Report München


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Exklusivrecherche Firma aus Hessen hostete Hisbollah-TV

Ein libanesischer TV-Sender sendet Aufrufe zur Vernichtung Israels – mit Unterstützung aus Deutschland. Denn, wie unsere Recherche zeigt, war für die Verbreitung über das Internet bis vor wenigen Tagen ein Dienstleister aus Hessen verantwortlich. Dabei ist der Sender in Deutschland eigentlich verboten. Warum ließen die Behörden seit Jahren zu, dass der islamistische Hass in Cafés oder Wohnzimmern abrufbar ist?

Von: Sabina Wolf

Stand: 27.11.2023

Aufrufe zur Vernichtung Israels und antisemitische Hetze, das sind Beispiele aus dem Programm des in Deutschland verbotenen Senders "Al-Manar TV". Videos und Texte mit antisemitischen Stereotypen wie dem Verschwörungspamphlet "Die Protokolle der Weisen von Zion" oder die Glorifizierung von Selbstmordattentätern macht "Al-Manar TV" weltweit zugänglich.

Auch Aussagen der Terrorvereinigung Hamas wie auch der Führer der islamistischen Hisbollah-Organisation im Libanon sind zu sehen. So wurde ein Interview mit Hashem Safieddine, dem Vorsitzenden des Hisbollah-Exekutivrats verbreitet, in dem dieser US-Präsident Joe Biden, Israels Ministerpräsidenten Präsident Netanyahu und die "boshaften Europäer" auf "Al-Manar TV" Mitte Oktober warnt: "Wenn ihr uns warnt, dann ist unsere Antwort an euch: Ihr solltet aufpassen. Passt sehr gut auf."

Abdel-Hakim Ourghi, Islamwissenschaftler an der Pädagogischen Hochschule Freiburg warnt vor dem Einfluss des Senders, der weltweit 50 Millionen Menschen erreicht: "Es werden Hetzparolen oder auch antisemitische Propaganda gegen Jüdinnen und Juden, gegen den Staat Israel und auch gegen den Westen betrieben", so Ourghi.

Eine Straßenumfrage von report München in Berlin legt nahe, dass "Al-Manar" auch in Deutschland sehr bekannt ist. "Al-Manar TV" sei "wirklich gut und er ist sehr authentisch. Mit voller Glaubwürdigkeit veröffentlicht der Sender die Ereignisse zum Nahostkonflikt", so ein junger Mann im Interview.

Terror-Sender verbreitet Propaganda trotz Verbots

Da "Al-Manar TV" zu Gewalt aufruft, um politische und religiöse Belange durchzusetzen, wurde der Sender bereits Ende 2008 in Deutschland verboten. Dennoch: Wer im Internet die entsprechende Seite aufruft, landet beim Fernsehsender "Al-Manar", dem Medienorgan der libanesischen Hisbollah. Die Tätigkeit des Fernsehsenders "Al-Manar TV", der auch in Deutschland zu empfangen ist, laufe den Strafgesetzen zuwider und richte sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung, so das Bundesinnenministerium auf Anfrage von report München.

Zudem beeinträchtige und gefährde die Tätigkeit von "Al-Manar TV" das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern und von verschiedenen Ausländergruppen im Bundesgebiet, die öffentliche Sicherheit und Ordnung und sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Zu sehen ist das Programm trotzdem.

NGO in Washington entdeckt Server in Deutschland

Das Middle East Media Research Institute MEMRI in Washington wertet seit Jahren das Programm von "Al-Manar TV" aus. MEMRI-Vizepräsident Alberto Fernandez warnt, die Inhalte würden antisemitische Narrative, nicht nur gegen Israel, sondern auch gegen Juden im Westen und gegen den Westen im Allgemeinen verbreiten.

Fernandez hält es für extrem gefährlich "zuzulassen, dass diese Art von Gift in Gesellschaften und Gemeinschaften einsickert, in denen die Menschen nicht gebürtig sind, die Sprache nicht sprechen und sich auf Inhalte aus dem Nahen Osten verlassen." Vor einigen Wochen entdeckte MEMRI, dass die Webseite von "Al-Manar TV" auf einem deutschen Server gehostet wird, über eine deutsche Firma.

Datenspuren des Terrorkanals führen nach Hessen

Mithilfe des IT-Sicherheitsexperten Matthias Rosche, Chef der Orange Cyberdefense Germany GmbH, verfolgte report München die Datenspur rückwärts zum Ursprung und landet noch vergangene Woche auf Servern der hessischen Firma Velia.net. Die Daten kämen aus dem Libanon, würden "nach Deutschland übertragen und von dort aus in die Welt verteilt", so Rosche. Auch deutschen Behörden hätte das auffallen können, so der IT-Experte: "Das ist jedem möglich, der ein wenig mit Computern umgehen kann und die Tools sind frei verfügbar."

Arek Akilli, Geschäftsführer der deutschen Internetfirma Velia.net erklärt im Interview mit report München, seine Firma biete einen physischen Server, habe aber "keinen Zugriff auf den Content". Hätten die Behörden die Firma informiert, hätte man dem libanesischen Sender sofort die Serverkapazitäten gesperrt, so Akilli. Alberto Fernandez appelliert an die deutsche Regierung, für sie sei es ein Leichtes "Maßnahmen gegen Al-Manar TV zu ergreifen".

Das Bundesinnenministerium verwies darauf, dass man sich zu einem laufenden Verfahren nicht äußere. Kurz nach der Anfrage von report München zog der Sender auf neue Server um - zu einer Internetfirma in Frankreich.

Manuskript des report-Films zum Druck

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