Politiker fürchten es, doch alle Jahre trifft es sie wieder: Derblecken kommt vom bayerischen "blecken" (die Zunge herausstrecken, entblößen).
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Politiker fürchten es, doch alle Jahre trifft es sie wieder: Derblecken kommt vom bayerischen "blecken" (die Zunge herausstrecken, entblößen).

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Was bedeutet nochmal Derblecken? Der Nockherberg von A-Z

Der Countdown zum Nockherberg läuft. Doch was bedeutet nochmal Derblecken, Gstanzl oder Pater patriae? Wir erklären Ihnen zur Vorbereitung das Nockherberg-Vokabular.

A: Anstich

Festlich zelebriertes Anzapfen des ersten Bierfasses zum Festbeginn. Wird zu Beginn der Starkbierzeit, auf dem Oktoberfest und auf vielen anderen Volksfesten praktiziert – natürlich auch auf dem Nockherberg.

B: Bruder Barnabas

Er hieß eigentlich Valentin Stephan Still, wurde Mönch im Kloster Neudeck am Fuß des Nockherbergs und war ein ausgezeichneter Braumeister. Seit 1992 (außer bei Django Asüls Auftritt 2007 und bei Luise Kinseher) tritt die Figur Bruder Barnabas beim Starkbieranstich auf.

C: CSU

Ehemalige 50-Prozent-plus-x-Partei und nach wie vor stärkste politische Kraft im Freistaat. Ob Stoiber, Strauss oder Seehofer: Viele gefeierte Charaktere des legendären Singspiels kamen aus der CSU – nicht immer zur Freude der Parodierten.

D: Derblecken

Politiker fürchten es, doch alle Jahre trifft es sie wieder: Derblecken kommt vom bayerischen "blecken" (die Zunge herausstrecken, entblößen) und ist immer mit Hohn und Spott für die Betroffenen – den Derbleckten – verbunden.

E: Einschenken

Auf dem Nockherberg wird kräftig eingeschenkt. Mit rund 18 Prozent Stammwürze und über sieben Prozent Alkoholgehalt steigt das Salvatorbier schnell zu Kopf. Wie viel eingeschenkt wurde, kann der Gast nur schwer erkennen: Die Krüge sind aus Stein.

F: Fastenpredigt

Ursprünglich eine christliche Verkündigung bei Gottesdiensten, die Zuhörer zum Nachdenken über Leben und aufrichtigen Glauben anregen soll: Auf dem Nockherberg richtet sie sich an Politiker und andere Prominente, die ihr Schaffen kritisch hinterfragen sollten.

G: Gstanzl

Lied mit spöttischem Text, das vor allem in Bayern und Österreich gesungen wird. Einer der bekanntesten Vertreter dieser Musikrichtung ist der Roider Jackl. 1954 trat er auf dem Nockherberg auf und begründete dort die Tradition des Derbleckens.

H: Hannes Burger

Journalist und Satiriker, der von 1982 bis 2002 die Reden der Fastenprediger verfasst hat: So stammen die Ansprachen Walter Sedlmayrs, Max Grießers und Gerd Fischers aus Hannes Burgers spitzer Feder.

I: Imitator

Beim Singspiel werden Politiker von Doubles dargestellt. Einige Schauspieler schlüpfen schon seit Jahren in dieselbe Rolle und haben den Habitus ihres Vorbildes so verinnerlicht, dass sie dem Original optisch wie akustisch zum Verwechseln ähneln.

J: Jakob Geis

Erster Fastenprediger beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg im Jahr 1891. Der zu seiner Zeit sehr populäre Münchner Komiker und Volkssänger läutete die Geburtsstunde der "Salvatorrede" ein, damals noch ohne deftig politischen Anstrich.

K: Kabarettistisches Singspiel

Bis zum Jahr 1988 schrieb ein eingespieltes Autorenteam unter Leitung von Regisseur Hellmuth Kirchammer das kabarettistische Singspiel für den Nockherberg. Danach wurde es zu einem dramaturgisch durchinszenierten Bühnenstück ausgebaut.

L: Lerchenberg

Einst legendärer Stoiber-Imitator, stieg Michael Lerchenberg 2008 zum Bruder Barnabas auf. Im "normalen Leben" ist er vielbeschäftigter Theater- und Fernsehschauspieler, Regisseur, sowie Intendant der Luisenburg-Festspiele.

M: Mönche

Erfinder der Starkbiersaison in Bayern waren die Mönche. Sie deklarierten den süffigen Doppelbock als "flüssige Nahrung", um die strengen Fastenregeln umgehen zu können. Die Fastenzeit war damit nicht mehr ganz so entbehrungsreich.

N: Nockherberg

Keine alpine Herausforderung, sondern eine Hochebene am Hang über dem östlichen Isarhochufer in München. Dort befindet sich die Gaststätte mit Biergarten einer Münchner Brauerei, in der das Politiker-Derblecken stattfindet.

O: Opposition

Die Opposition wird beim Politiker-Derblecken keinesfalls geschont. Florian Pronold muss sich Zeit seines Wirkens als bayerischer SPD-Chef genauso in die Pfanne hauen lassen wie Horst Seehofer.

P: Pater patriae

Als solcher wird der Landesvater respektive Ministerpräsident im Nockherberg-Trinkspruch (siehe: "Trinkspruch") tituliert. Beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg bekommt dieser selbstverständlich die erste Mass.

Q: Quotenbringer

Die Übertragung des Polit-Spektakels im TV und weltweit im Internet lässt die Einschaltquoten in die Höhe schnellen. Bei der Live-Premiere 2009 sahen die Sendung in Bayern durchschnittlich 1,4 Millionen Zuschauer – ein Marktanteil von 35,5 Prozent.

R: Regierung

Die amtierende Regierung, sei es im Land oder im Bund, muss sich besonders auf die Spitzen des jeweiligen Derbleckers und aus dem Singspiel gefasst machen (siehe: "CSU"). Doch auch die Opposition kommt nie ungeschoren davon (siehe: "Opposition").

S: Starkbierzeit

In Bayern wird die Fastenzeit auch "fünfte Jahreszeit" genannt. Sie beginnt am Aschermittwoch und dauert rund vier Wochen. In dieser Zeit wird ein besonders hochprozentiges Bier, das Starkbier, ausgeschenkt (siehe: "Einschenken").

T: Trinkspruch

Mit den Worten "Salve pater patriae! Bibas, princeps optime!" (Sei gegrüßt Vater des Vaterlandes! Trinke, bester Fürst!) und einer Mass Starkbier stößt der Fastenredner auf dem Nockherberg am Ende seiner Rede mit dem Landesvater an.

U: Ude

Münchens Oberbürgermeisters Christian Ude zählt zum Stammpersonal beim Nockherberg-Singspiel. Besonders lang wurde Ude vom Kabarettisten Uli Bauer gespielt.

V: Verschiebung

Drei Mal wurde das Polit-Spektakel in den vergangenen Jahren verschoben: 1991 wegen des zweiten Golfkrieges, 2003 wegen des Irak-Konflikts und 2009, weil am Tag vor dem Anstichtermin bei einem Amoklauf in Winnenden 16 Menschen getötet wurden.

W: Wadlbeißer

Einen solchen müssen sich auf dem Nockherberg auch Kirchenvertreter schimpfen lassen: "Jetzt hammer so einen ökumenischen Wadlbeißer und Marxisten" – so begrüßte Barnabas 2008 den Münchner Erzbischof Reinhard Marx.

X: Xaver

Braumeister Franz Xaver Zacherl übernahm im Jahr 1806 das ehemalige Klosterbrauhaus von den Paulaner-Mönchen und machte es zur bürgerlichen Brauerei. Der Zacherlweg von der Ohlmüllerstraße hinauf zum Nockherberg erinnert an ihn.

Y: Yeti

Das Fabeltier aus dem Himalaya hatte auf dem Nockherberg zwar noch keinen Auftritt, aber 2004 war seine Heimat Schauplatz des Singspiels "Höhenrausch am Nockherberg". Sir Edmund Stoiberi versuchte den Gipfel zu erklimmen.

Z: Zum bösen Spiel eine gute Miene

Diese machen Politiker beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg. Auch wenn sie böse derbleckt werden, haben die meisten Großkopferten den Anstand, die geistigen Ergüsse der Kabarettisten zumindest mit einem bemühten Lächeln zu goutieren.