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Kontrovers Orientierung in der Medienwelt

Wie kann man sich sinnvoll auf eine Hausarbeit vorbereiten. Wo findet man wichtige Informationen und wann ist es notwendig, sich nur noch auf das Schreiben zu konzentrieren?

Stand: 26.11.2011 | Archiv

Bildschirme | Bild: picture-alliance/dpa

Statt einer echten Kontroverse zwei entgegengesetzte Möglichkeiten, wie es Netznutzern in der Informationsflut ergehen kann, wenn Sie eine Hausarbeit über ein bestimmtes Thema schreiben müssen. Am Ende ein paar Tipps, damit es Ihnen besser ergeht.

Es kann
1. zur Produktion von weiterem Informationsmüll kommen oder
2. zum Aufbau neuer Spezialnetzwerke oder
3. zu einem schönen Beitrag, wenn man Mut zur Lücke und eiserne Disziplin aufbringt.

Weiterer Informationsmüll

Wer z.B. in den fünfziger Jahren eine Haus- oder Examensarbeit über ein Thema, sagen wir den Goethe der Sturm- und Drangphase schrieb, las erst einmal intensiv den Werther und den Goetz, ein paar einschlägige Werke über die Epoche und dann vielleicht noch den einen oder anderen Aufsatz zum Thema. Er machte sich daraus vielleicht Notizen, exzerpierte wichtige Stellen und Argumentationsgänge. Irgendwann zog er sich von all dem recherchierten "Input" zurück, dachte nach und schrieb. Mit der Etablierung des Kopiergeräts fing an, was im digitalen Zeitalter gar kein Ende mehr zu nehmen droht: Weil so viel Information so schnell und einfach verfügbar ist, liest und exzerpiert man sie nicht, sondern man fängt an, sie zu kopieren und zu sammeln. Da man in dem Meer von Informationsmüll immer wieder auf Perlen stößt, kann man mit dem Sammeln und Kopieren gar nicht mehr aufhören. So könnte es unendlich weitergehen, wenn da nicht der Abgabetermin wäre. Die Zeit und letztlich die begrenzte Lebenszeit des Menschen sind es, die ihn zwingen, sich dem endlosen Informationsangebot zu widersetzen und die Recherche abzubrechen, wenn er all die gesammelten Informationen strukturieren und in eigenes Wissen transformieren will, das er anderen Gewinn bringend mitteilen kann. Erst nach Abbruch des Inputs beginnt die eigentliche Arbeit an der Arbeit. Denn der angewachsene Berg von kaum gesichteten Fotokopien oder heruntergeladenen Dateien will erst einmal wieder gesichtet (wenn nicht gar wiedergefunden), gelesen, bewertet und eingebunden werden in einen Gedankengang, den man sich auch noch machen und aufs Papier/in den PC bringen muss. Da man mit dem Sammeln schon so viel Zeit verloren hat, muss es ganz schnell gehen und man läuft – will man den Termin einhalten – Gefahr, den weltweiten Informationsmüll um ein weiteres Stück zu bereichern.

Aufbau neuer Netze

Es kann aber auch anders gehen: Man pfeift auf den Abgabetermin und begibt sich stattdessen mit ungestilltem Interesse an allem, was weltweit andere zum Thema gesagt/geschrieben haben, ins Internet. Statt willkürlich die Recherche im WWW abzubrechen und mit dem quälenden Bewusstsein zu leben, längst nicht alles Verfügbare, möglicherweise Wichtige zum Thema berücksichtigt zu haben, sucht und findet man immer weiter: Man nimmt per E-Mail oder Chat weltweit zu all den Menschen Kontakt auf, die sich ebenfalls für dieses unerschöpfliche Thema begeistern, und baut mit ihnen mit der Zeit ein kleines Netz im Netz auf. So oder ähnlich entstehen viele der kleinen Netzte, aus denen das Internet besteht: Cybergemeinden aller Art, in denen jeder seine partiellen Interessen ausleben kann - in einer Umgebung mit mehr oder weniger virtueller Nestwärme. Die Kehrseite dieser Spezialisierung der real geborenen und dann virtuell mutierten Interessen, mit der sich die Einzelnen in der und gegen die Informationsflut behaupten, ist, dass der gemeinsame Wissensfundus schrumpft und die Öffentlichkeit weiter fragmentarisiert wird.

Gelingen mit Mut zur Lücke und eiserner Disziplin

Es gibt aber trotz Internet und Informationsflut noch einen dritten Weg, der einem erlaubt, den Abgabetermin einzuhalten und trotzdem etwas Lesenswertes zustande zu bringen. Der Weg erfordert angesichts des WWW

1. den Mut zur Lücke, d.h. den Verzicht auf den Ehrgeiz, möglichst alles Relevante, was es im WWW und sonst zum Thema gibt, erfassen zu können, und
2. diszipliniertes Arbeiten.

Hier ein paar Tipps.
1. Lesen Sie erst einmal gründlich die Primärliteratur durch, über die Ihre Arbeit geht.

2. Machen Sie sich einen genauen Zeitplan, in dem Sie zunächst festhalten wie viel Zeit Sie aus Erfahrung zum Schreiben von einem Text der gewünschten Länge brauchen. Dann teilen Sie den Rest der Zeit etwa im Verhältnis 1 zu 10 in Recherchezeit und Lese- bzw. Auswertungszeit ein. Denken Sie immer daran, dass alles Gesammelte keinen Deut schlauer macht, wenn sie keine Zeit mehr haben, das Material zu sichten und durchzuarbeiten. Weniger ist im Zweifelsfalle mehr!

3. Steht der Zeitplan fest, und haben Sie die Primärtexte gründlich studiert, dann überlegen Sie erst einmal genau, was Sie an Informationen brauchen und vertiefen wollen.

4. Legen Sie sich auf Ihrem PC für die unterschiedlichen Materialien, die Sie sammeln wollen, verschiedene Ordner mit aussagekräftigen Namen an. In diese Ordner können Sie dann gezielt herunterladen, was reingehört, das erspart später konfuses Suchen.

5. Legen Sie sich in Ihrem Browserfenster im Menü Favoriten oder Bookmarks unter denselben Kategorien neue Ordner für Lesezeichen an, damit Sie auch Infos wiederfinden, die Sie nicht gespeichert haben, und damit Sie zum Zitieren auf die URL-Adresse der gespeicherten Dokumente zurückgreifen können.

6. Erst jetzt beginnt die Suche im WWW. Bestimmen Sie – wenn sie ein neugieriger Geist sind, notfalls schriftlich – vorab genau das Ziel Ihrer Suche. Bei Suchmaschinen und Metasuchmaschinen ist es entscheidend, die Suchbegriffe optimal einzugrenzen. Ausgrenzen können Sie sie immer noch, wenn die differenzierte Suche nichts ergibt.

7. Haben Sie eine interessantes Angebot zum gesuchten Thema entdeckt, dann speichern Sie die Adresse im betreffenden Ordner der Bookmarks und wenn’s sich wirklich lohnt – nehmen Sie sich Zeit, um das zu prüfen! – unter betreffendem Ordner die gesamte Datei. Geben Sie der gespeicherten Datei einen aussagekräftigen Namen.

8. Folgen Sie nicht blind allen angebotenen Links, sondern nur solchen, die mit ihrem Thema zu tun zu haben scheinen, sonst verirren Sie sich.

9. Stehen Sie zwischendurch einmal vom Bildschirm auf, holen Sie sich ein Glas Wasser und überlegen Sie, ob’s nicht langsam reicht. Meist ist das der Fall. Also gehen Sie aus dem Netz.

10. Bevor Sie am nächsten Tag weitersuchen und neues Material herunterladen, schauen Sie sich erst einmal in Ruhe das bereits gespeicherte Material an. Vielleicht lässt sich schon aus ihm etwas machen, vielleicht können Sie dadurch noch konkreter fassen, was sie zusätzlich brauchen. Lesen Sie es also, bevor Sie weiterrecherchieren und noch mehr ansammeln. Lassen Sie sich nicht durch die Tatsache verführen, dass Sammeln weit unterhaltsamer und einfacher ist als Auswerten; je mehr Sie ansammeln, desto mehr müssen Sie später durcharbeiten.

11. Fangen Sie besser zu früh als zu spät an, den Input zuzuschrauben, das Gesammelte auszuwerten, die Gedanken zu strukturieren und die Hausarbeit zu schreiben. Dann haben Sie die Hausarbeit vielleicht ein paar Tage vor dem Abgabetermin fertig und noch ein bisschen Zeit nach Lust und Laune im Netz zu surfen – ohne all diese lästigen Restriktionen zur effektiveren Nutzung.


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