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Auch in Bayern fehlen Steuerfahnder.

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Cum-Ex-Debatte: In Bayern fehlen Steuerfahnder

Nach der Kündigung der Kölner Cum-Ex-Anklägerin Anne Brorhilker steht die Steuerfahndung im Mittelpunkt der Diskussion. Bundesweit fehlt es an entsprechendem Personal - so auch in Bayern. Dabei geht es um viel Geld für den Staat.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Cum-Ex-Chefermittlerin Anne Brorhilker hat hingeschmissen. Sie wechselt offensichtlich frustriert zur Nichtregierungsorganisation "Finanzwende", mit deren Hilfe sie die - aus ihrer Sicht "schwach aufgestellte Justiz" - stärken will.

Dem Freistaat Bayern haben Steuerfahnder laut "Finanzwende" allein 2021 mehr als 300 Millionen Euro eingebracht. Damit steht Bayern im Ländervergleich gut da: Nur Nordrhein-Westfalen (NRW) hatte in dem Jahr höhere Einnahmen dank ihrer Steuerfahnder. Aber: In NRW sind die Steuerfahnder zahlreicher und besser ausgestattet gewesen.

Bayern im Ländervergleich hinten

Ein Ländervergleich hat laut bayerischem Finanzministerium ergeben, dass im Verhältnis der Steuerfahnder zur Einwohnerzahl Bayern auf dem 8. Platz lag, beim Verhältnis von Umsatzsteuersonderprüfung zu Unternehmen nur den letzten Platz erreicht hat.

Finanzminister Albert Füracker (CSU) wies bei der Gelegenheit darauf hin, dass so ein Ranking keine Aussagekraft über die Arbeitsfähigkeit der Steuerverwaltung eines Landes habe. Aktuell heißt es, die Zahl der Fahndungsprüfer sei in den vergangenen zehn Jahren (zwischen 2013 und 2023) von 345 auf 464 gesteigert worden, was einem Wachstum von 34 Prozent entspreche.

Gewerkschaft: Die Fälle in Bayern sind größer

Dem entgegnet Gerhard Wipijewski, der Vorsitzende der Bayerischen Finanzgewerkschaft bfg: "Die Steuerzahler in Bayern sind potenter, die Fälle größer." Seine Leute machten einen guten Job, deshalb sei es auch kein Wunder, dass sie - trotz des Personalmangels - ordentliche Einnahmen erzielten.

Laut Wipijewski hat sich die Zahl der Steuerfälle seit 2012 um 40 Prozent erhöht. Schon damals hatte der Oberste Rechnungshof festgestellt: "In der Steuerverwaltung besteht ein erheblicher Personalmangel. Dies führt zu massiven Steuerausfällen."

Sonderkommission Schwerer Steuerbetrug

Um die großen Fälle zu bearbeiten, wurde 2013 die "Sonderkommission Schwerer Steuerbetrug" gegründet. Mit 60 Leuten fing man an, heute sind es über 200. 1,7 Milliarden Euro hat die Sonderkommission dem Freistaat laut Finanzministerium schon eingebracht. Dort werden auch die bayerischen Cum-Ex-Fälle bearbeitet.

Gleichzeitig räumt auch das Finanzministerium ein, dass es Nachwuchsprobleme hat: Der Abgang geburtenstarker Jahrgänge bei gleichzeitigem Fachkräftemangel wirkt sich auch auf die Steuerverwaltung aus, zumal die Ausbildung zum Steuerfahnder dauert. Nach einem Studium folge eine zweijährige Fahndungsausbildung, berichtet Gerhard Groh von der Gewerkschaft Verdi. Schon jetzt sei es so, dass es mehr Stellen als Bewerber gebe.

Fahnder allein reichen nicht

Doch laut Wipijewski von der Bayerischen Finanzgewerkschaft ist es mit mehr Steuerfahndern allein nicht getan. Damit diese nämlich effektiv arbeiten könnten, müssten die Finanzämter ordentlich funktionieren, erläutert Wipijewski: "Denn irgendjemand muss einen Steuerfall ja als im strafrechtlichen Sinne verdächtig ausmachen. Das passiert üblicherweise nicht durch die Steuerfahndung, sondern durch die Betriebsprüfung."

Opposition: Finanzverwaltung stärken

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Tim Pargent, sieht das ähnlich: "Besonders in der Fläche braucht es schlagkräftige Steuerfahndungen und mehr Personal in der Finanzverwaltung." Mit mehr Leuten größere Fische fangen, so Pargent.

SPD-Haushaltsexperte Volkmar Halbleib fordert gleich tausend neue Stellen in Verwaltung und Fahndung: "Während bei Arbeitnehmern die Steuern automatisch direkt vom Lohnzettel abgezogen werden, hinterziehen Superreiche Steuern - und werden wegen der schlechten Personalausstattung häufig nicht erwischt!" Aus Halbleibs Sicht würden sich die neuen Stellen schnell amortisieren: Über eine Million Euro Mehreinnahmen im Jahr bringe jeder Prüfer und jede Prüferin.

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