"Das ist natürlich schön, wenn man dazu beitragen kann, dass Leute zu einer Institution Vertrauen haben", sagt Amely Deiss, Direktorin des Kunstpalais Erlangen. Es zeuge schließlich von der großen Bedeutung der Museen.
Gleich nach Familie und Freunden
Rund 7.000 Museen gibt es bundesweit. Die Studie des Instituts für Museumsforschung unter dem Titel "Das verborgene Kapital: Vertrauen in Museen in Deutschland" liefert erstmals empirische Daten zu diesem Thema. Auf einer Skala von eins bis zehn wurden Museen mit durchschnittlich 7,4 Punkten bewertet. Besser schnitten – mit 8,3 Punkten – nur Familie und Freunde ab. Die Religion dagegen landete abgeschlagen bei nur 4 Punkten.
Woher dieses Vertrauen in die Museen rührt? "Was wir verkörpern, ist dem Brockhaus sehr ähnlich", erklärt Daniel Hess, Generaldirektor am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. "Da weiß man: Das hat sich lange bewährt." Das, was Menschen den Museen offenbar entgegenbrächten, sei, dass diese auf der Basis von Wissen, Evidenz und Forschungsergebnissen argumentierten – "und nicht aus parteipolitischen Gründen", sagt der Museumsdirektor.
Die Bewahrer des Bewährten und der Werte
Das Vertrauen in die Museen ist übrigens umso höher, je öfter die Befragten eines besuchen. Aber: Selbst diejenigen, die angaben, schon lange kein Museum mehr von innen gesehen zu haben, zweifeln nicht an der Institution. Ein bemerkenswertes Ergebnis, dass sich Amely Deiss vom Kunstpalais Erlangen nur so erklären kann, dass die Menschen die Museen als "Bewahrer" sähen, die alte Werte überliefern.
Gut möglich daher, dass das Vertrauen auf einem eher einseitigen, nicht mehr ganz zeitgemäßen Bild beruht, das offenbar noch immer in den Köpfen vieler verankert ist: Nämlich von Museen als buchstäblich musealen Orten, die gesicherte Erkenntnisse präsentieren anhand von Exponaten, die vielleicht schon etwas Staub angesetzt haben.
Aber was, wenn die Museen Staub aufwirbeln, weil sie mit neuen Fragestellungen an die alten Objekte herantreten? Auch vermeintlich gesicherte Erkenntnisse von einst erfahren einen Wandel in der Bewertung. Daniel Hess vom Germanischen Nationalmuseum verweist auf das wohl berühmteste Exponat seines Hauses, den ältesten erhaltenen Erdglobus der Welt: den Behaim-Globus.
Wer sich mit solchen Objekten beschäftige, komme um Themen wie Postkolonialismus oder Gendergerechtigkeit nicht herum: "Das lehrbuchmäßige, klassische Wissen ist durch die ganzen Transformationsprozesse, die wir momentan erleben, infrage gestellt." Ganz andere Kategorien kämen nun ins Spiel, die in der aktuellen Befragung noch überhaupt nicht berücksichtigt seien.
Vertrauensvorschuss als Chance
Dabei wäre es unklug, findet Hess, wenn sich die Museen aus aktuell strittigen Themen heraushalten, um nur ja nicht das Vertrauen derjenigen Menschen zu verspielen, die es gerade deshalb in sie setzen, weil sie dort vor heiklen Debatten verschont zu bleiben hoffen. Aber vielleicht funktioniere es ja auch umgekehrt, mutmaßt Amely Deiss vom Kunstpalais Erlangen: Dass nämlich der Vertrauensvorschuss in diesem Zusammenhang eine große Chance bietet für die Museen.
Es sei ein bisschen wie mit Eltern, die einen an der Hand nähmen, und denen man bereitwillig folge: "Es wäre schön, wenn auch die Museen so gesehen würden: als Institutionen, von denen man sagt: 'Okay, wenn ihr uns die geliebten alten Sachen in einem neuen Licht zeigt, dann gehen wir da gerne mit.'"
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