Krankenhaushalle
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Die neue Krankenhausreform soll Kliniken entlasten, manche sehen hierin jedoch auch ein Risiko.

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Krankenhausreform: Wie ist die Situation in den Regionen?

Jede zehnte Klinik ist in Bayern laut einem aktuellen Krankenhaus-Ranking von der Insolvenz bedroht. Die geplante Krankenhausreform soll neue Strukturen schaffen. Einige Regionen in Bayern fürchten jedoch das Aus für viele Kliniken. Ein Überblick.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Laut einem aktuellen Krankenhaus-Ranking sind etwa zehn Prozent der bayerischen Kliniken von der Insolvenz bedroht. Die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) geht davon aus, dass 90 Prozent der Krankenhäuser in Bayern mit einem finanziellen Defizit auskommen müssen. Die BKG spricht sogar von einem Rekordwert.

Krankenhausreform möchte "Maximalversorger"

Die Reformpläne, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) umsetzen möchte, sehen vor, Fachkräfte in größeren Häusern zu bündeln und auf dem Land nur noch eine Basisversorgung anzubieten.

Dafür sollen Kliniken in drei Stufen eingeteilt werden: eine wohnortnahe Grundversorgung als Stufe eins, eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten bis hin zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken. Lauterbach zeigte sich offen für regional flexiblere Lösungen. Die bezogen sich aber auf die geplante zweite Stufe.

Sorge von Landräten in Niederbayern

Nach der geplanten Reform dürften zum Beispiel Ärzte in Mallersdorf und Bogen nur noch eine Basisversorgung anbieten. Sie dürften also keine Operationen mehr an Herz, Darm oder Knie durchführen. Damit würden den Krankenhäusern 13.000 Patientinnen und Patienten pro Jahr wegfallen. Ähnlich wäre die Situation in den Krankenhäusern Rotthalmünster, Vilshofen und Wegscheid. 65 Prozent der Patienten könnten so zukünftig nicht mehr aufgenommen werden.

Die niederbayerischen Landräte sehen dadurch die Gesundheitsversorgung in der ländlichen Region gefährdet. Sie hoffen auf regionale Lösungen bei der Krankenhausreform und fordern vor der Reform Soforthilfen vom Bund für Kliniken, die in finanziellen Schwierigkeiten stecken.

Krankenhäuser setzen auf "Alarmstufe rot"

Die Krankenhäuser machten mit einem bundesweiten Protesttag "Alarmstufe rot" auf ihre wirtschaftliche Lage aufmerksam - in Bayern aus allen Regierungsbezirken: etwa das Klinikum Landsberg am Lech in Oberbayern, die Münchner Klinik in Harlaching, das Krankenhaus Agatharied in Hausham bei Miesbach, das Innklinikum Altötting und Mühldorf, die urologische Klinik in Planegg oder die Ilmtalkliniken.

In Schwaben waren es zum Beispiel die Stiftungskliniken Weißenhorn oder das BKH in Günzburg. Hier wurde die äußere Fassade mit einem roten Licht angestrahlt, als äußeres Zeichen für die angespannte Lage.

Um eine Schließung zu verhindern und dem wirtschaftlichen Problem entgegenzuwirken, haben sich einige Regionen bereits konstruktive Maßnahmen überlegt.

Umstrukturierung in Dillingen und Wertingen

Die Kliniken in Dillingen und Wertingen zum Beispiel melden ein Defizit von mindestens 15 Millionen Euro. Sie haben ein Konzept zur Rettung der Krankenhäuser entwickelt. Eine Notaufnahme rund um die Uhr wird es nur noch in Dillingen geben, während die Notaufnahme in Wertingen nur tagsüber öffnet.

Das Krankenhaus in Wertingen wird sich auf Altersmedizin und bestimmte orthopädische Eingriffe konzentrieren, während man sich in Dillingen zusätzlich auf Beckenbodenbehandlungen in der Geburtsstation spezialisieren möchte. Eine Abteilung für HNO und Augenheilkunde wird dagegen aufgegeben. Und man wolle insgesamt mehr auf ambulante Operationen setzen und die Zusammenarbeit mit anderen Krankenhäusern intensivieren. So könne Geld gespart werden.

Diese Entwicklung hat man in Donau-Ries schon umgesetzt. Hier kam es mehrere Jahre zu einer positiven Jahresbilanz. Ein Gutachten bestätigt: Hier habe man die richtigen Schwerpunkte an den Kliniken gesetzt, die man weiter ausbilden solle. Hier war die Empfehlung des Gutachters ambulante Operationen auszuweiten, in spezielle Behandlungsmöglichkeiten für ältere Menschen und in die Onkologie sowie Radiologie zu investieren.

Kooperationsmodell auch in Schwaben

Ein etwas anderes Modell findet sich zwischen der Wertachklinik in Schwabmünchen und dem Augsburger Universitätsklinikum. Etwa der Chefarzt an der Uniklinik Augsburg Hyhlik-Dürr: Er wechselt regelmäßig in das sehr viel kleinere Krankenhaus in Schwabmünchen, um hier zu operieren.

"Wir als Uniklinikum wollen die kleinen Krankenhäuser stützen", sagt Hyhlik-Dürr. Für ihn seien sie wichtig, um Patienten nahe an ihrem Wohnort versorgen zu können, aber auch aus einem weiteren Grund. Ohne die kleinen Häuser könnte man gar nicht alle Patienten behandeln, warnt Hyhlik-Dürr: "Wir brauchen genügend Kapazitäten und die haben wir am Uniklinikum ehrlich gesagt nicht immer." Teils werden sogar Patienten aus Augsburg nach Schwabmünchen verlegt, damit sie schneller an einen OP-Termin kommen. Im Uniklinikum in Augsburg bleiben so Kapazitäten in den OPs frei für Fälle, die in kleineren Häusern nicht behandelt werden könnten.

Mittelfranken setzt auf Zusammenarbeit

Ein weiteres Beispiel aus Mittelfranken zeigt, dass ein Kooperationsmodell gut funktionieren kann. Das Klinikum Altmühlfranken hat sich vor mehr als 20 Jahren dazu entschlossen, die medizinischen Strukturen aufeinander abzustimmen, sagt Klinikchef Schneidewin.

Das bedeutet: Die beiden Kliniken im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen unterhalten nicht alle Stationen, sondern jedes Haus hat sich spezialisiert. So gibt es zum Beispiel in Gunzenhausen unter anderem Kardiologie und Unfallchirurgie, dafür ist in Weißenburg zum Beispiel die Gastroenterologie und die Geburtshilfestation untergebracht. Durch die Spezialisierung an den beiden Standorten stehe das Klinikum auch wirtschaftlich gut da, erklärt Klinikchef Schneidewin.

Engehausen sieht Finanzierung vor Reform

Trotz vieler Umstrukturierungsmaßnahmen fehle es weiterhin an Geldern für die Krankenhäuser. Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft Roland Engehausen nennt als Hauptgrund hierfür die Inflation.

Im Interview mit BR24 sagte er, die Finanzierungslücke sei da und müsse auch jetzt ausgeglichen werden. Grundsätzlich sieht er den Bedarf einer Krankenhausreform: "Wir brauchen (...) eine Reform für die nächsten Jahre und Jahrzehnte in Bezug auf den Fachkräftemangel und die demografischen Herausforderungen. Und dazu sind wir auch bereit. Aber eine Reform löst natürlich nicht die Finanzierungslücke jetzt und im nächsten Jahr."

Für ihn sei ihn erster Linie das Ziel, den finanziellen Druck von den Kliniken zu nehmen. Dafür könnte man zum Beispiel die Investition für den Bau und Erhalt von Krankenhäusern erhöhen. Laut Engehausen sei hier in Gesprächen mit dem Freistaat Bayern von einer Milliarde für die Krankenhäuser die Rede.

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