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Corona-Alarm weltweit Wie Deutsche die Pandemie im Ausland erleben

Die WHO schlägt Alarm: Rund 300.000 Menschen infizieren sich täglich mit dem Corona-Virus. So schlimm war es noch nie. Das Virus tobt in den USA, aber auch Länder wie Südafrika sind massiv betroffen. Und Hongkong erlebt gerade eine neue Welle, verstärkt die Schutzmaßnahmen massiv. Wie gehen Deutsche, die teilweise schon seit vielen Jahren in den betroffenen Ländern leben, mit der Pandemie und der Gefahr um?

Author: Ulrich Hagmann, Maximilian Tenschert

Published at: 4-8-2020

Deutscher Priester in Kapstadt | Bild: BR

Miami

Florida, einer der schlimmsten Corona-Hotspots in den USA und Miami der größte Infektionsherd. Mittendrin die Deutsche Jennifer Fidder.

"Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man weiß, wir sind jetzt so das Epizentrum und die ganze Welt guckt auf Miami.
Wie es denn jetzt weitergeht und ob wir das irgendwann wieder unter Kontrolle kriegen?
Und im Moment sieht es schlecht aus. Glaube ich. Also, wir haben jeden Tag. Ich glaube in Miami selber so um die 2000, 3000 neue Fälle. Und in Florida um die 9000 neue Fälle also jeden Tag."

Jennifer Fidder

Jennifer Fidder ist 39 Jahre alt und stammt aus Erkelenz. Seit 2010 lebt sie in den USA, hat als Personal Fitnesstrainerin und Coach Karriere gemacht. Sie nimmt uns mit auf Tour durch Miami. Rund 500.000 Infizierte und über 7000 Tote – das ist die traurige Corona Bilanz im Sunshine State Florida.

"Das ist unser wöchentlicher Food Drive Through, dass jede Woche Essensausgabe ist für diejenigen, die ihren Job verloren haben."

Jennifer Fidder, Personal-Fitnesstrainerin

"Miami ist halt einfach auch eine Party-Stadt. Und das war auch glaube ich der große Fehler, den wir am Anfang hatten, da war ja springbreak im März und ich glaub, das war auch ein großer Fehler, dass die noch gesagt haben, ja komm wir lassen noch die Leute rein und gucken dann, was passiert."

Jennifer Fidder, Personal-Fitnesstrainerin

Lange haben Sie in Florida die Corona Gefahr geleugnet. Dann gab es einen Lock-Down, der wurde aber schnell wieder gelockert. Jetzt haben verschiedene Countys auf lokaler Ebene strenge Maskenpflichten eingeführt.

"Was mich halt am meisten ärgert an der ganzen Situation ist, dass sich manche Leute halt nicht daran halten und in den USA ist es halt so: Die lieben alle ihre Freiheit. Na und diese Maske sehen sie dann als Einschränkung ihrer Freiheit schon. Und deswegen kommen wir auf keinen grünen Zweig."

Jennifer Fidder

Kapstadt

Auch Südafrika gehört zu den Corona-Hotspots weltweit. In Kapstadt lebt Pfarrer Stefan Hippler schon seit 1997. Er hat die Hilfsorganisation Hope gegründet, die AIDS-Kranken und Armen in den Slums und Townships hilft.

"Sehr viele Menschen verlieren momentan ihre Wohnungen. Es gibt Tausende von Menschen, die momentan auf der Straße sind und nicht wissen, wie es weitergeht und sie haben sozusagen das Recht in die eigene Hand genommen und haben versucht, sich selbst ein Grundstück, ja unter den Nagel zu reißen und das gab ein Gesamtbild wirklich von Mord und Totschlag."

Pfarrer Stefan Hippler, Hope Cape Town

Wie Deutsche die Pandemie im Ausland erleben | Bild: BR

Handyvideos von Pfarrer Hippler zeigen die alltägliche Gewalt in den Townships. Corona legt die sozialen Konflikte in Südafrika gnadenlos offen. Hope Cape Town ist die einzige Hilfsorganisation, die sich derzeit noch in die Townships traut. Jeden Tag versorgt Pfarrer Hippler mit 39 Mitarbeitern über 1000 Menschen, vorwiegend Kinder, mit Nahrung.

"Seit dem Lockdown, also für 123 Tage, sind wir hier dabei, jeden Morgen und jeden Mittag  Kinder vor allem, aber auch Mütter und andere Menschen, die kein Einkommen haben, mit Essen zu versorgen."

Pfarrer Stefan Hippler, Hope Cape Town

"‚Social Distancing‘, Abstand halten, wenn man auf neun oder zwölf Quadratmetern wohnt, mit zehn Leuten, wie soll man da Abstand halten? Wie sollen Menschen leben, Hygiene einhalten, wenn es kein Wasser gibt? Südafrika hat wirklich versucht, die Regeln, die in Europa vielleicht funktionieren, eins zu eins umzusetzen auf die Townships. Wir sind momentan Tag 125 des Lockdowns. 125, in der ersten, ganz strengen Phase hat man das Militär eingesetzt. Die Leute sind geknüppelt worden, damit sie in ihren Hütten bleiben."

Pfarrer Stefan Hippler, Hope Cape Town

Hong Kong

Hong Kong galt bisher als Vorbild in der Corona-Krise. Doch jetzt steigen die Fallzahlen. Stefan H. aus Ludwighafen lebt schon seit 1998 in Hong-Kong. Der Finanzmanager ist mit einer Einheimischen verheiratet und hat 2 Kinder.  

"Wenn man nach Hause kommt, dass man sofort an der Eingangstür, die Schuhe auszieht, weil sich da irgendetwas daran angesetzt haben kann, und die desinfiziert. Oder kurz absprüht mit einer Alkohol-Lösung, dass man die Kleidung sofort wechseln und in die Waschmaschine steckt, die, die man getragen hat, dass man sich sofort dann duscht wenn man heimkommt."

Stefan H., Finanzmanager

Hong-Kong wird autoritär regiert. Die Regeln werden hier von der Bevölkerung sehr strikt befolgt.  Alle tragen Masken, Social-Distancing wird eingehalten, Dennoch steigen die Zahlen jetzt wieder an. Hong-Kong erlebt die dritte Welle. Obwohl es nur rund 3500 Infizierte gibt, sind alle alarmiert. 

"Da gibt es sehr, sehr viele Wohnungen und die sind halt relativ klein, also irgendwie 40 Quadratmeter, dass da vier Leute zusammenwohnen auf engem Raum, und das erhöht natürlich das Ansteckungsrisiko automatisch."

Stefan H., Finanzmanager

Orlando

Zurück nach Florida: Aus Orlando hat sich Nadine Eisenhut aus Nürnberg bei uns gemeldet. Die 43-jährige lebt seit 5 Jahren in den USA. Sie hat wegen Corona ihren Job in der Tourismusbranche verloren.

"Es macht schon Sorge, weil so viele Leute hier von der Tourismus-Branche abhängig sind, das heißt speziell hier in Florida sind natürlich unheimlich viele Leute arbeitslos."

Nadine Eisenhut, Hotelangestellte

Die Eisenhuts leben in einer typisch amerikanischen Vorstadtsiedlung und waren, wie viele Menschen in Amerika, lange sorglos.

Wie Deutsche die Pandemie im Ausland erleben | Bild: BR

"Ich bin dann selber, ich muss es zugeben, auch ohne Maske einkaufen gegangen. Ich habe das überhaupt nicht ernst genommen. Und die anderen Leute eigentlich auch nicht."

Nadine Eisenhut

Rund um ihr Haus fanden illegale Partys statt. Denn viele der Häuser in ihrer Gegend sind Ferienhäuser.

"Und in dem Ferienhaus hier neben uns, hat sich vor ein paar Wochen diese Riesenfeier abgespielt, da war also die Straße von ganz dahinten alles voll, alles voll Menschen."

Nadine Eisenhut

Ihr Leben hat sich durch Corona komplett verändert. Wie das von Millionen weiteren Deutschen, die im Ausland leben.

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