: "Der besondere Zauber ist, dass man auch bewusst Musik hört. Und ich finde, in Zeiten von diversen Streamingdiensten wird Musik immer wahnsinnig beiläufig konsumiert und dadurch geht eigentlich die Kunst der Musik verloren."

Trotzdem ist David Jahnke nicht lebensfremd: Die Kassetten bei In Gute Hände kommen meistens mit Download-Link. Dazu kommt, dass sie auch nur von einer kleinen Gruppe Fans gekauft werden. Pro Release lässt David deshalb maximal hundert Kassetten machen. Noch. Denn vielleicht schafft es die Kassette ja, wie schon die Schallplatte: aus dem Keller zurück in die Regale der Musikfans.


22