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Sachtextanalyse Zoom, Weitwinkel, Botschaft der Autorin

Von: Prof. Dr. Juliane Köster

Stand: 15.09.2016

Symbol | Bild: Angela Smets/BR

1. Wo geht der Zoom in den Weitwinkel über? Gibt es auch einen Übergang zurück zum Zoom?

"Briefe, Faxe, E-Mails, Anrufe und wieder Briefe, Siebert kann gar nicht mehr zusammenzählen, wie viele Tage er damit verbracht hat, von den Händlern, den Inkassobüros und der Schufa alles zusammenzutragen. 'Einfach war das nicht, weil zunächst keiner ein Interesse daran hatte, mir zu helfen.' Doch ihm blieb nichts anderes übrig, wollte er jemals wieder als kreditwürdig gelten. Was ihn die ganze Zeit über so sehr wurmte und oft um den Schlaf brachte, war der Gedanke, 'dass ich gar nichts gemacht hatte, völlig unbeteiligt war - und doch auf einmal meine Unschuld beweisen musste'.
Wenn man versucht herauszufinden, wer hier versagt hat, wird es schwierig. Tatsache ist, dass es in der gesamten Kette der Beteiligten niemand für nötig hielt, wenigstens einmal zu überprüfen, ob der Mann, an den sie hier dauernd Waren, Rechnungen und Mahnungen senden, auch tatsächlich da wohnt, wo sie ihre Sachen hinschickten. Beim Versandhändler heißt es, das mache man nie. Schließlich sei es ja gerade der Service, 'dass wir an die Wunschadresse liefern und nicht ausschließlich an die Meldeadresse'. Beim Inkassobüro sagt die Sprecherin: 'Solange wir Briefe nicht zurückbekommen, haben wir keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die Adresse stimmt.' Und selbst beim Amtsgericht Hamburg, das den Vollstreckungsbescheid zustellen ließ, bestätigt man, dass normalerweise nicht überprüft werde, ob Zustell- und Meldeadresse übereinstimmen. […] Zumindest aber die Schufa hätte erkennen können, dass die Adressen nicht übereinstimmen, schließlich war Siebert bislang mit einer anderen Adresse bei ihr gemeldet. Doch statt bei ihm nachzufragen, wurde der vom Inkassobüro gemeldete negative Vermerk bei Siebert eingetragen - und seine Adresse aktualisiert. Ganz nach der Devise: Menschen, die Waren bestellen, ohne sie zu bezahlen, ziehen ja gern mal heimlich um."
(Daniela Kuhr: Identitätsdiebstahl. Die unsichtbare Dritte. In: Süddeutsche Zeitung vom 21. Juli 2014)

2. Was ist die Botschaft der Autorin?

Lösung zu 1.

Der Übergang in den Weitwinkel beginnt mit folgendem Textteil:
"Wenn man versucht herauszufinden, wer hier versagt hat, wird es schwierig. Tatsache ist, dass es in der gesamten Kette der Beteiligten niemand für nötig hielt, wenigstens einmal zu überprüfen, ob der Mann, an den sie hier dauernd Waren, Rechnungen und Mahnungen senden, auch tatsächlich da wohnt, wo sie ihre Sachen hinschickten. Beim Versandhändler heißt es, das mache man nie. Schließlich sei es ja gerade der Service, 'dass wir an die Wunschadresse liefern und nicht ausschließlich an die Meldeadresse'. Beim Inkassobüro sagt die Sprecherin: 'Solange wir Briefe nicht zurückbekommen, haben wir keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die Adresse stimmt.' Und selbst beim Amtsgericht Hamburg, das den Vollstreckungsbescheid zustellen ließ, bestätigt man, dass normalerweise nicht überprüft werde, ob Zustell- und Meldeadresse übereinstimmen."
Davor und danach berichtet die Autorin im Zoom.

Musterlösung zu 2.

Identitätsdiebstahl kann jeden treffen. Er ist einfach zu bewerkstelligen und niemand fühlt sich verantwortlich, die Rechtmäßigkeit eines Schufa-Eintrags oder eines Vollstreckungsbescheids zu überprüfen.