Report München


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Wegen Verständnis für Israel Bedroht, beschimpft, beleidigt

Hass und Hetze – damit werden Ahmad Mansour, Düzen Tekkal und Seyran Ates derzeit täglich in sozialen Medien konfrontiert. Weil sie den Anschlag der Hamas auf Israel verurteilt haben. Seyran Ates musste jetzt wegen Bombendrohungen ihre Moschee in Berlin schließen, Psychologe Ahmad Mansour kann nur noch mit Sicherheitspersonal auf die Straße, auch die Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal wird laufend bedroht. Wie dieser Hass ihr Leben verändert und was sie in dieser Situation empfehlen, darüber sprechen sie mit report München.

Von: Ulrich Hagmann, Sabina Wolf

Stand: 06.11.2023

"Hoffentlich wird einer von euch bald auf offener Straße enthauptet. Ihr Hurensöhne, die einzige Moschee, bei der ich kein Problem hätte, dass eine Brand-Stiftung stattfindet."

Seyran Ates

"Mein Name ist Seyran Ates. Ich bin Rechtsanwältin, Buchautorin und Gründerin einer liberalen Moschee. Parallel zu dem Krieg gegen Israel und unserer Positionierung als liberale Moschee auf Seiten Israels kam hinzu, dass wir erfahren haben, dass eine Gruppe von Islamisten einen Anschlag geplant haben gegen unsere Moschee. Und ich habe die Entscheidung getroffen, dass wir vorübergehend den offenen Betrieb einstellen."

Seyran Ates

Seyran Ates, geboren in der Türkei, kurdisch-türkischer Herkunft, Gründerin der Ibn-Rushd-Goethe Moschee in Berlin, die sie jetzt geschlossen hat.

"Ich lade durchaus diese Leute ein. Das mal mir ins Gesicht zu sagen, das wird mich wirklich freuen. Ich würde diesen Menschen gerne begegnen. Ich würde gerne sehen, was das für Menschen sind. Ich würde sehr gerne erfahren, was diese Menschen für ein Leben führen."

Seyran Ates

Polizeischutz rund um die Uhr, er ist extrem gefährdet.

"Mein Name ist Ahmad Mansour. Ich bin arabisch-israelisch palästinensischer Herkunft und arbeite seit Jahren gegen Extremismus, Antisemitismus. Ja, ich bin bedroht von meinen eigenen Leuten, die eigentlich aufgrund meiner Bekämpfung von Antisemitismus so wütend sind, dass ich zusätzlich geschützt werden muss."

Ahmad Mansour

Ahmad Mansour ist in Israel geboren, arabisch-palästinensischer Herkunft, Psychologe und Deradikalisierungsexperte. Auch er erhält Drohungen: "Wir wollen dich umbringen, du, verdammt Hurensohn"

"Ich muss sagen, das sind die schwersten Wochen meines Lebens aus sehr unterschiedlichen Gründen. Wir reden gerade auch über meine Gefährdung. Das ist nicht etwas, was man einfach so verdauen kann. Das beschäftigt mich massiv. Ich bin Vater, ich habe eine Familie und ich habe Verantwortung, auch für ihre Sicherheit. Und das ist etwas, was emotional sehr belastend ist."

Ahmad Mansour

"Mein Name ist Düzen Tekkal. Wir haben einen Verein gegründet auf der Asche des Völkermords an unserer Religionsgemeinschaft 2014, der Völkermord an den Jesiden, begangen durch die IS, Mörderbanden. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass mir die Solidarität entzogen wird als Menschenrechtsaktivistin, weil ich mich gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben ausspreche. Deswegen war ich ziemlich geschockt über die Wucht der Bedrohung, die mich erreicht hat. Und leider Gottes sind auch Morddrohungen dazwischen."

Düzen Tekkal

Sie erhält solche Nachrichten: "Ich spucke auf deine jesidische Visage, du Teufelsanbeterin."

Auslöser für die jüngste Hasswelle: Ihr Auftritt bei der Solidaritätsveranstaltung für Israel am 20. Oktober in Berlin:

"Es geht um die Bekämpfung Israel bezogenem Antisemitismus, linkem und rechten Antisemitismus."

Düzen Tekkal am 20.10.23

Dabei erwähnt sie ausdrücklich auch das Leid der Zivilbevölkerung in Gaza.

"… dass ich auf dieser Solidaritätsveranstaltung neben dem Bundespräsidenten neben dem Botschafter Israels das Leid der Menschen in Gaza und Palästinenser angesprochen habe, dass ich dann im Nachhinein ausgerechnet ich dann angegriffen werde, obwohl ich sozusagen eine der wenigen war, die das auch gesagt hat, entbehrt jeglicher Grundlage. Das heißt, wir leben in Zeiten, wo es gar nicht mehr darum geht, was du sagst, sondern was daraus gemacht wird."

Düzen Tekkal

"Ich habe ja sofort auch mitbekommen wie andere, als die Hamas Israel angegriffen hat, wie in Deutschland gefeiert wurde. Und mir fehlen eigentlich die Wörter, um diese bestialische Tat zu beschreiben. Und dass Menschen das gefeiert haben. Das hat mir sehr weh getan. Es nimmt mir den Atem."

Seyran Ates

Videos Demo: "Ihr Mörder, meine Familie ist gerade bombardiert."

"Ich sage es noch mal ich habe überhaupt kein Problem, dass die Leute auf der Straße gehen für Gaza und für Palästina sind. Man merkt, dass die für Menschen sehr emotionalisiert, und da sollten wir uns die Frage stellen was haben Sie dann zuhause angeschaut, bevor sie auf der Straße gegangen sind?"

Ahmad Mansour

"Hamas hat eine massives Interesse, auch die europäischen Städten zu aktivieren. Sie haben in sozialen Medien eine Tsunami ausgelost? An Fake-News, an emotionalisierten Bildern?"

Ahmad Mansour

"Was ist mit denen, die Hasspredigten betreiben? Was ist mit denen, die Hassrede betreiben? Warum kommen die davon?" Düzen Tekkal

"Da ist jetzt auch die Bundesregierung gefragt. Da sind die sozialen Medien gefragt, da ist TikTok gefragt, da ist Meta gefragt. Das hier ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Der Terror wird in den Köpfen platziert."

Düzen Tekkal

"Erst mal ist diese Frage, warum ich das tue eine Frage, die mich tagtäglich beschäftigt. Wird Deutschland ein besserer Ort sein, ein demokratischer, toleranter Ort sein, wenn die kritischen Stimmen einfach stummgeschaltet werden? Wenn wir nicht mehr sprechen?"

Ahmad Mansour

Alle drei Gesprächspartner betonen ihr Mitgefühl auch mit dem Leid der Palästinenser in Gaza.

"Wie kann es denn sein, dass ich jetzt ein Problem haben muss, weil ich für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, gegen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit, werbe und diejenigen, die die Hassprediger sind, sich ins Fäustchen lachen und sich sicher fühlen? Was stimmt denn nicht in diesem Land?"

Düzen Tekkal

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Anna , Mittwoch, 08.November 2023, 01:41 Uhr

1. Bedroht, beschimpft , beleidigt

Ich bin tief erschrocken und habe Hochachtung vor diesen drei tief humanistischen Menschen ! Wir brauchen viel mehr von solchen Persönlichen und von derartigen Sendungen .

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