Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, wird sein Amt im Juni vorzeitig abgeben. Der 55-Jährige scheide damit bereits nach der Hälfte seiner aktuellen Amtsperiode auf eigenen Wunsch aus, erklärte der Zentralrat am Montag in Köln und Berlin.
22 Jahre an der Spitze des Zentralrats der Muslime
Mazyek wird die Leitung des Islamverbands demnach an einen Interimsvorsitzenden übergeben. Dieser werde dann eine Vertreterversammlung zur Wahl des oder der neuen Vorsitzenden einberufen. Der ZMD-Vorstand bedauere Mazyeks Entscheidung und danke ihm "für seinen unermüdlichen Einsatz für die Interessen und Belange der Muslime in Deutschland", hieß es. Mazyek stand insgesamt 22 Jahre lang an der Spitze der muslimischen Religionsgemeinschaft in Deutschland, zunächst als ZMD-Generalsekretär (von 2002 bis 2010) und danach als Vorsitzender. Zuletzt war er im September 2022 für eine weitere Amtszeit gewählt worden.
Mazyek zählt zu den bekanntesten Gesichtern muslimischer Verbände
Der 1969 in Aachen geborene Mazyek, Sohn eines Syrers und einer Deutschen, zählt zu den bekanntesten Gesichtern des Verbandsislams in Deutschland und war in der Vergangenheit häufig Gast in Talkshows und bei Podien. In der gesellschaftlichen Debatte plädierte er unter anderem für gegenseitige religiöse Toleranz und engagierte sich im christlich-islamischen Dialog.
Nach dem Abitur studierte Mazyek Arabistik in Kairo und schloss in Aachen ein Studium der Philosophie, Ökonomie und Politikwissenschaft ab. Es folgten islamische Studien. Außerdem war er in der Vergangenheit Mitglied der FDP und in der Kommunalpolitik aktiv. Mazyek gründete unter anderem das Internetportal www.islam.de und schrieb das Buch "Was machen Muslime an Weihnachten?".
Kritik am Zentralrat der Muslime
Der ZMD vertritt als Dachverband nach eigenen Angaben 14 muslimische Organisationen verschiedener ethnischer Prägungen und etwa 300 Moscheegemeinden und Vereine. Gemeinsam mit anderen großen Islamverbänden ist er Mitglied im Koordinationsrat der Muslime in Deutschland. Der ZMD stand wiederholt in der Kritik, nachdem Mitgliedsvereinen eine Nähe zum Islamismus beziehungsweise türkischen Rechtsextremismus vorgeworfen wurde.
Der ZMD hatte daraufhin im Januar 2022 den Ausschluss eines wichtigen Mitglieds, der Deutschen Muslimischen Gemeinschaft (DMG), beschlossen. Zuvor hatte der Verfassungsschutzbericht festgehalten, aufgrund von engen strukturellen und personellen Verflechtungen sei die DMG als Teil des weltweiten Netzwerks der Muslimbruderschaft "und als deren zentrale Organisation in Deutschland anzusehen". Zur Grundüberzeugung der islamistischen Vereinigung gehöre die Errichtung islamischer Herrschaftsordnungen, die mit demokratischen Prinzipien wie der Meinungsfreiheit, der Volkssouveränität und der Gleichberechtigung unvereinbar seien.
Bundesinnenministerium lädt Zentralrat nicht ein
Zu einem Gespräch mit Vertretern muslimischer Verbände über Folgen der Eskalation in Nahost hatte das Bundesinnenministerium jüngst Vertreter von muslimischen Verbänden eingeladen, nicht aber den Zentralrat der Muslime.
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