Dass mehr gebaut werden muss, darin sind sich alle Parteien einig.
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Dass mehr gebaut werden muss, darin sind sich alle Parteien einig.

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Wie viel Wohnen steckt in den Wahlprogrammen?

Die Corona-Pandemie hat den Fokus auf verschiedene Themen verschoben. Eine Frage, die heute wichtiger ist denn je: Wie wollen wir künftig wohnen? Was also planen die Parteien beim Zukunftsthema Wohnen? Eine Übersicht.

Bezahlbarer Wohnraum ist zu einem der wichtigsten Themen in der deutschen Politik geworden. Nicht zuletzt die Debatte um den Berliner Mietendeckel, der Mitte April für verfassungswidrig erklärt wurde, machte dies deutlich. Was planen die Parteien also in der Wohnungspolitik für die Bundestagswahl 2021? Ein Überblick.

CDU/CSU: Bauen, bauen, bauen

Die Union hat in ihrem selbst ernannten Modernisierungsjahrzehnt bezahlbaren Wohnraum als eine der Herausforderungen guten Lebens ausgemacht. "Der beste Mieterschutz ist und bleibt ausreichender Wohnraum", steht im Programm. Dabei setzen CDU und CSU nicht auf "rechtlich fragwürdige und ungeeignete Eingriffe, wie den Mietendeckel", sondern wollen bis 2025 mehr als 1,5 Millionen neue Wohnungen bauen lassen. Als Anreiz dienen Abschreibungsmöglichkeiten für diejenigen, die neue Mietwohnungen schaffen: Sie sollen auch nach Ende 2021 fünf Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten zusätzlich von der Steuer absetzen können.

Bürokratieabbau ist ein weiteres Vorhaben: Bauvorschriften sollen verringert werden, Bauanträge höchstens zwei Monate geprüft und bearbeitet werden dürfen, andernfalls gelten sie als genehmigt.

Weil der Platz in Großstädten endlich ist, soll das Umland weiter bebaut und besser angebunden werden. Auf den Dörfern ist Dorfkernsanierung angesagt und in den Städten der Umbau von Fußgängerzonen. Weil sich die Union als die Partei der Häuslebauer sieht, bekommt der "Traum vom Eigenheim" eine eigene Überschrift im Programm. Familien mit Kindern sollen besonders profitieren von Kredit-Programmen: Dazu sollten Darlehen, Tilgungszuschüsse oder Zinsverbilligungen nach der Anzahl der Kinder gestaffelt werden.

Auch der soziale Wohnungsbau findet sich im Programm: "Wir werden den sozialen Wohnungsbau weiter fördern und das Wohngeld ab 2022 regelmäßig anpassen. Wohnraum muss auch für Menschen mit geringem Einkommen bezahlbar sein", schreibt die Union.

SPD: Mietpreisbremse und Neubau durch öffentliche Hand

Wohnen und Mieten nimmt im Programm der SPD keinen allzu großen Raum ein. Die SPD setzt beim bezahlbaren Wohnen auf ein zeitlich befristetes Mietenmoratorium. Das bedeutet: "Mieten können für eine bestimmte Zeit nur im Rahmen der Inflationsrate erhöht werden." Außerdem sollen die Mietpreisbremse entfristet und Schlupflöcher geschlossen werden.

Mietspiegel sollen keine bloßen Neumietenspiegel sein. "Deshalb werden wir künftig mindestens die vertraglich vereinbarten Mieten der vergangenen acht Jahre bei ihrer Aufstellung heranziehen."

Bei der Entwicklung der Innenstädte und Dorfkerne unterscheidet sich das Programm der Sozialdemokraten kaum von dem der CDU: Beide wollen die Städte und Dörfer lebendiger machen.

Beim sozialen Wohnungsbau will die SPD den Neubau von 100.000 Sozialwohnungen jährlich vorantreiben. Außerdem soll eine Wohnungsgemeinnützigkeit eingeführt werden. Das heißt, dass die öffentliche Hand mehr Wohnungen baut. Damit will man erreichen, dass weniger gewinnorientierte Player auf dem Wohnungsmarkt unterwegs sind.

Bündnis 90/Die Grünen: Recht auf Wohnen ins Grundgesetz

Auch die Grünen wollen bezahlbaren Wohnraum schaffen, und sie wollen ein Recht auf Wohnen ins Grundgesetz schreiben lassen. Dafür allerdings bräuchten sie eine 2/3-Mehrheit im Parlament. Da sie davon ausgehen, dass in Deutschland etwa 700.000 Menschen wohnungslos sind, wollen sie ein Nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit auflegen.

Ein Wohn- und Mietengipfel soll einberufen werden, der "einen echten Dialog auf Augenhöhe zwischen den Mieter*innen-Vertretungen, der Wohnungswirtschaft sowie Bund, Länder und Kommunen schafft und gemeinsam neue, zukunftsfähige wie soziale Konzepte erarbeitet."

Im Sozialen Wohnungsbau planen B90/Die Grünen ein bundeseinheitliches Gesamtkonzept: In einem Bundesgesetz soll gewährleistet werden, "dass Mietobergrenzen im Bestand ermöglicht werden und die Mietpreisbremse entfristet und deutlich nachgeschärft wird." Reguläre Mieterhöhungen sollen auf 2,5 Prozent im Jahr innerhalb des Mietspiegels begrenzt werden.

FDP: Bauvorhaben steuerlich mehr fördern

Die Liberalen haben eine einfache Antwort auf die Wohnraumverknappung: "Mehr Flächen mobilisieren und mehr bauen." Sie sind - keine Überraschung - total gegen Enteignungen, eine Mietpreisbremse oder einen Mietendeckel.

Für den Traum vom Eigenheim schlagen sie einen Freibetrag von bis zu 500.000 Euro für natürliche Personen bei der Grunderwerbsteuer vor. Außerdem wollen sie die Möglichkeiten zur Abschreibung für Wohnungsbauinvestitionen verbessern: "Die lineare Abschreibung muss von zwei auf drei Prozent erhöht werden."

Share Deals, mit denen Immobilieninvestoren die Grunderwerbssteuer drücken können, will die FDP verbieten. Um Baugenehmigungen zu beschleunigen, sollen digitale Bauanträge gefördert werden. Das Mietrecht soll entrümpelt werden.

Soziales Wohnen steht ebenfalls im Wahlprogramm, denn "Wir Freie Demokraten wollen für Menschen mit niedrigem Einkommen einen echten Zugang zu günstigem Wohnraum schaffen." Dabei soll das Wohngeld für "zahlungsschwache Wohnungssuchende" eine entscheidende Rolle spielen. Nur wer dann immer noch keine Wohnung auf dem freien Markt findet, soll ein Recht auf eine Sozialwohnung bekommen.

Die Linke: Harte Obergrenzen für Mieten bundesweit

Die Linke räumt dem Thema Wohnen/Mieten wenig überraschend einen großen Platz in ihrem Wahlprogramm ein. Der Slogan lautet: "Keine Rendite mit der Miete." Trotz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass der Berliner Mietendeckel verfassungswidrig ist, bleibt die Linke dabei: "Wir wollen im gesamten Bundesgebiet harte Obergrenzen für die Miete einführen." Mieten dürften nur noch so weit erhöht werden, wie die Preise allgemein steigen, höchstens um zwei Prozent im Jahr. Besonders hohe Mieten müssten abgesenkt werden. Ein neuer Mietspiegel soll für Städte verpflichtend kommen, in dessen Berechnung alle Mieten einfließen, nicht nur die der letzten sechs Jahre.

Mietwohnungen sollen weitgehend nicht mehr in Eigentumswohnungen umgewandelt werden dürfen. Kündigung aus Eigenbedarf will die Linke stark einschränken, sie soll nur noch für die engste Familie gelten. Außerdem sollen Immobilienkonzerne von der Börse verschwinden. Und die Linke verspricht "den Neubau von mindestens 250.000 Sozialwohnungen [pro Jahr], die dauerhaft bezahlbar bleiben." Dafür sollen pro Jahr zehn Milliarden Euro aufgewandt werden. Als Modell für den Sozialen Wohnungsbau gilt die Stadt Wien: Dort sind 50 Prozent des Wohnungsmarkts in öffentlicher und gemeinnütziger Hand.

Als einzige Partei hat die Linke ein Kleingartensicherungsprogramm zum Schutz der Kleingärtner und Kleingärtnerinnen.

AfD: Immobilienkäufe durch Nicht-Deutsche erschweren

Die AfD widmet dem Thema Wohnen/Mieten 2,5 Seiten in ihrem 201-Seiten-Wahlprogramm: Als Grund für den Mangel an bezahlbaren Wohnraum nennt sie fehlenden Wohnungsneubau, Landflucht und ungezügelte Migration. Daher steht folgerichtig auch in ihrem Programm: "Damit Einheimische besser auf das vorhandene [Wohnraum-]Angebot zugreifen können, ist der Erwerb von Wohnimmobilien durch Käufer ohne deutsche Staatsbürgerschaft, deren Hauptwohnsitz im Ausland liegt, über eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer auf 20% zu erschweren."

Die AfD fordert außerdem, die Streichung der Energieeinsparverordnung sowie "den Brand-, den Wärme- und den Schallschutz auf ein notwendiges Mindestmaß zurückzufahren."

Beim Mietrecht positioniert sich die AfD als Gegnerin staatlicher Eingriffe: Mietpreisbremse oder den Mietendeckel lehnt sie folglich ab.

Zum Sozialen Wohnungsbau findet sich im Wahlprogramm nichts.

Freie Wähler: Neuauflage der Eigenheimzulage

Die Freien Wähler sprechen in ihrem Wahlprogramm von "Einheimischenmodellen". Wen genau sie mit "Einheimische" meint, bleibt dabei vage. So steht im Programm: "Der heimischen Bevölkerung vergünstigt Wohnraum anbieten zu können, ist in vielen Ballungsräumen wichtig. Der Zuzug treibt die Preise in die Höhe, sodass Baugrund für viele Einheimische ohne solche Modelle zu teuer wird. Die EU stellt diese aber infrage, sodass wir uns im Sinne der Kommunen für die Einheimischenmodelle starkmachen werden."

Bezahlbaren Wohnraum soll es ohne Mietendeckel geben. Stattdessen sollen zweckgebundene Bürgeranleihen nach Münchener Vorbild geschaffen werden. Über eine "clevere Wohnungsbauoffensive" soll insbesondere in Zuzugsregionen das Mietpreisniveau wieder gesenkt werden. Gelingen soll das durch Entbürokratisierung und Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau.

Wer ein Haus bauen will, darf bei den Freien Wählern auf die Neuauflage der Eigenheimzulage hoffen. Außerdem soll die Grunderwerbssteuer gesenkt werden. Im Programm steht zudem "eine Renaissance der Erbpachtgrundstücke" damit auch Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen Wohneigentum bekommen.

Beim Sozialen Wohnungsbau legen die Freien Wähler einen Schwerpunkt auf Prävention, um "sozialen Brennpunkten vorzubeugen". Dies soll mit unterstützender Sozialarbeit und guter Bildungspolitik gelingen, die mit Stadtplanung zusammengedacht werden.

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