Eine Alternative für Kirchenmusiker wäre, nur noch Gema-freie Stücke zu spielen – zum Nachteil der Vielfalt und Abwechslung.
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Eine Alternative für Kirchenmusiker wäre, nur noch Gema-freie Stücke zu spielen – zum Nachteil der Vielfalt und Abwechslung.

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Gema-Vertrag ausgelaufen: Aus für Musik in katholischer Kirche?

Ein Rahmenvertrag zwischen dem Verband der Diözesen und der Verwertungsgesellschaft Gema ist ausgelaufen – ohne Verlängerung. Musik in Kirchenkonzerten, beim Pfarrfest oder am Seniorennachmittag stehen zur Disposition, es drohen Konzertabsagen.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Michael Lachenmayr wird seit diesem Jahr zu Kasse gebeten. Der Kantor an der katholischen Stadtpfarrkirche St. Stephan in Mindelheim muss seit Jahresbeginn Gema-Gebühren bezahlen. Und zwar immer dann, wenn er bei Kirchenkonzerten Musik von Komponisten spielt, die noch leben oder noch keine 70 Jahre tot sind.

"Der Betrag selbst ist vermutlich überschaubar hoch", sagt Lachenmayr. Bei rund 100 Euro liegt in seiner Kirche die Gema-Gebühr für ein Musikstück – abhängig von der Anzahl der Sitzplätze und ob Eintritt verlangt wird oder nicht. "Aber ich als Kulturschaffender in einer kleinen Stadt hab noch andere Ausgaben, muss mit dem Chor und dem Orchester hier in der Kirche was veranstalten."

Einzelabrechnung statt Pauschalvertrag

In großen Kirchen können dadurch die Gema-Gebühren schnell in die Tausende gehen. Raphael Baader vom Allgemeinen Cäcilienverband, dem Dachverband der katholischen Kirchenmusik, hält die neue Regelung für eine Katastrophe. "Die Kirche gehört zu den größten Kulturträgern in Deutschland", sagt Baader, dessen Verband deutschlandweit 300.000 Mitglieder in mehr als 14.000 Chören vertritt. "Und dieser Vertrag, der in den letzten Jahren erfolgreich bestanden hat, hat dafür gesorgt, dass überall in Deutschland Kirchengemeinden Konzerte ausrichten konnten, ohne dafür selbst Gema-Gebühren zu zahlen."

Die Gebühren wurden bislang vom Verband der deutschen Diözesen (VDD) durch den Vertrag abgegolten. Doch dieser Pauschalvertrag zwischen der Verwertungsgesellschaft Gema und den katholischen Bistümern ist abgelaufen. Nun rechnet die Gema nicht mehr pauschal, sondern jedes Musikstück einzeln ab. Für die Musik in liturgischen Feiern wie Gottesdiensten wird der Betrag zwar weiterhin pauschal vom Verband der Diözesen entrichtet. Doch für alle anderen Musikstücke muss die einzelne Kirchengemeinde bezahlen.

Bischofskonferenz weist Gema-Erklärung zurück

Vor allem kleine Gemeinden auf dem Land, die weniger Geld haben, müssten damit auf neuere Musik verzichten – in Kirchenkonzerten, beim Pfarrfest oder beim Seniorennachmittag. Auf Anfrage teilt die Gema mit: "Der Vertrag wurde einvernehmlich nicht verlängert und ist Ende 2023 ausgelaufen. Das Bedürfnis nach einer pauschalvertraglichen Lösung war nicht mehr in der Weise vorhanden wie in der Vergangenheit."

Die Deutsche Bischofskonferenz weist das zurück: "Die Gema war nicht bereit, auf den wiederholt – letztmals im Dezember 2023 – geäußerten Wunsch nach einer Vertragsverlängerung einzugehen."

"Menschen kommen wegen Musik in die Kirche"

Das Nachsehen haben die Kirchengemeinden, die zahlen müssen. Raphael Baader vom Allgemeinen Cäcilienverband findet, es braucht schleunigst eine neue Regelung im Sinne des alten Vertrags: "Kirchenmusik ist der Schlüssel Nummer eins, auch statistisch bewiesen, warum Menschen in Kirchen und Kirchengebäude kommen."

Für Kantor Michael Lachenmayr in Mindelheim bedeutet die neue Regelung deutlich mehr Arbeit. Die Zeit würde er lieber ins Üben von Musikstücken investieren. "Jetzt muss ich jede Veranstaltung im Vorfeld melden. Wenn ich's zu spät mache, kostet es mehr, und es ist ein deutlicher Mehraufwand, weil pfarreiintern andere Veranstaltungen gemeldet werden müssen." Zum Beispiel der Pfarreifasching oder Seniorennachmittag – eben überall, wo Gema-pflichtige Musik abgespielt wird oder selber produziert wird, muss Lachenmayr nun Meldung machen.

Nur Gema-freie Musik zu spielen, wäre aber auch keine Option für den Kantor – weil ihm dann der Kontrast und die Vielfalt im Programm fehlen würden.

Dieser Artikel ist erstmals am 3. Mai 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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