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PULS-Lesereihe-Jurorin Meike Harms "Ein Text sollte das Publikum abholen"

Die Slam-Poetin Meike Harms ist die Gewinnerin des Bayernslams 2014 und hätte diesen fast auch im Jahr davor und danach für sich entschieden. Im Interview verrät uns die Poesiepädagogin, warum Freewriting zu guten Geschichten führt.

Von: Matthias Hacker

Stand: 22.07.2015 | Archiv

PULS Lesereihe Jurorin Meike Harms | Bild: Toby Heyel

Für die PULS Lesereihe 2015 suchen wir eure Texte zum Motto "Sind wir bald da?" Ob ihr mit eurer Geschichte an der Lesereihe teilnehmen dürft, entscheidet dann eine Jury. Die ausgebildete Poesiepädagogin Meike Harms ist als Slam-Poetin Dauergast in den Finals großer Wettbewerbe. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, wie man Texte am besten schreibt und danach überzeugend vorträgt.

Was hat dich zur Slam-Poesie gebracht?

Im Prinzip war es die Verbindung daraus, gerne zu schreiben und gerne zu sprechen, das vereint sich für mich in dieser Form sehr schön.

Was machst du denn, wenn du gerade mal nicht slamst?

Oh, vieles! Zum einen gebe ich Schreibkurse und Schreibwerkstätten zum kreativen Schreiben. Außerdem kümmere ich mich um meine kleine Tochter und dann schreibe ich selbst noch eigene Texte, die gedruckt werden sollen. Also eben nicht nur für die Bühne, sondern auch für ein Buch.

Bleiben wir mal bei der Bühne: Wie schreibt man denn einen Text, der sich gut für die Bühne eignet?

Aus meiner Sicht muss ein Text, der sich für die Bühne eignet, relativ schnell verständlich sein. Das heißt, er sollte auf keinen Fall so kryptisch sein, dass man ihn erst fünf Mal lesen muss -  wie das jetzt beispielsweise bei moderner Lyrik der Fall ist. Das heißt aber natürlich nicht, dass es zu einfach und zu platt rüberkommen sollte. Aber er sollte eben trotzdem schnell zugänglich sein, das Publikum sofort abholen und einen Kontakt zu ihm herstellen.

Wie bereitest du dich auf so eine Livesituation vor? Hast du Tipps für den ein oder anderen Lesereihe-Teilnehmer?

Das fängt bei mir natürlich bei der inhaltlichen Vorbereitung an. Ich mache mir zunächst einmal Gedanken darüber, was für einen Text ich mache. Außerdem versuche ich, den Tag über meine Stimme zu schonen und gehe die Texte dann sehr oft durch, damit ich sie später möglichst fehlerfrei und gut vortragen kann. Das minimiert vor allem die Aufregung, wenn man weiß, was man da erzählt.

Das Motto der diesjährigen Lesereihe ist ja: "Sind wir bald da?" Was muss das für dich als Jurorin für ein Text sein, der zu diesem Thema passt?

Also wenn er für die Bühne geeignet sein soll, muss so ein Text auch gewisse klangliche Qualitäten mitbringen, obwohl das bei Storytelling jetzt vielleicht nicht ganz so wichtig ist wie bei Lyrik. Dann muss er, wie schon gesagt, schnell und gut verständlich sein.

Gibt es was, das du zum Motto überhaupt nicht lesen möchtest?

Hm... schwierig... Ich glaube, Liebesgeschichten habe ich langsam ein bisschen über (lacht). Nein, Spaß, also wenn sie gut gemacht sind, auch gerne Liebesgeschichten.

Was würdest du denn jemandem raten, der so gar keinen Plan hat, wie er an die Sache rangehen soll oder so eine typische Schreibblockade hat und vor dem leeren Blatt sitzt?

Oh, da gibt es einen ganz klassischen Tipp von der Poesie-Pädagogin (lacht): Freewriting! Man schreibt fünf Minuten lang und darf auch so lange den Stift nicht absetzen. Also in dem Fall mit dem Motto anfangen, mit "Sind wir bald da?" und dann einfach drauf los, immer wieder, immer weiter. Damit ergibt sich dann etwas Intuitives, das klappt eigentlich immer. Das ist eine Art Brainstorming und die Schwierigkeit besteht eigentlich nur darin, sich dazu zu zwingen, den Stift nicht abzusetzen. Diese Methode bringt meistens Dinge hervor, die sonst verborgen bleiben, weil man sie zu sehr reflektieren würde.

Schreibblockade - passiert dir das als Profi auch noch?

Klar, das passiert oft. Ich habe dann das Gefühl, dass ich unbedingt über ein Thema schreiben möchte und dann wird es mir zu pathetisch oder zu abgedroschen oder ich bin emotional bei der Sache. Dann hilft mir das auch immer ganz gut.

Der diesjährige Gewinner der Lesereihe hat ja noch eine ganz besondere Ehre, er oder sie darf das große Finale der deutschsprachigen Slam-Meisterschaften in Augsburg mit dem Gewinnertext eröffnen. Du selbst kennst die Veranstaltung, worauf darf sich der Gewinner da freuen?

Auf jeden Fall auf ein sehr hörfreudiges und aufmerksames Publikum. Und beim Finale der deutschsprachigen Slam-Meisterschaften ist es mit 1000 Leuten auch ein großes Publikum.

Ist das nicht ein bisschen einschüchternd, so ein großes Publikum?

Also ich finde ja, je mehr Leute da sind, desto weniger aufgeregt muss man sein, da man, obwohl man so exponiert auf der Bühne steht, trotzdem ein bisschen in der Masse untergeht.


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