- Direkt zum aktuellen Artikel: Domsingknaben: Neue Details zu Ermittlungen gegen Ex-Mitarbeiter
Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg ermittelt gegen einen ehemaligen Mitarbeiter der Augsburger Domsingknaben wegen des Verdachts der Kinderpornografie. Wie die Diözese Augsburg heute mitteilte, sei die Institution der Augsburger Domsingknaben von den Ermittlungsbehörden in Augsburg und Bamberg als Zeugin angehört worden. Unter Verdacht steht der ehemalige Assistent des Kulturmanagers, der verdeckt Kinder und Jugendliche gefilmt und fotografiert haben soll, unter anderem auch Sänger der Domsingknaben. In einem Fall wird auch wegen sexuellen Missbrauchs an einem damals 13 Jahre alten Buben ermittelt.
Verdächtiger hat fünf Jahre bei Domsingknaben gearbeitet
Der kaufmännische Geschäftsführer der Domsingknaben, Leonhard Fitz, bestätigte dem BR, dass sich die Fälle auf einen Zeitraum zwischen 2017 und 2020 beziehen. Der Verdächtige habe insgesamt fünf Jahre bei den Domsingknaben gearbeitet, sei in dieser Zeit auch bei Konzertfahrten der Sänger als Begleitperson dabei gewesen. Aufgeflogen war der heute 25 Jahre alte Mann im Zuge eines anderen Ermittlungsverfahrens in Großbritannien. Auf einem bei ihm gefundenen Datenträger hätten sich auch Aufnahmen gefunden, die die Ermittler nach Augsburg führten.
Augsburger Domsingknaben überrascht von Ermittlungen
Die Institution Domsingknaben sei daraufhin als Zeugin befragt worden. Man sei "überrascht und überrumpelt" gewesen, so Fitz, auch, weil man die Taten nicht habe verhindern können. Selbst die in Augsburg zuständige Ermittlerin aber habe eine so hohe kriminelle Professionalität bei dem Verdächtigen ausgemacht, dass man die Taten nicht habe mitbekommen können.
Die Eltern der Betroffenen seien bereits seit den ersten Verdächtigungen im Oktober 2022 informiert worden, mit Rücksicht auf die Opfer habe man die Öffentlichkeit erst jetzt informiert, so die Domsingknaben.
Ermittlungen gegen Verdächtigen laufen seit Jahren
Auf Rückfrage bestätigt die Bamberger Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen. Das "Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet" führt danach gemeinsam mit der Kriminalpolizeiinspektion Augsburg seit August 2020 ein Ermittlungsverfahren - zunächst wegen des Verdachts des Erwerbs und Besitzes kinderpornografischer Schriften gegen den mittlerweile in Dresden wohnenden Mann.
Polizei findet bei Verdächtigem Hunderte kinderpornografische Bilder
Ende September 2020 wurde laut Polizei seine Wohnung durchsucht, mehrere - teilweise verschlüsselte - Computer und Smartphones wurden sichergestellt. Bei der anschließenden Auswertung der sichergestellten Geräte seien auf einem unverschlüsselten Smartphone 378 kinderpornografische Bilder festgestellt worden.
Als die Polizei später auch die verschlüsselten Datenträger auswerten konnte, tauchten Fotos und Videos auf, die der Mann selbst gemacht hatte. Sie zeigen verdeckt aufgenommene Kinder und Jugendliche in Duschen oder Toiletten. Aufgrund der abgebildeten Räumlichkeiten sei schnell der Verdacht entstanden, dass es sich bei den heimlich gefilmten Kindern und Jugendlichen um ehemalige oder aktuelle Mitglieder des Chores handle. Hier ermitteln die Behörden nun wegen des Verdachts auf Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs.
Betroffene sind als Zeugen vernommen worden
In der Folge sei dann aufwendig versucht worden, die abgebildeten Personen zu identifizieren und anschließend als Zeugen zu vernehmen. 34 Betroffene seien identifiziert, einige noch nicht. In einem Fall habe sich aus einer Vernehmung eines Geschädigten der Verdacht eines sexuellen Missbrauchs eines zur mutmaßlichen Tatzeit 13-jährigen Buben in einer Wohnung des Beschuldigten in München im Jahr 2017 ergeben. Ob es sich dabei um einen Chorknaben handelt, ist nicht bekannt. Anhaltspunkte für weitere Sexualstraftaten lägen bislang nicht vor.
Domkapellmeister: Folgen sind nicht abschätzbar
Stefan Steinemann, künstlerischer Leiter der Domsingknaben und Domkapellmeister, sagte BR24, die Domsingknaben hätten mehrere Informationsabend für Sänger, Eltern und Angehörige abgehalten. Die Folgen des Vorfalls seien aber noch nicht abzuschätzen: "Wir merken, dass in den Familien ein großer Zusammenhalt besteht. Es besteht jetzt aber keine Wut auf die Institution, die nachvollziehbar wäre. Es ist ein großes Bedauern unsererseits".
Prävention bei den Augsburger Domsingknaben
Steinemann betonte, dass bestimmte präventive Maßnahmen zum Schutz der Kinder schon greifen, bevor neues Personal eingestellt wird. So seien eine verpflichtende Selbstauskunft und ein erweitertes Führungszeugnis bei einer Bewerbung nötig. Darüber hinaus seien Schulungsmaßnahmen verpflichtend. Die Institution selbst führt auch regelmäßig Mitarbeitergespräche und werde diese auch weiterhin vertiefen.
Korrekturhinweis: In der ersten Version dieses Artikel lautete die Überschrift "Videos in Duschen: Kinderpornoverdacht bei Domsingknaben". Das haben wir korrigiert. Denn gegen den mutmaßlichen Täter wird zwar auch wegen des Verbreitens von Kinderpornografie ermittelt, allerdings nicht im Zusammenhang mit den Domsingknaben. Im Zusammenhang mit dem heimlichen Filmen einiger Domsingknaben wird gegen den mutmaßlichen Täter wegen des Verdachts auf Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs ermittelt.
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