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Mediendesign Nachgefragt

Medienprodukten werden stets verändert und aktualisiert. Um ihre Langlebigkeit zu bewahren, benötigen sie ein sich ständig wechselndes Design. Worin begründet sich ihre geringe Halbwertszeit?

Stand: 02.11.2011 | Archiv

Als bewährter Grundsatz der Gestaltung gilt: form follows function, die Form folgt der Funktion, ein Zitat des amerikanischen Architekten und Hauptvertreters der Chicago School, Louis Sullivan Die Objekte, die erstmals im Namen der Funktionalität und Sachlichkeit entworfen wurden, sind heute Klassiker: Die Bauten, Möbel, Lampen und Wasserkessel, die Peter Behrens, Le Corbusier, Ludwig Mies van der Rohe und Walter Gropius, der Begründer des Staatlichen Bauhauses in Weimar, entworfen haben, sind nach wie vor ein anregendes Vorbild für alle Designer und Architekten.

Mediendesign aber wird bei Zeitungen und Fernsehen etwa alle fünf Jahre erneuert und bei Zeitschriften sogar alle zwei Jahre. Selbst die lang bewährten, stets gleichen Gestaltungselemente im Buchdesign, durch die man noch vor zehn Jahren Suhrkamp- von Piper- oder Goldmann-TBs leicht unterscheiden konnte, verschwinden zunehmend. Warum ist die Halbwertzeit des Mediendesigns so gering, warum gibt es kein langlebiges Design, also keine Klassiker? Liegt es an der wachsenden Konkurrenz auf dem Medienmarkt, daran, dass die Form heute immer mehr durch den Zweck der Verkäuflichkeit, statt durch Funktion bestimmt ist? Wohl kaum, denn auch die Hersteller des Gebrauchsdesigns müssen auf Verkäuflichkeit achten und bringen trotzdem Klassiker zustande. Die geringe Halbwertszeit des Mediendesigns erklärt sich nicht zuletzt dadurch, dass die Funktion der Medien eine andere ist als die von Stühlen, Lampen und Wasserkesseln.

Die Form folgt der Funktion

Dass die Funktion die Form der Produkte bestimmt, heißt nicht nur, dass sie zweckmäßig sind, sondern auch, dass sie den konkreten Lebensbedürfnissen vieler Menschen im Alltag gerecht werden. So verabschiedeten sich die Bauhausmitglieder von allem herkömmlichen Schnickschnack und allen Reminiszenzen an frühere Stile und entwarfen ein auf modernen Materialien basierendes Gebrauchs- und Alltagsdesign, das zudem für die Massenproduktion geeignet war.

"Funktionsgerechtes Design und menschengerechtes Design bedeuten dasselbe. Es kann nur entstehen, wenn sich die Designer intensiv mit den Gefühlen und Bedürfnissen der Menschen auseinander setzen"

Dieter Rams in der FAZ- Beilage Design und Wohnen vom 12.1.2001.

Massenmedien haben die Funktion, Menschen zu informieren, zu unterhalten und zu bilden. Anders als bei Gebrauchsgegenständen, bei denen Langlebigkeit ein Qualitätsmerkmal ist, gilt für die Massenmedien, dass sie nur dann brauchbar sind und dem menschlichen Bedürfnis nach Information, Bildung und Unterhaltung gerecht werden, wenn sie ihre Produkte ständig erneuern. Kein Mensch lässt sich gern von alten Kamellen unterhalten, jeder will auf seinem Gebiet auf dem neuesten Wissensstand sein und erwartet von den Massenmedien aktuelle Informationen und die neuesten Nachrichten.

Der Gebrauchswert von Medienprodukten schließt daher schon im Ansatz deren Langlebigkeit aus. Die Medien können ihre spezifische Funktion, immer neue Inhalte zu vermitteln, nur dann erfüllen, wenn sie durch spezifische Reize die Aufmerksamkeit dafür wach halten. Mit dieser funktions- und zugleich menschengerechten steten Erneuerung und Aktualisierung ihrer Produkte geht natürlicherweise auch eine stete Änderung des Design der Massenmedien einher.


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