MedizinstudentInnen bei einer Demonstration für bessere Bedingungen im Praktischen Jahr
Bildrechte: Bayerische Landesärztekammer

Medizinstudierende fordern faire Bedingungen im Praktischen Jahr

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Medizinstudierende fordern faire Bedingungen im Praktischen Jahr

In vielen Kliniken leisten Medizinstudierende in ihrem Praktischen Jahr einen wichtigen Beitrag zur Patientenversorgung. Doch die künftigen Ärztinnen und Ärzte kritisieren die teils prekären Bedingungen – nicht zum ersten Mal.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Übermüdet, krank, überarbeitet: So berichten derzeit viele Medizinstudierende in sozialen Medien von ihrem Praktischen Jahr. Dieses sogenannte "PJ" soll sie nach Jahren der Theorie am Ende ihres Studiums auf den Berufsalltag im Krankenhaus vorbereiten. Doch die Arbeitsbedingungen seien teils prekär, kritisiert die Bundesvertretung der Medizinstudierenden (bvmd).

Petition für eine faires Praktisches Jahr

Sie hat deshalb mit der Initiative #fairesPJ eine Petition gestartet und zum Protest aufgerufen. Am Mittwoch gingen bundesweit 4.000 Studierende in 13 Städten auf die Straße, unter anderem in München, Würzburg und Augsburg. Die Petition haben innerhalb von zwei Wochen mehr als 75.000 Menschen unterschrieben.

"Die aktuellen Regelungen setzen Studentinnen und Studenten enorm unter Druck", sagt Alexander Schmidt. Er studiert Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), ist Mitglied im Vorstand der bvmd und koordiniert #fairesPJ.

Medizinstudierende können sich im PJ nicht regulär krankmelden

Die Petition fordert unter anderem, Krankheits- und Fehltage strikt zu trennen. Denn bislang können sich Medizinstudierende im PJ nicht regulär krankmelden. Stattdessen stehen ihnen für das gesamte Jahr 30 Fehltage zur Verfügung – die nicht nur für Erkrankungen vorgesehen sind, sondern auch für den Urlaub.

Das führe dazu, "dass Studierende krank im PJ erscheinen und dadurch ihre eigene Gesundheit, die ihrer Patient*innen und die ihrer Kolleg*innen potenziell gefährden", schreibt die Bundesvertretung. Denn, so erklärt es Schmidt: "Wenn ich diese Fehltage offiziell überschreite, dann laufe ich Gefahr, dass das PJ nicht anerkannt wird."

Stundenlohn von 2,50 Euro: Keine Seltenheit im PJ

Auch die Aufwandsentschädigung im Praktischen Jahr sorgt für Kritik. Yann Cordes absolviert gerade sein PJ und engagiert sich seit Jahren in der Fachschaft Medizin der Universität Würzburg. "Man ist eine eingeplante Arbeitskraft für die Klinik und so eingespannt, dass man aus Prinzip entsprechend entlohnt werden sollte", sagt er. Die Kliniken können die Höhe der Aufwandsentschädigung jedoch selbst festlegen. Mitunter erhalten Studierende deshalb überhaupt kein Geld, häufig nur wenige Hundert Euro pro Monat.

Ein Stundensatz von umgerechnet 2,50 Euro sei nicht selten, heißt es. Laut einer Umfrage des Marburger Bunds ist fast ein Drittel der Medizinstudierenden neben der Vollzeit-Arbeit im Krankenhaus noch auf einen Nebenjob angewiesen.

"Wir fordern kein Gehalt, weil wir uns noch in der Ausbildung befinden", stellt Alexander Schmidt klar, "aber zumindest, dass wir unsere Miete und unseren Lebensunterhalt während der Vollzeit-Arbeit im Krankenhaus bestreiten können". Die Initiative bemüht sich deswegen um eine bundesweite Mindestaufwandsentschädigung, die dem BAföG-Höchstsatz entsprechen solle. Für Studierende liegt dieser derzeit bei 934 Euro.

Alltag im PJ: Hilfstätigkeiten statt Betreuung eigener Patienten

Ein dritter Teil der Forderung bezieht sich auf die Qualität der Ausbildung. "Die Lehre ist im Moment davon abhängig, in welcher Klinik man ist", erzählt Cordes von der Würzburger Fachschaft. Ein Mentoring-Programm mit festen Ansprechpartnern, wie es die Petition fordert, sei ihm noch nirgendwo begegnet.

Häufig berichten Studierende dagegen von vielen Hilfstätigkeiten bei Operationen, Blutentnahmen und Botengänge. Die Initiative #fairesPJ dringt deshalb auf eine feste Supervision, bei der die zukünftigen Ärztinnen und Ärzte unter der Anleitung erfahrener Kollegen eigene Patienten betreuen.

Darüber hinaus sei ein Mindestabstand von vier Wochen zwischen PJ-Ende und der Abschlussprüfung im Medizinstudium nötig. Derzeit liege dieser teilweise bei weniger als einer Woche, was zur Vorbereitung nicht ausreiche. "Viele versuchen, sich die Fehltage bis zum Ende aufzuheben, um möglichst viel Zeit fürs Lernen zu haben", sagt Cordes.

Verbände und Kammern unterstützen #fairesPJ

Unterstützung für die Anliegen kommt unter anderem von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) und der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK). So spricht sich etwa BLÄK-Präsident Gerald Quitterer ebenfalls für "eine einheitliche Aufwandsentschädigung, die Trennung von Krankheits- und Fehltagen oder bundeseinheitliche Richtlinien für den Lehrinhalt" aus. Quitterer hatte sich am Mittwoch auch der Demonstration in München angeschlossen, ebenso der KVB-Vorstandsvorsitzende Christian Pfeiffer.

2019: Teilerfolg mit erster Petition für ein faires Praktisches Jahr

2019 hatte die Bundesvertretung der Medizinstudierenden schon einmal eine Petition mit knapp 109.000 Unterschriften an das Bundesgesundheitsministerium übergeben. Ein Teil der Forderungen wurde anschließend auch in die neue Approbationsordnung für Ärzte übernommen. Dennoch gebe es noch immer viele Probleme im PJ, auf die die Studentinnen und Studenten nun erneut aufmerksam machen wollen.

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