Report München


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Anfällige Technik Dürre lässt spezielle Wärmepumpen ausfallen

Die Wärmepumpe ist das zentrale Element, mit dem die Bundesregierung die Wärmewende schaffen will. Doch erste Fälle zeigen: Die zunehmende Trockenheit kann einen besonderen Typ von Wärmepumpen unbrauchbar machen. Wenn das Grundwasser in einer Region zu stark absinkt, funktionieren die Geräte nicht mehr. Ausgerechnet diese Art von Wärmepumpe fördert die Bundesregierung neben anderen mit einem Bonus.

Von: Gabriele Knetsch, Lino Herrmann und Lukas Graw

Stand: 18.07.2023

Dürre lässt spezielle Wärmepumpen ausfallen | Bild: BR

"Das hier ist unser Wasserzähler, der sich leider nicht mehr dreht. Das ist jetzt die Grundwasserleitung. Da kommt das Wasser rein. Die Pumpe wäre jetzt an, hätte Strom, aber es kommt kein Wasser mehr. Der Zähler steht still, man hört kein Rauschen mehr, das heißt, Wasser im Brunnen ist nicht mehr da."

Michael Mönner, Heizungstechniker

Mitten im Winter fiel die Grundwasserwärmepumpe von Michael Mönner aus. 13 Jahre lang lief sie immer zuverlässig. Und nun das: der Grundwasserspiegel senkte sich ab. Die Pumpe steht im Sand.

"Man sieht auf der ersten Einstellung die Fehlermeldung, dass im Prinzip der Quellendruck zu gering ist, kein Wasser mehr kommt."

Michael Mönner, Heizungstechniker

Tiefer darf er nicht mehr bohren.

"Das Risiko war nicht bewusst, war nicht, dass das Grundwasser plötzlich weg sein kann in unseren Breitengraden. Da kommst du dir vor wie in der Wüste. Und es gibt kein Wasser mehr."

Michael Mönner, Heizungstechniker

Eine Frage stellt er sich bis heute: warum wurde diese Pumpe überhaupt genehmigt? Nicht nur in München stehen Grundwasserwärmepumpen auf dem Trockenen. Auch in Baden-Württemberg finden wir Fälle … und in Niedersachsen.

Ahrbergen, südlich von Hannover. Heizungsinstallateur Stefan Jünemann bekam kürzlich einen Anruf: Die Grundwasserwärmepumpe ist aus.

"Innerhalb drei Tagen, rief der zweite Kunde an mit der Wasser-Wasser-Wärmepumpe. Da hatten wir genau das gleiche Spiel. Und dann kam halt der dritte innerhalb von - ich würde sagen zehn bis 14 Tagen. Und dass drei Wärmepumpen, Wasser-Wasser in so kurzer Zeit das gleiche Problem haben, die vorher jahrelang einwandfrei liefen, nie dieses Problem hatten… Ist eigentlich recht ungewöhnlich."

Stefan Jünemann, Heizungstechniker

Glück für mindestens einen seiner Kunden: Er durfte tiefer bohren, jetzt läuft die Wärmepumpe wieder.

Für Wärmepumpen gibt es drei verschiedene Systeme:
Die einen ziehen Energie aus der Luft
Die anderen aus der Erde
Wieder andere: aus dem Grundwasser

Grundwasser- und Erdwärmepumpen sind besonders effizient. Deshalb fördert die Bundesregierung sie mit einem zusätzlichen Bonus - 5% mehr als fast alle Luftwärmepumpen. Auf das Risiko der Grundwasserwärmepumpe wird in der Förderrichtlinie nicht hingewiesen.

Ausfälle könnten häufiger werden

Dabei könnten solche Ausfälle häufiger werden. Denn durch die zunehmende Trockenheit dürfte der Grundwasserspiegel an vielen Orten in Deutschland sinken - warnen Experten wie Ulrich Spindler.

"In Zukunft muss man genauer darauf achten: Wie ist die Entwicklung? Ist mit sinkendem Grundwasserspiegel in der Region zu rechnen? Dann würde ich sagen muss man das Thema noch mal genauer anschauen und genauer hinterfragen, ob das wirklich sinnvoll ist."

Ulrich Spindler, Lehrstuhl für Energie- und Gebäudetechnik, TH Rosenheim

Das Problem: Bisher wissen seiner Erfahrung nach nicht mal Fachleute von diesem Risiko. Heute will er Handwerker in einer Schulung darauf aufmerksam machen.

"Ich vermute, dass es dort noch nicht Thema ist, dass das bei denen noch nicht so angekommen ist. Das ist ja für die meisten Leute noch ein relativ neues Thema."

Ulrich Spindler, Lehrstuhl für Energie- und Gebäudetechnik, TH Rosenheim

Für ihn sind Wärmepumpen für die Energiewende unverzichtbar. Gerade deshalb sollten Handwerker auch wissen, wann manche von ihnen nicht funktionieren.

"Klimawandel ist ein Thema. Es tauchen die ersten Fälle tatsächlich auf, wo also Grundwasser-Brunnen versiegen und dann nimmer genügend Grundwasser bieten."

Ulrich Spindler, Lehrstuhl für Energie- und Gebäudetechnik, TH Rosenheim

Die große Überraschung: Viele Fachleute hatten das Thema schon selbst auf dem Tisch - und wünschen sich mehr Unterstützung der Behörden:

"Bei den Probebohrungen ist rausgekommen, dass die Grundwassermenge nicht ausreicht."

"Risikoabschätzung können Sie gleich vergessen. Übers Wasserwirtschaftsamt kriegen Sie keine Aussagen."

Bohrung auf eigenes Risiko

Das bestätigt Heizungsinstallateur Michael Mönner. Für seine Wärmepumpe musste er auf eigenes Risko bohren. Von Seiten der Behörden gab es keine Warnung. Die Genehmigung wurde erteilt. 

"Da steht, dass es keine Bedenken gegen das Vorhaben gab. Aber sinnvoll war es nicht. Weil es nach 13 Jahren verschwendetes Geld war."

Michael Mönner, Heizungstechniker:

Bilder von seiner Bohrung. Rund 15 Meter ging es in die Tiefe.

"Hat ungefähr 15.000 € damals gekostet die Bohrung, also die zwei Bohrungen zusammen. - 15.000 Euro, die sind weg. - Ärgerlich? - Ja, das ist für mich total ärgerlich. Hat uns auch damals keiner davor gewarnt oder gesagt gehabt Passt auf, wird vielleicht weniger oder ist grenzwertig tief. Sondern haben gesagt: Ja, stell den Antrag, darfst du bohren."

Michael Mönner, Heizungstechniker

Ein harter Vorwurf. Stimmt er? Wir bitten das Wasserwirtschaftsamt in München um einen Termin.

Zuständig für die Beurteilung sind die regionalen Wasserwirtschaftsämter. Deutschlandweit mehr als 300. Wir schreiben alle an. Können sie konkrete Angaben zum Grundwasserspiegel in ihrem Zuständigkeitsbereich machen? Geben sie Prognosen ab?

Rund 150 antworten. Viele "Neins" auf unsere Fragen.

Mehr als die Hälfte gibt an, keine Daten zu Grundwasserhöhen an Grundstücken vorliegen zu haben. Die anderen verweisen auf Daten unterschiedlicher Qualität.

Unzureichende Daten

Für den Grundwasserforscher Kai Zosseder sind unsere Ergebnisse keine Überraschung. Er hat in einem Pilotprojekt für die Stadt München alle verfügbaren Daten in ein digitales Modell überführt. In Deutschland: bisher die Ausnahme.

"Steht noch nicht überall zur Verfügung. Und in den ländlichen Bereichen sind die Messstellen oft weiter auseinander. Da müsste man vielleicht auch nachverdichten, um bessere Informationen zu liefern. Wir haben uns sehr viel mit Hochwasser beschäftigt, Niedrigwasser ist erst jetzt in den Fokus gerückt. Da muss man noch viel Arbeit machen."

Kai Zosseder, Lehrstuhl für Hydrogeologie, TU München

Dabei könnte sich das Problem weiter verschärfen.

Das zeigt eine Auswertung durch das Recherchezentrums Correctiv. Die Datenjournalisten haben tausende Messstellen in Deutschland untersucht. An vielen ist der Grundwasserspiegel in den letzten 30 Jahren gesunken. Aber auch diese Daten sind lückenhaft und schwer vergleichbar.

Ist das Ausfallrisiko für Grundwasserwärmepumpen dem Bundeswirtschaftsministerium bekannt?

Auf diese Frage bekommen wir keine Antwort. Das Ministerium verweist auf die Verantwortung des Planers, zu beachten, ob ein Absinken des Grundwassers zu erwarten ist.

Installateure und Kunden sollen als selbst Daten sammeln. Für Grundwasserforscher Kai Zosseder ist das keine Lösung. Denn umfassend könnten das nur die Behörden.

"Der Wunsch wäre natürlich, so hochaufgelöst wie es geht also ein so enges Messnetz wie es zumutbar ist. (…) Für die Zukunft vorausschauend. Was können wir denn an Niedrigwasser erwarten, wenn sich der Klimawandel so weiterentwickelt, wie er es jetzt gerade andeutet."

Kai Zosseder, Lehrstuhl für Hydrogeologie, TU München

Unser Termin beim Wasserwirtschaftsamt klappt. Wir zeigen dem Leiter den Fall von Michael Mönner: Warum hat das Amt vor 13 Jahren nicht gewarnt?

"Wir können nicht beeinflussen, ob es regnet oder nicht und damit, wie sich die Grundwasserneubildung entwickelt, können wir nicht. Und es ist in der Eigenverantwortung des jeweiligen Planers."

Stefan Homilius, Leiter Wasserwirtschaftsamt München

Das Risiko: trägt der Bauherr.

"Eine Haftung können wir natürlich nicht übernehmen."

Stefan Homilius, Leiter Wasserwirtschaftsamt München

Von den Behörden enttäuscht

Immerhin: Bis 2025 will die Bundesregierung Daten zum Grundwasserstand zusammenführen. Allerdings ist auch sie dann auf die oft lückenhaften Daten der Länder und Wasserwirtschaftsämter angewiesen. Michael Mönner hilft das nichts mehr. Er ist von den Behörden enttäuscht. Tausende Euro sind futsch. Er heizt vorerst mit Gas.

"Ich finde es schade, dass wir jetzt wieder beim Gas gelandet sind. Weil wir wollte ja weg vom Gas. Deswegen haben wir auch damals die Wärmepumpe schon eingebaut."

Michael Mönner, Heizungstechniker

Die neue Wärmepumpe steht schon bereit. Keine Grundwasserpumpe, sie funktioniert mit Luft. Nochmal tausende Euro, die er selbst bezahlen muss.

Manuskript des report-Films zum Druck

Manuskript als PDF:


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