Report München


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Exklusive Recherchen Islamisten-Propaganda über deutsche Server

Der Propagandasender der islamistischen Huthi-Milizen im Jemen verbreitet weltweit antisemitische Propaganda und feiert Terrorangriffe gegen Frachtschiffe. Der Server stand in München. Warum wurden die deutschen Behörden nicht früher aktiv?

Von: Sabina Wolf

Stand: 20.02.2024

Islamisten trainieren einen Überfall auf Juden. Eine Übung der radikalen Huthi Milizen im Jemen. Kamera-Teams zeichnen alles auf.

Der Propaganda-Sender der Huthi mit Namen ansarollah.com (gesprochen Ansar Allah) verbreitet das Video. Weltweit. Später werden wir herausfinden: Deutschland spielt bei der Verbreitung eine zentrale Rolle.

Forum für Terrororganisationen

Wochenlang recherchieren wir zum Huthi-Propaganda-Sender Ansar Allah. Er gibt Terrororganisationen ein Forum. Verteufelt den Westen. Und verbreitet Videos mit Huthi-Angriffen auf Frachtschiffe im Roten Meer. Der Huthi-Sender feiert jeden Treffer.

Washington. Termin beim amerikanisch-israelischen Recherchebüro Middle East Media Research Institute, abgekürzt MEMRI. Hier werden Videos des Huthi-Senders ausgewertet. Vize-Präsident Alberto Fernandez ist überzeugt: Die Gewaltvideos sollen junge Menschen radikalisieren. "

"Es ist eine Art Huthi-James Bond oder Huthi-Mission Impossible. Es ist ihre Art, eine bestimmte Art von Jugendkultur anzusprechen, eine globalisierte Jugend, die den Westen vielleicht hasst. So versuchen sie, dieses für sie sehr wichtige Zielpublikum anzusprechen. Die Huthi sind sehr gefährlich."

Alberto Fernandez, Vize-Präsident MEMRI

Am Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Wir zeigen dem Präsidenten der Europäischen Rabbinerkonferenz Pinchas Goldschmidt einige Videos, die wir gesichert haben.

"Wir wissen, dass seit dem 07. Oktober der Antisemitismus wie in Europa, wie in den USA sehr gestiegen ist, mit 100-ten Prozent von antisemitischen Ereignissen gegen Juden und gegen Israelis. Und das geschieht nicht im Vakuum. Wir reden von solchen Sendern, wie aus Jemen."

Pinchas Goldschmidt, Vorsitzender Europäische Rabbinerkonferenz

Wie gelangen die Hassbotschaften ins Internet?

Aber wie gelangen die Hassbotschaften von Ansar Allah dot Com ins Internet? Zusammen mit MEMRI folgen wir der Datenspur des Senders. Unglaublich: Eine Münchner Firma stellt dem Sender aus dem Jemen die Server zur Verfügung.

Das wollen wir uns anschauen. Doch der Firmenchef ist nicht da. Auch telefonisch ist für uns zunächst niemand erreichbar. Gelangt tatsächlich anti-westliche Kriegspropaganda und antisemitische Hetze aus dem Jemen über Server einer Münchner Firma in die ganze Welt?

Auf dem Weg zurück, plötzlich klingelt das Handy.

Gespräch mit dem Firmenchef

report München: "Ja guten Tag. Das ist aber schön, dass Sie anrufen."

Der Firmenchef ist dran:

report München: "Können Sie einfach bitte noch mal jetzt, sozusagen vor laufender Kamera, uns erzählen: Also, Sie haben nicht gewusst, dass der Huthi Milizen-Sender über Ihre Server läuft?"

Christian Böing, Geschäftsführer Contabo GmbH, München: "Nein, das habe ich jetzt gerade von Ihnen erfahren. Und das ist gut so, so kann unsere Compliance Abteilung direkt aktiv werden. Und wenn wir sehen, dass dort Material ist, das nicht ins Netz gehört, nicht verbreitet gehört, werden wir sofort aktiv und sperren den Sender."

report München: "Sie haben nichts gewusst?"

Christian Böing, Geschäftsführer Contabo GmbH, München: "Gar nichts. Nein."

Kurz nach dem Telefonat. Die Firma nimmt den Sender Ansar Allah von ihren Servern. Die Webseite ist vorübergehend offline. Jemenitische Medien veröffentlichen eine Erklärung der Huthi: Darin heißt es: die Abschaltung sei eine, Zitat: "…illegale Maßnahme, (und es sei) die Presse- und Meinungsfreiheit verletzt….".

Warum haben die Behören nicht gehandelt?

Bevor Ansar Allah offline ging, haben wir schnell einige Videos gesichert. Was sagt der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums zu unseren Recherchen? Gerade jetzt, wo die Bundesmarine Richtung Rotes Meer ausläuft, um Handelsschiffe vor den Huthi zu schützen?

"Ich meine, dass das so war, insofern maximal bizarr, als wir gerade darüber diskutieren, deutsche Soldatinnen und Soldaten dahin zu schicken, um genau vor solchen Angriffen, die hier beworben werden, zu schützen, nicht. Und deswegen also auch solche Inhalte dürfen nicht über deutsche Server verbreitet werden. […] Aber ich erwarte von der Exekutiven, von der Bundesregierung, der Polizei und auch den Diensten, dass sie jetzt in diesem Bereich entschlossen agieren."

Konstantin von Notz, MdB, Bündnis 90/Die Grünen, Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums

Warum wurde bisher nicht gehandelt? Dazu hätten wir gerne Bundesinnenministerin Nancy Faeser befragt. Zu einem Interview war sie nicht bereit.

Zurück auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Der frühere Oberkommandierende der US-Armee in Europa Ben Hodges kann die Haltung der Bundesregierung nicht verstehen.

"Die deutsche Regierung prüft ständig Inhalte wie Pornografie, Gewalt oder Leute, die den Umsturz der Regierung anstreben. Also, das ist hier so ein Inhalt, da sollte die Regierung dem Unternehmen mitteilen: Sie können so etwas nicht machen!"

Ben Hodges, Generalleutnant a. D. US-Armee

Islamistische Hasspropaganda im Netz. Die Datenautobahn führte auch über Deutschland.

Hinweis: Die Server der Firma Contabo wurden von den Huthi genutzt. Für diese Dienstleistung wurde das Unternehmen bezahlt.

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